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FIFA
Der Weltverband als leere Hülle

FIFA-Präsident Infantino will alle Rechte der FIFA an ein Konsortium verkaufen und dann selbst Aufsichtsratschef dieses Unternehmens werden, so lassen sich Recherchen von WDR und Süddeutscher zusammenfassen. Doch was muss aus diesen Erkenntnissen folgen, fragt Felix Becker in seinem Kommentar.

Von Felix Becker | 18.11.2018
    FIFA-Präsident Gianni Infantino
    FIFA-Präsident Gianni Infantino (dpa / )
    Gianni Infantino plant den totalen Ausverkauf der FIFA. Das zeigen die Dokumente die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegen und die gemeinsam mit dem WDR ausgewertet wurden ganz klar. Im Gegenzug bekäme die FIFA 25 Milliarden Dollar. Damit würde Infantino zumindest eines seiner Wahlversprechen umsetzen: Mehr Geld. Das war so ziemlich das Hauptargument, ihn 2016 zum neuen FIFA-Präsidenten zu wählen.
    All die anderen schönen Versprechen sammelten sich damals unter dem Begriff "New FIFA". Wie die neue FIFA aussieht ist nach zwei Jahren so deutlich wie nie. Die neue FIFA ist vor allem Gianni Infantino. Dafür räumt er Kritiker nach und nach aus dem Weg: so zum Beispiel den ehemaligen Fifa-Governance-Chef: Miguel Maduro, den früheren Leiter der FIFA-Ethikkommision: Hans-Joachim Eckert oder Cornel Borbely, den Ex-Chefermittler der FIFA. Alles kritische Stimmen, die unter dem so sehr kritisierten Präsidenten Blatter in die FIFA gekommen waren und dem neuen Präsidenten Infantino dann zu unbequem wurden.
    "Crisis is over!"
    Infantino bemüht sich dagegen eher darum die Krise für beendet zu erklären. Schon auf seinem ersten FIFA-Kongress 2016 in Mexiko prägte er dieses Credo: "Crisis is over!".
    Fortan war jede kritische Stimme gegenüber der FIFA entweder "Fake News" oder "FIFA Bashing". Anstatt die interne Aufklärung weiter voranzutreiben, setzte Infantino auf Menschen wie María Claudia Rojas, die frühere Kolumbianische Staatsrats-Präsidentin galt schon bei ihrer Wahl zur FIFA-Chefermittlerin als befangen. Eines ist ihr auf jeden Fall erfolgreich gelungen. Seit ihrer Wahl ist die Kritik von dieser Position aus verstummt.
    Infantinos Bühne
    Und Infantino weiß seine Macht noch effektiver zu schützen. Gemäß der noch unter Sepp Blatter eingeführten Reformen ist der FIFA-Präsident eigentlich nur noch Repräsentant. Die neue starke Kraft in der FIFA ist die Generalsekretärin. Die ist allerdings nur eingeweihten Kräften bekannt. Die Bühne gehört weiterhin Gianni Infantino.
    Der FIFA-Präsident liebt den Klüngel mit den ganz Großen: ob die WM bei seinem Freund Wladimir Putin oder wie demnächst bei Donald Trump. Infantino liebt es im Spiel der ganz Großen mitzumischen. Dank Infantino immer dabei: die Saudis. Ihr Drängen auf die Weltkarte unterstützt er massiv. Dabei gäbe es genug Gründe sie zu meiden, ob den Mord am Journalisten Kashoggi oder den Krieg gegen den Jemen. Aber den großen Präsidenten Infantino bringt nichts davon ab.
    FIFA als leere Hülle
    Und auffälligerweise spielen die Saudis auch im jüngsten Skandal um die FIFA und ihren Präsidenten eine gewichtige Rolle. Den Investoren, die die 25 Milliarden Dollar bieten, werden nämlich enge Beziehungen zum Königshaus von Saudi Arabien nachgesagt. Infantinos Schmusekurs zu den bösen Jungs der Weltpolitik scheint sich jetzt endlich für ihn auszuzahlen. Wäre der Vertrag zustande gekommen, wäre Infantino plötzlich Vorstand der FIFA Digitial Coorporation und damit gar nicht mehr auf demokratischen Zinnober wie Wahlen und Dergleichen angewiesen.
    Die FIFA wäre als leere Hülle verblieben, deren Rechte bei einem Unternehmen liegen, das von einem Board unter der Leitung Infantinos kontrolliert wird. Den Juristen, die vor dieser Entwicklung warnten, ging es übrigens wie allen Kritikern. Sie sind mittlerweile nicht mehr Teil der FIFA.
    Infantino sieht sich über dem Wohl des Fußballs
    Gianni Infantino – sowieso schon unter Druck durch die Enthüllungen der Football-Leaks – müsste es durch die neusten Veröffentlichungen mehr als eng werden. Denn vor allem die UEFA kritisierte Infantinos Vorhaben schon von Anfang an. Zwar erklärte seine Fifa dieses Papier sei nur eines von hunderten. Aber selbst wenn das stimmt, zeigt es wie Infantino tickt: Er sieht sich einmal mehr über dem Wohl des Weltfußballs.
    Im nächsten Jahr sind wieder Präsidentenwahlen bei der FIFA und eines ist schon jetzt klar, er ist nicht "der" Erneuerer der krisengeplagten FIFA. Wenn die Europäer es mit ihrer Kritik ernst meinen, dürfte es eng werden. Als FIFA-Präsident ist Gianni Infantino eigentlich nicht mehr tragbar. Aber selbst wenn, ein neuer Präsident wird nicht reichen um die FIFA zu erneuern. Der Wandel muss von Innen kommen und von außen kontrolliert werden.
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