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Filmregisseur John Ford
Der dem Western Tiefe gab

Produktiv, erfolgreich, vielseitig: Der amerikanische Regisseur John Ford, vor 125 Jahren geboren, drehte etwa 140 Filme in 50 Jahren. In die Kinogeschichte ging er mit seinen Western ein. Er war es, der John Wayne zur Ikone machte - und dem Western Atmosphäre, Tiefe und Poesie gab.

Von Katja Nicodemus | 01.02.2020
    Filmszene aus "Der schwarze Falke" mit John Wayne (l), Beulah Archuletta, Jeffrey Hunter.
    Filmszene aus "Der schwarze Falke" mit John Wayne (l), Beulah Archuletta, Jeffrey Hunter. (Imago / United Archives)
    Als bisher einziger Filmemacher gewann John Ford vier Oscars für die beste Regie. Sein Markenzeichen sind die bizarren, steinernen Westernlandschaften des Monument Valley, denen er mit seiner ruhigen Kamera eine besondere Weite und Würde verleiht.
    "Manche Menschen wollen einen guten Film machen. Sie hören nicht auf, es zu versuchen, arbeiten anderthalb Jahre lang daran, ihren letzten Film zu übertreffen. Ich mache einfach weiter Filme. Gute, schlechte, unterschiedliche. Ich bin gerne in den Studios, ich mag die Leute, mit denen ich arbeite, ich habe absolut keinen Ehrgeiz."
    John Wayne zur Ikone gemacht
    Es war John Ford, der John Wayne zur Ikone machte. Zu einem Schauspieler mit Brüchen und Abgründen. Etwa in Fords Ende der vierziger Jahre entstandenen Kavalleriefilmen "Bis zum letzten Mann", "Der Teufelshauptmann" und "Rio Grande". Hier ist Waynes Figuren der Zweifel am Kampf gegen die Indianer in die unbewegte Mimik eingeschrieben.
    "Wir müssen den Kampf verhindern, springender Fuchs."
    "Zu spät. Zu spät."
    Immer wieder spielte Wayne bei Ford Einsame, Zweifelnde, auch Getriebene. Männer, die in der Gewalt funktionieren, ihre Gewalttätigkeit aber auch überwinden. So wie in "The Searchers" – "Der schwarze Falke", wo Wayne zu Beginn einsam aus der Wüste kommt und am Ende noch einsamer wieder in der Wüste verschwindet. Dazwischen liegt die Geschichte von Ethan Edwards. Einem Mann, der zunächst besessen ist von der Gier nach Rache. Sie frisst ihn auf, macht ihn so ungeduldig, dass er sogar eine Beerdigung abkürzt.

    "Es sprießt wie eine Blume. Und wenn der Winter kommt, geht sie ein." "Nun sag’ schon Amen." "Ich bin noch nicht zu Ende." "Ich habe keine Zeit mehr zum Beten, Amen!" "Amen."
    Produktiv, erfolgreich, vielseitig
    John Ford wurde am 1. Februar 1895, wie er selbst sagte - viele Quellen sprechen inzwischen jedoch von 1894 -, in Maine als John Martin Feeney geboren. Als Zwanzigjähriger fuhr er mit dem Zug nach Los Angeles. Nach ersten Auftritten als Schauspieler führte er Regie bei Stummfilm-Western und nahm den Namen John Ford an. Bis zu 15 Filme drehte er im Jahr. Einige davon gehören zu den Klassikern des Genres. Und bereits hier sind dem Regisseur die Figuren, ihr Verhältnis zu Natur und Landschaft wichtiger als die Handlung. Worum ging es Ford beim Drehen dieser frühen Western, wurde er einmal gefragt.
    John Ford, Porträt 1936
    John Ford, Porträt von 1936 (picture alliance / kpa)
    "Ich dachte, dass ich einen Scheck bekommen würde. Geld. Das war alles, woran ich dachte."
    Mühelos wechselte John Ford zum Tonfilm und wurde in den dreißiger Jahren zu einem der produktivsten und erfolgreichsten Hollywoodregisseure. Er drehte Komödien, Abenteuerfilme, U-Boot-Dramen, Literaturverfilmungen wie "Früchte des Zorns".
    "Der Western ist das beste Genre"
    Und dann, 1939, den Western "Ringo", im amerikanischen Original "Stagecoach". Neun Menschen unterwegs in einer Postkutsche von Arizona nach Neu-Mexiko. Darunter ein Revolverheld, eine Prostituierte, ein Lebemann, eine schwangere Offiziersfrau. Neun Menschen, die zur Vorstufe einer Gesellschaft werden. Die Postkutsche und die angreifenden Indianer wirken klein und verloren in der Weite der Westernlandschaft.
    "Der Western ist das beste Genre. Die Handlung ist gradlinig, und meistens ist das alles auch mal passiert. Es gibt Pferde, Bewegung, Hintergrund, Landschaft, Farbe, das macht alles interessant."
    Frauen sprechen
    Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre entdeckten die Filmkritiker und Regisseure der französischen Nouvelle Vague John Ford. Sie sahen in seinem Umgang mit amerikanischen Mythen und Heldenbildern den ureigenen Blick eines Regieautors. John Ford, der 1973 in Palm Desert in Kalifornien starb, wurde Kinogeschichte.
    Bis heute gilt John Ford als Männerregisseur, immerhin drehte er 24 Filme mit John Wayne. Doch sind es immer wieder Frauen, die in seinem Kino existenzielle Wahrheiten aussprechen, über das Verhältnis von Leben, Sterben und Mythos. Etwa die Siedlerin in "Der schwarze Falke", deren Sohn beim Kampf gegen Indianer umgekommen ist. Ihre Worte könnten über allen Western von John Ford stehen.
    "Hier hängt jedes Menschenleben an einem Faden. Aber ich glaube nicht, dass es immer so sein wird. Es wird eines Tages ein schönes, friedliches Land sein. Vielleicht braucht es unsere Opfer, um sich selbst zu finden. Gute Nacht."