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Filter fischt Krebszellen aus dem Blut

Medizin. - Eine Krebserkrankung, bei der ein Organ von Krebs befallen ist, wird vor allem dann lebensbedrohlich, wenn der Krebs streut, mit dem Blut wandert und an anderen Stellen im Körper Metastasen bildet. Je früher erkannt wird, dass sich ein Krebs ausweitet, desto größer sind auch die Heilungschancen. Ein Team des staatlichen Instituts für medizinische Forschung, des INSERM in Paris, hat nun eine einfache Methode entwickelt, von Krebs befallene Zellen im Blut aufzuspüren.

19.05.2004
    Ob von einem krebsbefallenen Organ bösartige Zellen in andere Körperregionen abwandern lässt sich anhand einer nur drei Milliliter großen Blutprobe prüfen. Dazu haben die Inserm-Forscher einen besonders feinen Filter aus Polycarbonat entwickelt - und sich patentieren lassen. Das Analyseprinzip ist einfach: Pumpt man die Blutprobe durch den Filter, so lassen seine Öffnungen die Blutkörperchen passieren, bösartige Organzellen bleiben aber im Netz hängen. Denn sie sind mit ihrem Durchmesser von mehr als 25 Mikron, also 25 Tausendstel Millimeter, zu groß für die Löcher des Filters, die gerade einmal acht Mikron messen. "Die Zellen, die aus Organen stammen, lassen sich dank ihrer Größe isolieren", erläutert Patrizia Paterlini-Bréchot, Leiterin der Inserm-Forschergruppe ihre Filtermethode ISET ("Isolation by Size of Epithelial Tumor Cells". "Normalerweise finden sich solche Organzellen nicht im Blut. Aber bei wucherndem Krebs bewegen sie sich im Blut durch den ganzen Körper. Unsere Methode erlaubt es, diese Zellen am Filter zu fixieren. Im Anschluss untersucht sie ein Pathologe mittels einer zytopathologischen Methode unterm Mikroskop." Er muss noch die tatsächlichen Krebszellen zählen, denn es bleiben immer auch andere, größere Zellen im Filter hängen. "Blut galt bislang aufgrund seiner vielen Bestandteile als solch komplexe Flüssigkeit, dass eine Analyse nicht möglich war", sagt Patrizia Paterlini-Bréchot. "Unsere Methode macht es nun möglich, Krebszellen direkt im Blut aufzuspüren."

    In einer Studie mit vier Untersuchungsgruppen wurden Patienten mit Leberkrebs zwei Jahre lang auf Metastasen-Bildung untersucht. Die Ergebnisse ihrer Blutanalysen wurden dabei mit denen von gesunden Testpersonen und von Patienten verglichen, die anderen Krankheiten wie chronischer Gelbsucht und Leberzirrhose litten. Dabei ließen sich Krebszellen nur im Blut von einigen der an Leberkrebs Erkrankten nachweisen. "Heute lässt sich festhalten: Je mehr Krebszellen sich im Blut eines Patienten nachweisen lassen, desto kürzer ist seine Lebenserwartung", berichtet Paterlini-Bréchot. Um mehr über die Beziehungen zwischen der Krebszellenzahl im Blut und der Bildung von Metastasen herauszufinden werde die Studie fortgeführt: "Tierversuche ergaben, dass die Zahl der Krebszellen im Blut in direkter Beziehung steht zum Risiko, Metastasen zu entwickeln. Wir erwarten dieselben Ergebnisse beim Menschen."

    Auch in der pränatalen Diagnostik wurde die ISET-Methode bereits angewendet. Dank der Zellisolierung können auch Fötus-Zellen auf eine eventuelle DNA-Missbildung untersucht werden. Es reicht aus, der Schwangeren eine Blutprobe zu unternehmen. In wenigen Wochen soll eine Apparatur zur einfachen Durchführung der ISET-Analyse auf den Markt kommen. Mehrere Krankenhäuser in Paris haben ISET schon bestellt, auch an der Berliner Charité-Uniklinik wird die Methode demnächst zum Einsatz kommen. Und MetaGeNeX, ein kommerzieller Ableger der INSERM, will bald die Blutanalyse per Internet anbieten.

    [Quelle: Suzanne Krause]