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Fingerspuren im Hochvakuum

Technik. - Der Hochvakuum-Metallbedampfung war wenig Glück beschieden, denn das sensible Verfahren liefert extrem dünn beschichtete Werkstücke, auf denen sich jeder Hauch von Fett als hässlicher Fleck abzeichnet. Jetzt interessieren sich jedoch Fahnder für die Methode.

Von Mirko Smiljanic | 13.05.2008
    Wiesbaden, im Labor für nicht saugende Spurenträger des Bundeskriminalamtes. Vorsichtig nimmt der BKA-Tatortbeamte Peter Rustler einen Gegenstand aus dem Regal.

    "Wir haben am Tatort ein Weinglas sicher gestellt, wir würden dieses Weinglas als nicht saugenden Spurenträger einordnen und in unserem Labor behandeln."

    Natürlich trägt Rustler Latexhandschuhe, sonst wäre, was jetzt folgt, für die Katz. Der Leiter des Labors für nicht saugende Spurenträger will in einer Hochvakuum-Bedampfungsanlage Fingerabdrücke auf dem Weinglas nachweisen.

    "Ich öffne jetzt also die Hochvakuum-Bedampfungsanlage, im rechten Bereich ist ein Kühlfinger, der hilft mit, Wassermoleküle aus der Atmosphäre anzufrieren, um möglichst schnell ein Hochvakuum zu erreichen. Wenn die Anlage geöffnet ist, kann man den Spurenträger einbringen, in diesem Fall unser Weinglas, das würde ich drehend in der Anlage befestigen."

    Die Bedampfungsanlage – BKA-Fachleute sprechen auch vom Rezipienten – ist genau genommen nichts weiter als eine etwa einen Meter lange und 50 Zentimeter hohe Stahlröhre. In einem ersten Schritt evakuieren starke Pumpen die Luft aus der Röhre und erzeugen so eine Atmosphäre, die der des Weltalls nahe kommt.

    "Im unteren Bereich sind diese Verdampfungsschiffchen, das sind Edelstahlschiffchen, die zwischen zwei Strompolen liegen, es wird Strom durchgeschickt, und der Strom erhitzt diese Schiffchen, sodass das Metall zuerst schmilzt und dann verdampft."

    Durch das Vakuum verteilt sich die Metallmolekül-Wolke gleichmäßig in der Röhre und schlägt sich als extrem dünne Schicht nieder: auf den Wänden der Anlage ebenso wie auf dem Weinglas. Damit die Fingerspuren sichtbar werden, müssen die Metalle allerdings in der richtigen Reihenfolge verdampfen.

    "In einem ersten Vorgang wird Gold verdampft, das schlägt sich im ganzen Bereich des Rezipienten nieder, also auch auf unserem Spurenträger. In einem zweiten Durchgang wird Zink verdampft, diese Zinkmoleküle haben die Eigenschaft, dass sie sich einen Kristallisationskern suchen und sich vorzugsweise dort anlagern, wo schon Goldmoleküle lagern, was im Umkehrschluss heißt, unsere Fingerspur, die daktyloskopische Spur bleibt frei..."

    …was letztlich der Trick der Methode ist: Weil die Goldmoleküle vergleichsweise klein sind, versinken sie in den Verunreinigungen, also auch in den Fettanteilen der Fingerabdrücke. In einem zweiten Schritt verdampft Peter Rustler nun Zink, das sich ausschließlich an den Goldmolekülen anlagert. So entsteht der zur Identifizierung notwendige Kontrast des Fingerabdrucks.

    "Wir sehen jedes Detail in der Fingerspur, wir können die Schweißporen erkennen und natürlich die Merkmale, die die Fingerspuren erst identifizierbar machen."

    Das Verfahren ist präzise, hat allerdings den Nachteil, dass die Spurenträger ins Labor gebracht werden müssen. Weingläser sind einfache Fälle, komplizierter wird es bei Kacheln oder größeren Objekten.

    "Ich schließe jetzt die Anlage wieder,… so, der Spurenträger ist angebracht, wir können den Bedampfungsvorgang starten, die Pumpen laufen jetzt an,…"

    …durch ein kleines Sichtfenster beobachtet Peter Rustler, was sich im Innern der Anlage tut. Wie von Geisterhand erscheinen nach und nach Fingerabdrücke auf dem Glas.

    "Wir haben den Spurenträger aus der Anlage genommen und ich kann jetzt beurteilen, ob sich daktyloskopische Spuren gebildet haben, ich sehe, dass hier sehr schöne Spuren drauf sind, die werde ich weiter behandeln, fotografieren und Spurenkarten anlegen und die Spurenkarten zur Auswertung weitergeben. Ich kann aber aufgrund meiner Erfahrung sagen, dass diese Spur auswertbar ist."