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Finnische Parlamentswahlen
Topthema Klimaschutz

Als "Klimawahl" bezeichnen Medien die Abstimmung zum finnischen Parlament am Sonntag. Davon profitieren vor allem Grüne und Sozialdemokraten. Die bisher regierende Zentrumspartei könnte abgestraft werden – das hat Gründe.

Von Michael Frantzen | 11.04.2019
Junge Menschen stehen auf den Stufen des finnischen Parlaments und demonstrieren für mehr Klimaschutz.
Nicht nur im finnischen Wahlkampf ein wichtiges Thema: Junge Menschen demonstrieren am 15.03.2019 vor dem Parlament in Helsinki für mehr Klimaschutz. (Heikki Saukkomaa / dpa picture alliance)
Wütende Teenager auf den Stufen des finnischen Parlaments in Helsinki. Die Schüler und Schülerinnen protestieren hier jeden Freitag für mehr Klimaschutz. Ozan Yanar kennt das schon. Vor kurzem ist der junge Grünen-Abgeordnete raus gegangen, um mit den Jugendlichen zu reden.
"Ich denke, die Schüler haben recht. Wir Grünen stimmen mit ihren Positionen komplett überein. Auch wir sind für erneuerbare Energien, den schnellen Kohleausstieg. Schließlich ist der Klimawandel die größte Gefahr für unsere Zivilisation."
Die Grünen sind im Aufwind
Ozans Wiederwahl als Direktkandidat in Helsinki, sie gilt als Formsache. Routiniert betet der 31-jährige im Parlaments-Casino seine Prioritätenliste herunter: Umwelt, Klima natürlich. Schließlich reden die finnischen Medien nicht umsonst von der Klimawahl. Die Grünen scheinen davon profitieren zu können. Aber auch Wirtschaft, Bildung. Selbst über das kürzlich beendete staatliche Experiment mit dem bedingungslosen Grundeinkommen hat sich der Jung-Parlamentarier Gedanken gemacht.
"Viele Wähler sind nach wie vor für das bedingungslose Grundeinkommen. Es würde unser Sozialsystem effizienter und menschlicher machen. Damit können wir Grünen punkten. Und mit unserer Bildungspolitik. Wir wollen in Bildung investieren. Statt zu kürzen, wie die aktuelle Regierung. Sie hat im Bildungsetat eine Milliarde Euro gestrichen. Eine Milliarde – das ist wirklich eine Menge."
Der Wahlkampf lief gut – bis zur Hiobsbotschaft aus Helsinki
Leben im Wahlkampfmodus: Das gilt nicht nur für Ozan, sondern auch für Suvi Mäkelainen, in Tampere, Finnlands drittgrößter Stadt. Erstmals tritt die 24-jährige für die liberale Zentrumspartei als Parlamentskandidatin an. Im Stadtrat sitzt sie schon seit zwei Jahren.
Bildung, soziale Sicherheit und Umwelt, das sind Suvis Themen. Anfangs lief ihr Wahlkampf wie am Schnürchen. Bis zur Hiobsbotschaft aus Helsinki vor gut einem Monat: Dem Rücktritt ihres Parteifreundes, Ministerpräsident Juha Sipilä – wegen einer gescheiterten Sozialreform, an der das nordische Land schon seit Jahren laboriert und durch die die alternde Bevölkerung besser versorgt werden sollte.
"Das ist ziemlich schade. Die Sozialreform hätte der große Wurf werden sollen. Was das Ganze besonders ärgerlich macht: Alle weiteren Reformen, die noch anstehen, sind dadurch auch auf Eis gelegt."
Hauptthema: Klimawandel
Suvis Einzug ins Parlament, er ist mehr als ungewiss. Der Rücktritt der Regierung schmälert die Erfolgsaussichten der Zentrumspartei. Auf 14 Prozent ist sie in den Umfragen abgestürzt.
Falls es doch noch etwas werden sollte mit ihrer Kandidatur, wäre die Soziologie-Studentin die jüngste Abgeordnete im finnischen Parlament. In Gedanken hat Suvi schon ihre erste Rede durchgespielt. Über den Klimawandel.
"Ich denke, wir tun nicht genug gegen den Klimawandel. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Finnland übernimmt ja in der zweiten Jahreshälfte die EU-Präsidentschaft. Es ist an uns, den Klimawandel zu dem Thema in Europa zu machen."

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