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Fischerei in der Nordsee
EU will Elektronetze erlauben

Bislang macht die Bodenfischerei mit schweren Schleppnetzen, die den Meeresboden aufwühlen und zerstören, rund 60 Prozent der gesamten Fischerei in EU-Gewässern aus. Mit der Elektrofischerei soll sich der Zustand der Meeresböden bessern. Belgier und Holländer testen schon, ihre französischen Kollegen sind besorgt.

Von Ralph Sina | 21.11.2017
    Ein Krabbenfischer bereitet an Bord seines Kutters in der Nordsee das Leeren eines Fangs aus dem gehievten Schleppnetz vor.
    Krabbenfischerei mit dem Schleppnetz in der Nordsee. Künftig sollen auch Elektronetze erlaubt sein (dpa / Ingo Wagner)
    Elektrisches Fischen, ein riesiger Erfolg freut sich ein Niederländer im TV-Sender France 2. Um bis zu 20 Prozent mehr Krabben, Seezungen und Schollen habe er mit seinen Elektronetzen gefangen, berichtet der Niederländer stolz.
    Die französischen Fischer sind nicht nur alarmiert, sondern auch sauer. Sie können sich die High-Tech-Netze, die am Meeresboden ein elektrisches Feld erzeugen, nicht leisten. An dem Pilotversuch der EU-Kommission dürften sie auch teilnehmen. Doch de facto testen nur Belgier und vor allem niederländische Flotten die neue Fischfangtechnik.
    Strom lähmt die Fische
    Die Elektronetze sorgen in jeder Hinsicht für Spannung in der Nordsee, berichtet der Fernsehsender France 2. Denn durch den Strom werden Krabben und Plattfische vom sicheren Meeresboden aufgescheucht und buchstäblich in die Netze getrieben.
    Leichtes Spiel für die High-Tech-Fischer: Sie ziehen ihre Netze in geringem Abstand über den Meeresboden und sammeln quasi en passant den paralysierten Fisch auf.
    Häufig sind die Stromschläge so stark, dass den Fischen die Wirbelsäule bricht. Gekrümmt wie ein U landen sie an Bord. Generell erwischt es längere Tiere stärker. Kleine Fische zucken, sind aber nicht tot. Es geht darum, das elektrische Stromfeld so zu dosieren, dass sich nur die großen, profitablen Fische im Elektronetz verfangen. Ob die überlebenden Fische das ohne Schäden tun, ist noch völlig unklar. Und natürlich ist für die Fischer die Versuchung groß, mehr Strom zu geben, um mehr zu fangen. Die Kontrolleure an Land sind schließlich weit weg. Die niederländischen Elektrofischer in der Nordsee sehen sich als Umweltschützer.
    Kettennetze zerstören Meeresflora und Fauna
    Das sei gut für Natur. Er brauche 60 Prozent weniger Schiffsdiesel als beim Fischen mit schweren Bodenschleppnetzen, erzählt ein Fischer aus den Niederlanden. Diese gigantischen Kettennetze wühlen und wirbeln den Meeresboden nicht nur auf, sondern zerstören Meeresflora und Fauna: Alles Lebende landet im Netz. Das alarmierte die EU-Kommission: Bereits vor fünf Jahren wollte die damalige Barroso-Kommission die Fischerei mit Bodenschleppnetzen komplett verbieten. Vergeblich. Die zerstörerische Bodenfischerei macht weiterhin rund 60 Prozent der gesamten Fischerei in EU-Gewässern aus. Mit der Elektrofischerei soll sich der Zustand der Meeresböden bessern.
    Allerdings begrenzt die EU-Kommission den Einsatz der Elektronetze. Denn die Gefahr der Überfischung ist groß. Dennoch ist die EU-Kommission entschlossen, die Methode im kommenden Jahr zu legalisieren.