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Fischroboter im Gleitflug

Robotik.- Forscher aus den USA haben Roboterfische entwickelt, die gleiten und zugleich mit ihrem Schwanz schlagen können. Das verleiht den mechanischen Tieren eine bessere Manövrierfähigkeit, wodurch sie sich auch für den Einsatz in kleinen Binnengewässern eignen.

Von Lucian Haas | 29.01.2013
    Ein ungewöhnlicher Tauchroboter ist in einem Schwimmbad unterwegs. Er sieht aus wie ein Fisch. Seine Schwanzflosse schlägt rhythmisch hin und her. Doch an den Flanken des 90 Zentimeter langen Gerätes stehen zwei Stummelflügel mit jeweils 30 Zentimeter Spannweite zur Seite ab. Xiaobo Tan macht dazu gerne einen Scherz.

    "Als ich ihn das erste Mal sah, sagte ich: Das ist kein Fisch, das ist ein Flugzeug. Wir bezeichnen ihn aber immer noch als Fisch, weil er auch Schwimmen kann, indem er mit dem Schwanz schlägt."

    Xiaobo Tan leitet das Labor für smarte Microsysteme an der Michigan State University. Seit einigen Jahren entwickelt er dort Fischroboter. Das Ziel ist, die mechanischen Fische mit Sensoren auszustatten und dann als autonom schwimmende Unterwasser-Messstationen in Seen und Flüssen einzusetzen, etwa um Ölverschmutzungen oder Algenblüten zu kartieren. Doch dabei gibt es ein Problem.

    "Für solche Anwendungen erwartet man Einsatzzeiten, die ein paar Stunden übertreffen, also eher Tage oder sogar Wochen. Ein normaler Roboterfisch, der ständig mit dem Schwanz oder Seitenflossen schlägt, wird das nicht schaffen."

    Der Energieverbrauch ist einfach zu hoch. Auf der Suche nach einer Lösung kam Xiaobo Tan auf die Idee, den Roboterfischen eine zweite, effizientere Bewegungsart zu ermöglichen: das Gleiten. Sein neuestes Modell namens Grace kann durch eine regulierbare Schwimmblase und das Verschieben der eingebauten Lithium-Ionen-Batterien seinen Auftrieb und Schwerpunkt verändern. Je nach Einstellung taucht er mit dem Kopf voran ab oder auf, allein getrieben von der Auftriebs- und der Gravitationskraft. Die seitlich angesetzten Flügel bewirken, dass er dabei nicht senkrecht hoch und runter sinkt, sondern einem schrägen Gleitpfad folgt. So kommt der Roboterfisch fast ohne eigenen Energieeinsatz voran. Nur an den Wendepunkten des Kurses muss er kurz die Pumpe für die Schwimmblase und einen Stellmotor für die Gewichtstrimmung aktivieren.

    "Wie energieeffizient der Roboter letztendlich ist, hängt davon ab, wie tief er am Stück tauchen kann, und das wiederum hängt von seinem Einsatzort ab. In einem tiefen See wird er länger mühelos dahingleiten. In einem flacheren Fluss kommt die Energieeffizienz weniger zum Tragen."

    In der Meeresforschung werden Flügel-Gleiter schon länger als autonome Messsonden eingesetzt. Sie sind allerdings zwei bis drei Mal so groß und besitzen keine angetriebene Schwanzflosse, weshalb sie nur eingeschränkt manövrierfähig sind. Der gleitende Fischroboter Grace hingegen kann auf kleinstem Raum wenden und ist sogar zu einem ganz besonderen Manöver fähig. Wird beim Gleiten die Schwanzflosse in seitlicher Stellung arretiert, bewegt er sich nicht mehr auf einem schrägen Pfad, sondern in einer senkrechten engen Spirale voran.

    "Das ist wichtig, um eine Wassersäule beproben zu können. In vielen ökologischen Studien geht es darum, Messwerte über die gesamte Tiefe eines Gewässers zu erfassen, also von der Oberfläche bis zum Boden. Diese Spiralbewegung passt perfekt zu solchen Aufgaben."

    Xiaobo Tan glaubt, dass gleitende Fischroboter vielerorts schon bald das Umweltmonitoring von Gewässern übernehmen könnten. Der Prototyp Grace schwimmt einen vorgegebenen Kurs und überträgt seine Messdaten drahtlos per Funk, wenn er an der Wasseroberfläche auftaucht. Je nach Bedarf kann er mit unterschiedlichen Sensoren ausgerüstet werden.

    Ein erster Praxistest im Kalamazoo River, einem Zufluss des Michigan-Sees, ist erfolgreich verlaufen. Vor knapp drei Jahren war es dort zur Havarie einer Erdölpipeline gekommen. Mit einem entsprechenden Sensor ausgestattet, konnte der Roboterfisch noch immer Spuren der Ölverschmutzung im Wasser nachweisen.