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Fit für alle Alternsfragen

Dass sich der Wandel der demografischen Struktur unserer Gesellschaft auf viele Lebensbereiche auswirkt, ist kein Geheimnis. Doch es sind nicht nur Fragen zur Sicherung der Rente oder im Bereich der Gesundheitswesens, auch für viele Betriebe ist es wichtig, sich rechtzeitig Gedanken über eine langfristige strategische Planung zu machen. Helfen können dabei so genannte Demografieberater.

Von Andrea Lueg | 11.07.2006
    "Ich bin 46, wenn mir morgen einer sagen würde, Frau Demtöder, Sie brauchen jetzt nicht mehr so schnell zu arbeiten, weil Sie sind alt, würd ich en fragen, ob der einen an der Schüssel hat... Gelächter... Ich würds ja anders verkaufen! "

    In Saal 3 der Düsseldorfer Handwerkskammer diskutiert geballtes Fachwissen. Freie Unternehmensberater, ehrenamtliche Seniortrainer und Betriebsberater der Handwerkskammern lassen sich hier zu Demografieberatern qualifizieren. Die Gruppe ist buntgemischt, auch vom Alter her und fast alle hatten schon mal mit dem Thema ältere Mitarbeiter in kleinen und mittleren Unternehmen zu tun.

    "Ich arbeite in einem Projekt, das sich mit dem Wissenstransfer von Mitarbeitern beschäftigt, kurz vor dem Ruhestand."

    "Ich selbst komm aus der Weiterbildungsberatung und ich hab immer gemerkt, das fehlt mir, da fehlt mir Handwerkszeug."

    Stefanie Siebelhoff und Anja Voß absolvieren gerade den dritten von acht Ausbildungstagen. Als die Weiterbildung zum Demografieberater, die von Land und Europäischem Sozialfonds gefördert wird, startete, meldeten sich gleich mehr als die hundert, die man zunächst mal qualifizieren will. Der Bedarf scheint also schon mal da zu sein. Aber was macht eigentlich ein Demografieberater?

    "Ein Demografieberater ist ein Berater, der Unternehmen hinsichtlich der Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Belegschaften und auf die Märkte informiert."

    Erklärt Christoph Baye von Health Pro, der Initiator des Projektes. Die Beratung findet vor Ort statt, in einem ersten Beratungsgespräch wird eine Bestandsaufnahme gemacht.

    "Er geht dabei insbesondere auf die spezielle betriebliche Situation ein, kennt sich aber auch sehr gut aus in der Sphäre des Unternehmens, wo das Unternehmen angesiedelt ist, in welcher Branche es tätig ist, in welcher Region es tätig ist, welche Perspektiven in dem Bereich bestehen. "

    Demografischer Wandel in Unternehmen, das hat zum einen etwas zu tun mit alternden Belegschaften, und dadurch vielleicht auch mit höheren oder längeren Fehlzeiten, mit der Kommunikation im Betrieb zwischen Alten und Jungen oder auch der Unternehmensnachfolge. Auf der anderen Seite geht es um die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen. Etwa wenn ein Frisörbetrieb seine älteste Mitarbeiterin mit Kamm und Schere ins Seniorenheim schickt.

    "Das heißt, sie fahren direkt ins Seniorenheim, frisieren dort die Leute, nehmen noch n Azubi mit, damit die noch ergänzend qualifiziert wird vor Ort und so hat man zwei Themen verbunden, erstens einen neuen Markt, einen neuen Service und zweitens einen Wissenstransfer zu organisieren zwischen einer erfahrenen Meisterin und der jungen Auszubildenden. "

    Gründe genug also eigentlich für kleine und mittlere Unternehmen, sich mit dem Thema Alter zu beschäftigen. Wenn da nicht der sperrige Begriff Demografie wäre.

    "Der Begriff Demografie ist in Deutschland sehr negativ besetzt und sehr abstrakt, wird auch nur noch als Bedrohung wahrgenommen."

    Die strategische Planung in kleinen Handwerksbetrieben geht darüber hinaus meist nur über ein paar Monate, nicht gleich über eine Zeitspanne von zehn Jahren. Ein weiterer Grund weshalb die Beschäftigung mit den drohenden Auswirkungen der alternden Gesellschaft nicht als akut wahrgenommen werden. Frank Stoepel, Chef eines Zerspanungsbetriebes denkt da ein bisschen weiter und war einer der ersten, die sich in Sachen Demografie beraten ließen. Und das, obwohl seine 15köpfige Belegschaft gut altersgemischt ist und das Problem für ihn erstmal nicht zu bestehen schien.

    "Bei den Gesprächen hat sich dann herausgestellt, dass ein Mitarbeiter doch schon 53 Jahre ist und man hat immer gedacht, ok, der wird immer im Betrieb bleiben, aber man muss die Sache dann mal überdenken, wir sind ein Ausbildungsbetrieb mit vier Azubis und ja dann sind grundsätzlich auch so Fragen, wenn die Azubis fertig sind und Sie haben einen guten und Sie möchten den Betrieb aber nicht erweitern, behält man den jungen oder würde man den Älteren dann irgendwie ausgleiten lassen, welche Entscheidung man dann treffen würde und auch Angebote machen, das der dann in Teilzeit geht, solche Sachen halt, dass man sich darüber Gedanken macht. "