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Floristen
Azubis dringend gesucht

Die Blumen-Branche steht unter Druck: Immer mehr Blumenläden machen dicht, weil die Konkurrenz durch Discounter und Billigware aus dem Ausland größer wird. Dazu kommt ein Nachwuchsproblem. Immer weniger junge Leute wollen sich zum Floristen ausbilden lassen.

Von Marco Poltronieri | 11.05.2018
    Eine Floristin gestaltet buntes herbstliches Blumengesteck.
    Junge Leute interessieren sich nicht besonders für den Beruf des Floristen (imago / CHROMORANGE)
    "Na, die nehm ich doch gerne mit" - "Glockenblume" - "Sehr schön" - "Bisschen Papier?" - "Ne, das geht so."
    Ludger Robert beim Verkauf seiner Ware. Seine Blumen im Laden sehen toll aus: Ranunkeln, Lilien, Gerbera, Pfingstrosen, alles da. Das Geschäft kennt er aus dem Eff-Eff, er stammt aus einer Gärtnerfamilie. Eigentlich ist er schon im Rentenalter, aber ans Loslassen denkt er noch nicht. Es gibt ja auch immer was zu tun.
    "Viele Hochzeiten, geliebt wird immer. Trauer ist auch dabei, man muss alles machen so."
    Rückgang von Blumenläden
    Der knorrige Blumenhändler liebt seinen Job, er kennt aber auch die Schattenseiten. Weil er viel Erfahrung hat mit Lieferanten und Kunden, kommt er einigermaßen klar. Viele andere nicht.
    "Früher gab's, glaub, so an die 70 Geschäfte, und jetzt gibt es mit den Gartencentern zusammen vielleicht noch 15, das war's."
    Münster steht dabei stellvertretend für viele Städte. Überall werden händeringend Floristen gesucht: Gesellen, Meister, vor allem aber: Lehrlinge.
    "Wo ich angefangen habe, waren es 130 Prüflinge. Mittlerweile sind wir bei zehn angekommen. Es ist also immer weiter nach unten gegangen. Wir haben die Hoffnung, dass es so allmählich so nach oben geht. Nächstes Jahr haben wir dann schon zwölf Prüflinge. Also, wir haben die Hoffnung, dass es sich wieder verändert."
    Elisabeth Hoffmann gehört dem Prüfungsausschuss für Azubis im Floristen-Gewerbe an. Wer im Münsterland in der Blumenbranche tätig sein möchte, kommt an ihr kaum vorbei. Außerdem arbeitet sie als Florist-Meisterin in einem mittelständischen Betrieb und schaut dort dem Nachwuchs gerne mal über die Schulter.
    "Das ist okay so, ja, das können wir so lassen, so mit dem Schleierkraut und Wachsblau ist das okay, sehr gut, alles klar"
    Falsche Vorstellungen von der Selbstständigkeit
    Am Verdienst, glaubt sie, liegt es nicht, dass keiner mehr Florist werden möchte. Gut, im ersten Gesellenjahr 1.400 Brutto, das ist nicht viel – oft sind es aber auch falsche Vorstellungen von der Selbstständigkeit, die einen scheitern lassen.
    "Da muss ich alles machen. Da muss ich bedienen, da muss ich Bestellungen machen, da muss ich aber auch gucken, dass die Pflanzen auch Wasser kriegen, die Schnittblumen ins Wasser kommen, dass ich noch ans Telefon gehe, das ist einfach auch so ein Rundum-Paket, was ich abliefern muss.."
    Mit Leib und Seele bei der Sache sein, das ist es. Ohne Herzblut und Leidenschaft bekommt man in der Floristik kein Bein auf die Erde, meint sie.
    "Ich muss mich drauf einlassen, dass ich einen Dienstleistungsjob habe, dass ich aber kreativ sein darf und dass ich handwerklich ein bisschen Geschick mitbringen muss. Man kann viele Dinge in der Floristik lernen, aber man muss einiges mitbringen einfach."
    Branche unter Druck
    Natürlich weiß auch Elisabeth Hoffmann, dass die Branche schon seit langem unter Druck steht. Billige Ware aus dem Ausland und die Konkurrenz durch Discounter verschärfen die Situation. Über die Schnäppchen-Angebote von Tankstellen z. B. kann sich die überzeugte Floristin heute noch aufregen. Dabei hat der Kunde doch die Wahl.
    "Die verkaufen so `n Strüsschen für 3,95 Euro und wenn das morgen kaputt ist, sagt kein Mensch was. Bei uns kaufen die drei Rosen, die kosten zehn Euro, und wenn da eine von den Kopf hängen lässt, weil sie sie nicht richtig angeschnitten haben, weil nicht genügend Wasser, dann kommen die wieder, und sagen, das will ich aber ersetzt haben. Da geht keiner hin und das gleiche ist bei Aldi, Edeka und Co. Wo Blumen angeboten werden, wo ich immer denke: warum?"
    Letzte Rettung: Spezialisierung?
    Elisabeth Hoffmann versucht dagegenzuhalten. Mit Freundlichkeit, Qualität, Kompetenz, Service. Anders, glaubt sie, geht es auf keinen Fall. Andererseits: Es gibt auch viele Chancen. Wer sein Angebot erweitert oder sich vielleicht spezialisiert, was über Blumenbinden und Töpfe bepflanzen hinausgeht, kann durchaus Erfolg haben.
    "Das hat einfach auch damit zu tun, dass ich als Floristin heute nicht nur Blumen binde und Blumen stecke, sondern dass ich auch den gesamten Bereich des Hauses mit einbeziehe. So wie einer zum Friseur geht und einen bestimmten Friseur hat, hat auch manch einer seinen bestimmten Floristen oder Floristin. Weil, da kann er hingehen und sagen, ich hab nächste Woche Kindstaufe, ich hätte gerne das, das und das. Ich sag immer so, der Florist begleitet einen ja auch, von der Geburt bis zum Tod."