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Flüchtlinge
Geld gegen Unterbringung

In Dänemark können die Behörden künftig Schmuck und Geld von Flüchtlingen beschlagnahmen, um die Kosten für ihre Unterbringung zu decken. Auch in Deutschland ist dies grundsätzlich möglich, einige Länder schrecken aber davor zurück.

Von Stephanie Lob | 26.01.2016
    Ein Soldat nimmt einen Fingerabdruck eines Flüchtlings in Erding, Bayern.
    In Erstaufnahmeeinrichtungen kann Vermögen von Flüchtlingen konfisziert werden, dies ist jedoch häufig nicht der Fall (dpa/picture alliance/Armin Weigel)
    In Dänemark sollen Flüchtlinge künftig allen Besitz abgeben, der umgerechnet rund 1.300 Euro übersteigt. Das sieht die Asylrechtsreform vor, die das Parlament in Kopenhagen am Dienstag gebilligt hat. Damit sollen die Migranten dazu beitragen, ihren Aufenthalt zu finanzieren. In Dänemark ist dies umstritten. Kritiker erinnert die Beschlagnahmung von Bargeld und Schmuck an die Enteignung der Juden durch die Nazis.
    In der Bundesrepublik greift das Asylbewerber-Leistungsgesetz
    In Deutschland gibt es bereits Regeln zum Besitz von Flüchtlingen. Die rechtliche Grundlage bildet das Asylbewerber-Leistungsgesetz. Danach sollen Zuwanderer entstehende Kosten aus ihrem Vermögen oder verfügbaren Einkommen erstatten.
    Die Bundesländer können jeweils individuelle Pauschalbeträge festlegen. Über diesen Grundbetrag hinaus kann Vermögen von den Behörden konfisziert werden. Die einzelnen Länder gehen jedoch sehr unterschiedlich vor.
    In Baden-Württemberg etwa gilt ein sogenannter Selbstbehalt von 350 Euro pro Flüchtling, wie das Integrationsministerium auf Anfrage mitteilt. Dort sind die Stadt- und Landkreise dafür zuständig, das Vermögen von Zuwanderern zu erheben, um es mit Sozialleistungen zu verrechnen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen sei dies dagegen nicht möglich, sagt ein Sprecher deutschlandfunk.de. Zunächst gehe es darum, die Menschen möglichst schnell unterzubringen. Wenn die Flüchtlinge etwa Schmuck dabeihätten, müsste jedes Mal ein Gutachter bestellt werden, um den Wert zu schätzen. "Das wäre ein beispielloser Verwaltungsaufwand mit riesigen Kosten", betont der Sprecher.
    In Bayern können Barvermögen und Wertsachen von Flüchlingen nach Angaben des Sozialministeriums bis auf einen Selbstbehalt von 750 Euro sichergestellt werden. Dort heißt es, Asylbewerber könnten in den Aufnahmeeinrichtungen befragt und nach Wertsachen durchsucht werden. Weigere sich ein Flüchtling, werde notfalls auch die Polizei eingeschaltet.
    "Nur in Ausnahmefällen werden Barmittel einbehalten"
    In Nordrhein-Westfalen darf ein Flüchtling laut Innenministerium über Barmittel von maximal 200 Euro verfügen, eine dreiköpfige Familie also über 600 Euro. Alles, was darüber hinausgeht, soll von den Erstaufnahmeeinrichtungen an die Kommunen weitergegeben werden. Die Praxis sieht nach Angaben eines Sprechers aber anders aus: Der Großteil der Menschen aus Bürgerkriegsländern und anderen Krisenregionen verfüge nicht über ein nennenswertes Vermögen. "Nur in seltenen Ausnahmefällen werden Barmittel einbehalten", betont der Sprecher.
    Auch in anderen europäischen Ländern kann Geld konfisziert werden: In der Schweiz wird Flüchtlingen bei ihrer Ankunft Vermögen im Wert von mehr als 1.000 Schweizer Franken abgenommen (umgerechnet rund 910 Euro). Verlasse jemand die Schweiz innerhalb von sieben Monaten freiwillig, werde das von den Behörden eingezogene Geld wieder zurückerstattet, erklärt das Migrationsministerium.
    In den sozialen Netzwerken wird häufig darauf hingewiesen, dass in Deutschland auch das Vermögen von Hartz-IV-Empfängern gegen staatliche Leistungen aufgerechnet wird. Dabei gilt ein Grundfreibetrag von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr. Das heißt, für einen ledigen 50-Jährigen ohne Kinder und weiteres Vermögen wie ein Auto oder eine Wohnung sind 7.500 Euro frei vom Zugriff des Staates.