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Flüchtlinge in Deutschland
Der Verantwortung gerecht werden

Der Anschlag von Tröglitz zeigt: Deutschland muss sich bei der Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft mehr anstrengen. Außenminister Frank-Walter-Steinmeier nannte Tröglitz eine Schande für das Land. Ein Weg zu mehr Teilhabe an der Gesellschaft könnte der einfachere Zugang für Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt sein.

Von Stefan Maas | 12.04.2015
    Flüchtlinge in Duisburg (Nordrhein-Westfalen)
    Flüchtlinge haben in Deutschland wenig Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe. (imago stock&people)
    Er befürchte, Deutschlands Ansehen in der Welt könnte nach dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Tröglitz Schaden nehmen, sagte Außenminister Frank Walter Steinmeier der Welt am Sonntag. Deutschlands Partner in der Welt verfolgten genau, wie die Gesellschaft auf den Anschläge wie den in Sachsen-Anhalt reagiere. Steinmeier nannte den Anschlag eine Schande und rief dazu auf, der Verantwortung für Flüchtlinge gerecht zu werden.

    Unterdessen haben die Bundesländer ihre Forderung nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen wiederholt. Die Zusage des Bundes, dieses und nächstes Jahr jeweils 500 Millionen Euro zusätzlich an die Länder zu zahlen, werde nicht reichen, weil viele Integrationsaufgaben viel längerfristiger finanziert werden müssten. Bei einem Besuch in Tröglitz diese Woche hatte Vizekanzler Sigmar Gabriel den Kommunen eine stärkere finanzielle Beteiligung des Bundes in Aussicht gestellt.
    Finanzielle Beteiligung des Bundes
    "Wenn wir in Deutschland in die Situation kommen, dass die Kommunen durch den Gesetzgeber dazu gebracht werden, dass sie ihr Geld für die gesetzlichen Aufgaben wie die Flüchtlingsunterbringung zahlen, aber dann die Bürgerinnen und Bürger all das, was sie eigentlich von ihrer Heimatstadt oder Heimatkommune erwarten, nicht mehr vorfinden, weil der Sportverein nicht mehr bezahlt werden kann, weil wir die Feuerwehren zusammenlegen, weil die Ortsfeuerwehr zu teuer ist, weil wir die Musikschule nicht halten können und vieles andere mehr, dann glaube ich, werden wir soziale Spannungen erleben, die weit über das hinausgehen, was wir derzeit haben."
    Konkrete Zahlen nannte Gabriel nicht, denn auch innerhalb der Großen Koalition wird das Thema kontrovers diskutiert. Noch im März hatte Innenminister Thomas de Maiziere, CDU, Forderungen nach mehr Geld zurückgewiesen. Familienministerin Manuela Schwesig, SPD, unterstützte im Interview der Woche des Deutschlandfunk die Forderung des Vizekanzlers: "Die Forderung von Sigmar Gabriel, dass der Bund sich finanziell stärker beteiligen muss, die ist wichtig. Und das wäre wichtig, dass diese Forderung jetzt auch gemeinsam mit der Kanzlerin umgesetzt wird."
    Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern
    Michael Hüther, der Chef des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, sprach sich im Deutschlandradio Kultur dafür aus, angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt, Flüchtlingen und Asylbewerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt weiter zu erleichtern: "Wir sehen im Moment ja, dass vor allem die Kommunen belastet sind durch die Räume und durch die Infrastruktur, die sie für die zu uns Kommenden aufrechterhalten müssen. Warum lassen wir ihnen nicht den Zugang zum Arbeitsmarkt in leichterer Form zu?"
    Im vergangenen Jahr hatten sich Bund und Länder auf Erleichterungen für Asylbewerber und Geduldete verständigt. Dem Kompromiss zufolge entfällt die so genannte Residenzpflicht, die den Bewegungsradius von Flüchtlingen einschränkt nach drei Monaten. Für Asylbewerber und Geduldete gilt weiterhin eine Wohnsitzauflage. Diese kann aber in Einzelfällen entfallen, etwa für einen neuen Job. Auch die Vorrangprüfung, nach der Arbeitgeber Stellen erst mit einem Asylbewerber besetzen durften, wenn sich kein geeigneter Deutscher oder EU-Bürger fand, wird auf 15 Monate nach Ankunft in Deutschland befristet. Für Flüchtlinge und seit langem als Geduldete in Deutschland lebende, entfällt sie ganz, wenn Qualifikationen in Mangelberufen vorliegen.