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Flüchtlinge
"Thank you, Germany"

Tausende Flüchtlinge sind dieses Wochenende von Ungarn über Österreich nach Deutschland eingereist. Sie werden in Städten wie Saalfeld, Dortmund, Lüchow, Frankfurt, Hamburg und natürlich München von der Bevölkerung begrüßt. Und ausdrücklich willkommen geheißen. Die innenpolitische Debatte um Quoten und Kosten geht derweil lebhaft weiter.

06.09.2015
    Flüchtlinge in Dortmund halten einen Zettel mit der Aufschrift "Thank you, Germany" hoch.
    Flüchtlinge in Dortmund halten einen Zettel mit der Aufschrift "Thank you, Germany" hoch. (picture-alliance / dpa / Maja Hitij )
    Deutschland kann auch anders. Das haben tausende Flüchtlinge erfahren, die an diesem Wochenende hier angekommen sind. An den Bahnhöfen werden sie freundlich in Empfang genommen, viele Helfer sind da, um Willkommenspakete und Kuscheltiere für Kinder auszuteilen.
    Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow - am Montag früh um 7.15 Uhr bei uns im Interview - sagte am Bahnhof von Saalfeld schlicht: "Ich könnte weinen vor Freude". Auf Englisch singen die Menschen für die Flüchtlinge, Ramelow spricht durch ein Megafon ein paar Worte auf Arabisch zu den Neuankömmlingen.
    Ähnliches berichtet die Deutsche Presse-Agentur aus Dortmund: Auch hier gab es Applaus und Grußplakate, später hält ein Flüchtling einen Zettel in die Höhe: "Thank you, Germany" steht darauf. In Frankfurt am Main bilden die Bürger ein Spalier für die Flüchtlinge, es sind mehr als 200 Frankfurter gekommen, und auch sie klatschen. Das Gleiche in Hamburg und in Lüchow im Wendland, in München sowieso: Die Stadt war ja die Drehscheiben, von der aus die Flüchtlinge verteilt wurden.
    Das Bundesinnenministerium teilte mit, dieses Wochenende seien insgesamt 13.000 Menschen in Deutschland eingetroffen, Stand: Sonntagnachmittag. Die Bundespolizei erklärte in Potsdam, für das ganze Wochenende könnten es am Ende um die 17.000 sein. Die Menschen werden nach dem "Königsteiner Schlüssel" auf die Bundesländer verteilt. Der Schlüssel berücksichtigt die Einwohnerzahl und die Steuereinnahmen der Länder.
    In der großen Koalition steht die Entwicklung ebenfalls oben auf der Tagesordnung. Um 19 Uhr am Sonntagabend kamen die Spitzen der Koalition in Berlin im Bundeskanzleramt zusammen, einziges Thema: Flüchtlinge. Diskutiert werden soll eine gemeinsame Linie für die Aufteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
    Im Vorfeld hatte es Ärger gegeben. Vor allem die CSU sieht es kritisch, dass die Kanzlerin - in Absprache mit dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann - die Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn erlaubt hat. Tausende Menschen - darunter viele Syrer - waren zuvor in Budapest in Bedrängnis geraten, vor allem am Ostbahnhof kampierten die Menschen, die nach Westeuropa wollten. Zahlreiche Flüchtlinge harrten auch in Zügen aus, andere wurden in Aufnahmelager gebracht, viele machten sich am Ende zu Fuß auf den Weg zur Grenze nach Österreich.
    CSU-Chef Horst Seehofer kommentierte, zwar habe die Kanzlerin Ungarn aufgefordert, sich an die europäischen Regeln zu halten. Die Bundesregierung habe dann aber ebendiese Regeln selbst aufgehoben. "Jetzt werden Sie verstehen", so Seehofer, "warum wir da noch Fragen haben. Was gilt jetzt?" Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte der "Bild"-Zeitung vom Montag, es sei ein "starkes Stück", dass die Länder vor der Entscheidung nicht informiert gewesen seien. Linken-Chef Bernd Riexinger twitterte daraufhin:
    Die staatliche Förderbank KfW teilte inzwischen mit, dass Städte und Gemeinden für den Neu- und Umbau, für die Modernisierung und den Kauf von Flüchtlingsunterkünften zinslose Darlehen bekommen können. Ab sofort gebe es dafür eine Sonderförderung von 300 Millionen Euro. Mit dieser Summe können der Bank zufolge bis zu 30.000 Unterkunftsplätze geschaffen werden.
    (jcs/tgs)