Freitag, 19. April 2024

Archiv

Flüchtlingspolitik
Bundestag stimmt über Asylpaket II ab

Nach langem Streit in der Großen Koalition stimmt der Bundestag am Donnerstag über die Verschärfung des Asylrechts ab. Mit dem Asylpaket II werden Einrichtungen mit Schnellverfahren für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive beschlossen. Besonders umstritten war das Thema Familiennachzug - auch hier gibt es nun härtere Regeln.

Von Stefan Maas | 25.02.2016
    Bundestagspräsident Norbert Lammert (M, CDU) spricht im Bundestag anlässlich der Debatte zu den Massakern an den Armeniern 1915/16.
    Der Bundestag wird in namentlicher Abstimmung über das Asylpaket II entscheiden (Archivfoto). (pa/dpa/Pedersen)
    Lediglich zwei Enthaltungen hatte es vorgestern bei der Probeabstimmung über das Asylpaket II in der Unionsfraktion gegeben. Und auch die SPD wird heute im Bundestag - trotz erheblicher Bedenken - die geplanten Änderungen im Asylrecht mittragen. Bei einer Probeabstimmung in der 193-köpfigen Fraktion hatten 20 Abgeordnete mit Nein gestimmt, vier hatten sich enthalten.
    "Ja, es ist eine Verschärfung des Asylrechts, da muss man gar nicht drumrumreden, aber diese Verschärfung ist nötig und angemessen", erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere.
    Das Asylpaket II sieht vor, dass spezielle Zentren geschaffen werden, in denen Gruppen von Asylbewerbern, die nur geringe Aussichten darauf haben, anerkannt zu werden, Schnellverfahren durchlaufen: Menschen etwa, die aus Staaten kommen, die als sicher eingestuft worden sind, Flüchtlinge mit Wiedereinreisesperre oder mit Folgeanträgen. Wer abgelehnt wird, soll aus den Zentren schnell wieder in sein Herkunftsland zurückgeschickt werden. Zwei Standorte in Bayern – Bamberg und Manching - sind dafür bereits festgelegt worden.
    Ein Aspekt, um den in der Koalition heftig gerungen wurde, ist der Familiennachzug. Das Asylpaket II sieht vor, dass Flüchtlinge, die einen subsidiären Schutzstatus haben, zwei Jahre lang ihre Angehörigen nicht nachholen dürfen. Das gilt für alle Personen, die in ihrem Heimatland nicht unmittelbar persönlich verfolgt werden, zum Beispiel aus politischen Gründen, aber etwa aus einem Bürgerkriegsland stammen, und deren Leben dort gefährdet ist. Allerdings soll es – wie bereits jetzt im Aufenthaltsgesetz geregelt – auch zukünftig Ausnahmen aus humanitären Gründen geben.
    Hürden für Ausweisung straffälliger Ausländer werden gesenkt
    Maßvoll nannte die SPD-Abgeordnete Eva Högl die Maßnahmen bei der ersten Lesung im Bundestag in der vergangenen Woche. Der Grüne Konstantin von Notz hielt ihr entgegen:
    "Dieses Vorgehen wird noch mehr Frauen und Kinder in die Schlauchboote treiben, meine lieben Kolleginnen und Kollegen. Das ist Ihr Schutz der Familie?"
    Ein Knackpunkt im Vorfeld: allein nach Deutschland gekommene Kinder und Jugendliche. Hier hatte die SPD auf Ausnahmen bestanden, die Union hatte sich am Ende durchgesetzt. Zum Schluss einigte man sich auf Einzelfallprüfungen. In Härtefällen sollen die Eltern von Minderjährigen mit subsidiärem Schutz aufgenommen werden können. Solche Härtefälle könnten schwere Erkrankungen sein oder erlittene Misshandlungen.
    Zusammen mit dem Asylpaket II sollen auch die Hürden für die Ausweisung straffälliger Ausländer gesenkt werden. Eine Reaktion auf die Übergriffe in Köln in der Silvesternacht. Bundesjustizminister Heiko Maas verteidigte die Verschärfungen im Bundestag:
    "Es geht um die Handlungsfähigkeit des Staates, wenn Menschen den Glauben daran verloren haben, dann ist es ihnen auch egal, welche Antworten sie von uns oder von Ihnen bekommen. Deshalb müssen wir mit dem, was wir hier vorlegen, vor allem eines dokumentieren: der Staat ist handlungsfähig und in der Lage, auf Herausforderungen zu reagieren. Und genau das tun wir."
    Beide Gesetzentwürfe sollen am Freitag im Bundesrat beraten werden. Zustimmen muss die Länderkammer aber nicht.
    Maghreb-Staaten kein Thema im Asylpaket II
    Nicht enthalten im Asylpaket II ist das Vorhaben Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären und dadurch die Asylverfahren für Menschen aus diesen Ländern zu beschleunigen. Dafür müsste der Bundesrat zustimmen.
    Kritik an diesem Vorstoß kommt von Amnesty International:
    "Wenn die Bundesregierung tatsächlich diese drei Länder zu sichern Herkunftsländern erklärt, dann verstößt sie gegen die eigenen verfassungsrechtlichen Kriterien zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten", erklärte die Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, Selmin Caliskan.
    Angesichts der scharfen Kritik der Menschenrechtsorganisation an der Flüchtlingspolitik der Regierung fordert Die Linke einen Stopp des Asylpakets II. Parteichef Bernd Riexinger sagte, mit Menschenwürde habe das Regierungshandeln nichts mehr zu tun.