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Flüge
Luftverkehr wächst - genau wie der Preisdruck

Der internationale Flugverkehr wächst weiter - aber das Geschäft für deutsche Anbieter wird schwieriger. Von der Air-Berlin-Insolvenz profitieren vor allem ausländische Gesellschaften wie Ryanair und Easyjet.

Von Brigitte Scholtes | 09.08.2018
    Der Airbus A340-642 Lufthansa Wiesbaden startet vom Flughafen Franz Josef Strauß in München
    Billiganbieter starten längst nicht mehr nur von entlegenen Flughäfen; etablierte Fluggesellschaften werben mit günstigen Angeboten: Beides verstärkt den Wettbewerb auf dem Markt. (imago stock&people)
    Noch wächst er, der internationale Luftverkehr, auch wenn das System in Europa die Belastung kaum noch aushält. Ein Plus von sechs Prozent verzeichnete die Branche im ersten Halbjahr weltweit, in Deutschland reichte es wegen der Spätfolgen der Air-Berlin-Pleite aber nur zu einem Anstieg um 2,3 Prozent, so die heute vorgelegten Zahlen des BDL, des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Doch Ryanair, Easyjet und Laudamotion beginnen, die Lücke zu füllen, die Air Berlin gerissen hat. Das hat Folgen, sagt BDL-Präsident Klaus-Dieter Scheurle:
    "Wir gehen davon aus, dass der Druck auf die Margen weiter bestehen wird. Der von Low-Cost-Airlines betriebene Kapazitätsaufbau, steigende Personalkosten und der allmählich wieder steigende Ölpreis werden es weiterhin schwierig machen, als Airline größere Gewinne zu erwirtschaften."
    Massive Konsolidierung nicht in Sicht
    Sieben bis acht Prozent Marge benötigten die Fluggesellschaften, um ihre Kapitalkosten zu decken, sagt die internationale Luftverkehrsorganisation IATA. In diesem Bereich liegen zwar auch die deutschen Fluggesellschaften, das aber vor Zahlung von Steuern und Zinsen. Sie stehen also weiter unter Druck. Trotzdem dürfte sich in Europa so schnell nichts ändern, glaubt Eric Heymann, Luftverkehrsexperte der Deutschen Bank Research:
    "Es wird sicherlich eine weitere Konsolidierung kommen, allerdings gibt es nach wie vor Gründe, auch in Europa, die dagegen sprechen, dass es ganz schnell zu einer massiven Bereinigung kommt, dass es nur noch drei, vier Anbieter gibt. Denn kapitalmäßige Verflechtungen zwischen Fluggesellschaften sind immer noch nicht so einfach möglich wie in anderen Branchen. Das heißt: ja, weiter Konsolidierung, aber eben langsamer als das in Nordamerika der Fall ist."
    Dort decken die größten fünf Fluggesellschaften 85 Prozent des Marktes ab, in Europa liegt dieser Anteil nur bei zwei Drittel.
    Grenzen zwischen Preissegmenten verschwimmen
    Die Billigflieger treiben den Markt – aber die etablierten Fluggesellschaften haben ebenfalls die Herausforderung angenommen, das zeigt sich in den Geschäftsmodellen, sagt Heymann:
    "Die Billigflieger sind nicht mehr nur an den entlegenen Flughäfen unterwegs, die etablierten Luftverkehrsgesellschaften haben auch meistens Angebote, die vor allem auf das preissensitive Segment schielen. Insofern haben wir hier nicht mehr so eine klare Trennung, wie das vielleicht noch vor zehn oder fünf Jahren der Fall war. Tatsächlich ist es so, dass das originäre Wachstum im Billigflugsegment nicht mehr so weit über dem Durchschnitt liegt, wie wir das zu Beginn dieser Phase hatten. Also auch hier eine Angleichung der Wachstumsraten. Aber es wird weiterhin auch einen nennenswerten Anteil an Kunden geben, für die vor allem der Preis das entscheidende Kriterium beim Flug ist."
    Strengere ökologische Vorgaben möglich
    Und diesem Wunsch wird die Branche sich vorerst beugen, meint Heymann:
    "Die Branche selbst wird sich darauf einstellen müssen, dass die Personalkosten in Europa eher steigen, auch weil der Druck von der Arbeitnehmerschaft vermutlich zunehmen wird in den nächsten Jahren. Allerdings spricht gleichzeitig der Wettbewerb dafür, dass jetzt die Ticketpreise nicht durch die Decke schießen sollten."
    Das gilt, solange die Politik nicht zum Beispiel aus ökologischen Gründen weiter in den Markt eingreift wie vor Jahren mit dem Emissionshandel. Eine Steuer auf Kerosin etwa wäre eine Möglichkeit – denn anders als bei Benzin oder Diesel wird das bisher weltweit nicht besteuert.