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Flughafenstreiks
Gestrichene Flüge und genervte Passagiere

Gestrandete Passagiere, lange Schlangen, gestrichene Flüge: Warnstreiks haben an mehreren deutschen Flughäfen den Flugverkehr massiv behindert. Die Gewerkschaft Verdi fordert für die Luftsicherheitskräfte einen bundesweit einheitlichen Stundenlohn von 20 Euro - doch die Verhandlungen stocken.

Von Ludger Fittkau | 15.01.2019
    15.01.2019, Hessen, Frankfurt/Main: Eine blau leuchtende Anzeigentafel in Terminal 1 am Frankfurter Flughafen weist auf annullierte Flüge hin.
    Tarifkonflikt: Es geht um die Bezahlung für 23.000 Beschäftigte in der Passagier-, Fracht-, Personal- und Warenkontrolle (picture alliance / Silas Stein)
    In kurzen Abständen ertönt aus den Lautsprechern im Terminal 1 des Frankfurter Flughafens eine Stimme, die in Deutsch und Englisch über den Streik des Sicherheitspersonals informiert. Das ist auch gut so, denn gerade internationale Fluggäste wissen oft nicht so recht, wie sie weiterkommen sollen. Wie Toni Machcavah aus Boston in den USA. Sie braucht einen Weg, um bis heute Abend nach Zürich zu kommen, wo ihr Überseeflug in die Heimat starten soll. Eigentlich sollte der kurze Zubringerflug von Frankfurt am Main für sie ein Kinderspiel sein. Doch nun hat sie bis drei Uhr morgens mit ihren Fluggesellschaften telefoniert und ist ziemlich übermüdet.
    Die Löhne sollen steigen
    "Nun sieht es so aus, als ob wir ein Auto mit einem Fahrer bekommen, der uns von hier aus nach Zürich fährt. Ich glaube, zeitlich könnte es dann noch klappen mit dem Flug nach Boston. Aber weil wir bis drei Uhr heute Nacht mit den Airlines telefoniert haben, haben wir sehr wenig geschlafen."
    Dennoch ist Toni Machcavah nicht wütend auf die Streikenden, die mir roten und gelben Streikwesten überall im Terminal zu sehen sind. Obwohl man ihr noch nicht erklärt hat, worum es bei dem Arbeitskampf der Sicherheitskräfte genau geht.
    "Ich weiß nicht, wofür sie streiken und was sie genau wollen- doch grundsätzlich unterstütze ich Menschen, die für ihre Rechte streiken. Klar, es ist ziemlich unbequem für alle hier."
    Ein Streikposten, der nur wenige Meter entfernt steht, will seinen Namen nicht nennen. Doch er macht klar, was die rund 5.000 Sicherheitsleute am Frankfurter Flughafen erwarten. Ihre Löhne sollen von oft rund 14 Euro auf 20 Euro steigen.
    "Selbst 20 Euro ist eigentlich für diesen Beruf kein großes Gehalt. Man muss bedenken, was wir eigentlich leisten. Wenn wir einen Fehler machen, dass kann fatale Folgen haben. Wenn Sie bedenken, dass wir Flugzeuge haben mit 700 Passagieren an Bord. Wenn etwas passiert, dann kann man das kaum verantworten. Und deshalb ist diese Sicherheit nur gewährleistet, wenn wir gut bezahlt werden, gut ausgebildet sind. Pausen haben, geregelte. Nicht überlastet sind und das kann man nur machen, wenn die Gewerkschaft wirklich etwas dafür tut und der Arbeitgeber Einsicht hat, dass es Sinn hat, was wir hier tun."
    Gereizte Passagiere
    Die beiden Männer um die vierzig, die heute in die ukrainische Hauptstadt Kiew wollten und nun wohl noch bleiben müssen, haben wenig Sinn für die Streikenden. Noch weniger jedoch für die Frankfurter Hoteliers, die in der kommenden Nacht einfach die Preise beinahe verdoppeln - womöglich, weil sie von den gestrandeten Reisenden profitieren.
    "Das Problem ist, wir haben gestern für das Hotel bezahlt 97 Euro, heute zahlen wir 160 Euro. Ich weiß nicht, warum 70 Euro mehr im Prinzip. Das ist so ein Business für die Leute, die streiken und für die Hotelinhaber. Ich weiß nicht, ob das nicht so eine kleine Mafia ist, die sich damit beschäftigt."
    Florence-Rose kennt gereizte Passagiere schon aus ihrem normalen Alltag am Sicherheitscheck. Auch die Launen der Reisenden machen den Job oft sehr schwer, sagt die freundliche Frau in einer roten Streikweste.
    "Die Gäste sind gereizt, weil sie wollen nicht ihren Flug verpassen und manchmal gibt es ein bisschen Streit, obwohl wir bleiben sehr, sehr freundlich."
    Heute freut sich Florence -Rose, die schon einige Jahre am Flughafen arbeitet über die große Streikbeteiligung. Denn es sei sehr wichtig, dass die Löhne deutlich erhöht werden, betont sie.
    "Aktuell verdiene ich eine Lohn von 14 Euro die Stunde. Und die Arbeit ist sehr viel manchmal. Viel Stress. Anstrengend. Und ich würde mich freuen, wenn sie uns etwas mehr geben."
    Das Leben in der Region ist zu teuer
    Die Kollegen, die mit Protestschildern neben Florence-Rose stehen, machen deutlich, dass die meisten Sicherheitskräfte hier sich ein Leben mit Familie mitten im teuren Rhein-Main-Gebiet kaum noch leisten können.
    "Wir kommen auf Gehälter von unter 2.000 Netto. Dann kann man nicht mal eine Familie davon ernähren. Also: Wenn man alleine ist, kommt man gerade so über die Runden. Aber Menschen mit Familie haben da wirklich schlechte Karten. Man muss dann von weit anreisen. Manche Kollegen fahren 100 oder 120 Kilometer. Haben zwei Stunden Fahrt bis hier und zwei Stunden wieder heim und arbeiten zehn Stunden, das kann man ich von der Belastung her gar nicht vorstellen."
    "Ich sage mal so, für Einzelstehende ist das okay, aber für Leute mit Familien ist das unvorstellbar, dass man unter 2.000 Euro verdient. Das reicht gar nicht, um die 1.000 Euro sind mittlerweile die Mieten in Offenbach. Das kann nicht reichen."