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Fluglärm vor Gericht

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig verhandelt ab Dienstag über acht Musterklagen von Kommunen und privaten Klägergruppen gegen die neue Nordwestlandebahn des Frankfurter Flughafens. Die Kläger fordern ein dauerhaftes Nachtflugverbot, Lärmobergrenzen und höhere Entschädigungen durch den Flughafenbetreiber.

Von Anke Petermann | 12.03.2012
    "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Ruhe klaut!"

    Ende Oktober vergangenen Jahres wurde die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen in Betrieb genommen. Seitdem haben Tausende von Menschen aus Frankfurt, Offenbach, Hanau, Mainz, Hochheim und Flörsheim montags um 18 Uhr einen festen Termin: Man trifft sich in der Abfertigungshalle des Flughafens, um gegen die neue Landebahn und den wachsenden Fluglärm über immer weiteren Teilen des dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiets zu protestieren.

    Die 13-jährige Kristin Gegner und ihr vierjähriger Bruder kommen mit ihren Eltern aus Hochheim am Main.

    Kristin Gegner:

    "Mein Schreibtisch ist genau am Fenster, und wenn das Flugzeug drüber kommt, merke ich das am Vibrieren, das ist mir einfach zu laut beim Lernen."

    Ursula Gegner:

    "Bei Ostwind ziehen wir jetzt in den Keller, dass die Kinder einigermaßen ausgeschlafen sind. Wir sind praktisch in den Keller geflüchtet."

    Ob sie wegziehen sollen aus Hochheim, ist bei Gegners täglich Thema. Genau wie bei vielen Einwohnern im benachbarten Flörsheim. Dort donnern die Maschinen bei Ostwind weniger als 300 Meter tief über Wohnhäuser, Kitas und Krankenhaus.

    Zunächst mal wollen die in 70 Bürgerinitiativen organisierten Lärmbetroffenen aber kämpfen für den Abriss der neuen Piste, für weniger Überflüge, für ein erweitertes Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr morgens. Mit dabei auch Karin Schreiber aus der Mainzer Oberstadt in der südlichen Einflugschneise der neuen Nordwest-Landebahn. Sie fürchtet um die Gesundheit ihrer Familie:

    "Wir haben im Zwei-Minutentakt die Flieger über unserm Dach. Morgens um fünf geht's los bis 23 Uhr abends. Wir haben Kinder im Grundschulalter, die kommen abends nicht zur Ruhe. Die Konzentration in der Schule lässt in der Tat schon nach. Ganz abgesehen von den Emissionen, denen wir ausgesetzt sind. Ein normales Leben ist nicht mehr möglich."

    "Die Bahn muss weg", skandieren deshalb die Demonstranten und schwenken dabei Plakate gegen "Lärmterror", "Folter", "Käfighaltung" und "Profitgier" - gemeint ist die der Fluglinien und des Flughafenbetreibers. Zerquetscht zwischen Einflugschneisen, so stellt das Rentner-Ehepaar Kaiser aus Offenbach seinen Wohnort auf einem handgemalten Transparent dar:

    "Und die Flugzeuge werden nicht bedeutend leiser, wie man uns das versprochen hat, sondern die bleiben laut. Und jetzt ist noch eine Landebahn dazu gekommen, jetzt hören wir Fluglärm in Stereoton."

    Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt ab morgen über acht Musterklagen von Kommunen und privaten Klägergruppen. Unter anderem fechten die Stadt und das Klinikum Offenbach die Bau- und Betriebsgenehmigung für die neue Nordwest-Landebahn an. Sollten sie damit nicht durchkommen, fordern sie hilfsweise besseren Lärmschutz.

    Andere verlangen ein Nachtflugverbot, Lärmobergrenzen, höhere Entschädigungen durch den Flughafenbetreiber. Fraport tritt in Leipzig als Beigeladener auf. Eine Entscheidung wird in den kommenden Wochen erwartet.

    Grünes Licht für den Bau der neuen Bahn hatte 2007 die hessische Landesregierung gegeben. "Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot" hatte der damalige Ministerpräsident Roland Koch zuvor jahrelang versprochen - ein Versprechen, das der CDU-Politiker zugunsten der Luftverkehrsinteressen brach.

    Wie jeden Montag geht die Offenbacherin Sieglinde Kaiser heute am Rhein-Main-Flughafen demonstrieren, Gutbetuchte aus dem Frankfurter Süden an ihrer Seite.

    "Weil: die Immobilien sind nichts mehr wert, es darf auch in Offenbach nicht mehr gebaut werden, was Kindergärten oder Krankenhäuser angeht, es gibt einen Baustopp. Das macht alles kaputt."

    Ergraute Pensionäre neben jungen Familien mit Kindern, Gewerkschafter neben Besserverdienern aus Frankfurter Nobelvierteln, linke Umweltschützer neben Christdemokraten aus der rheinhessischen Provinz: Die Protestfront unter der großen Anzeigetafel in der Abflughalle ist exotisch breit.

    Japanische Umsteige-Passagiere halten montags abends ihre Handykameras auf die trommelnden, pfeifenden, rasselnden Wutbürger. Darunter auch die promovierte Volkswirtin Ursula Fechter. Die 66-Jährige aus Sachsenhausen klagt vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die neue Landebahn. Diese habe den Frankfurter Süden teilweise unbewohnbar gemacht.

    "Zum Beispiel heute morgen um fünf Uhr bin ich wie jeden Morgen aus dem Bett geworfen worden und konnte nicht mehr schlafen, weil die Flugzeuge wirklich im Tiefflug mit über 80 Dezibel mit aufgeblendeten Scheinwerfern über unser Haus donnern. Wir hatten vorher auch Fluglärm, das war über die alten Bahnen, wir hatten die Starts gehabt, das war aber auszuhalten. Wir haben damit gelebt - wir sind keine Flughafen-Gegner -, aber das ist eine Grenze des Wachstums, die ist nicht nur erreicht, sie ist damit absolut überschritten."

    Noch kein halbes Jahr ist die neue Piste in Betrieb, noch schöpft der Flughafenbetreiber die zusätzlichen Kapazitäten gar nicht aus. Mit 80, 90 Flugbewegungen pro Stunde ist der Airport weit entfernt von der Endausbaustufe. 2020 sollen 126 Starts und Landungen stündlich möglich sein. Die Jahreskapazität soll von einer halben Million derzeit auf dann über 700.000 Flugbewegungen ansteigen.

    Doch längst sind es nicht mehr nur die Bewohner der Anrainerkommunen, die auf die Barrikaden gehen. Die Nerven von Überflogenen im gesamten Rhein-Main-Gebiet zwischen Hanau und Mainz liegen hörbar blank. Eine ganze Region steht auf gegen die neuen Dimensionen des 75 Jahre alten, bis dato akzeptierten Frankfurter Flughafens - dieser Eindruck macht sich in der Öffentlichkeit breit. Zeit dagegenzuhalten für diejenigen, die den Ausbau als existenziell notwendig vorangetrieben haben.

    "Also, dieser Blick von dieser Bühne ist großartig. Es sind junge Menschen, es sind alte Menschen, es ist generationenübergreifend. Und das Schöne ist, dass wir alle an eine Sache glauben: Wir sagen ja zu FRA."

    Das Glaubensbekenntnis zum Flughafen, abgelegt auf dem Frankfurter Römerberg - wohl eine der merkwürdigsten Kundgebungen, die je hier stattfand. Etwa 8000 Beschäftigte am Airport werden teilweise in flughafeneigenen Bussen hin gekarrt, außerhalb der Arbeitszeit, wie der Flughafenbetreiber und die Fluglinien als Veranstalter versichern. Geschlossen angereist sind zum Beispiel zwölf junge Luftverkehrskaufleute in spe - dem Aufruf ihres Arbeitgebers zur Demonstration sind sie sozusagen aus Dankbarkeit gefolgt:

    "Weil Fraport unsere Zukunft ist."

    "Fraport bietet uns eine sehr gute Ausbildung."

    "Ja, mit Übernahmegarantie. Das heißt für junge Leute, die eine Ausbildung machen wollen, ist eben auch dieser Flughafen wichtig, und auch wenn er vergrößert wird.

    "Es ist Arbeit, und es ist nicht so einfach heute, Arbeit zu finden."

    Gemeinsam mit Piloten und Stewardessen in Uniform, mit Vorgesetzten und Betriebsräten schwenken die Azubis vorgefertigte "Winkelemente", wie Ausbaugegner später spotten. Ein Meer aus himmelblauen Plakaten, darauf ein wölkchenweißer Flieger und ein ebenso wölkchenweißes "Ja zu FRA" - das ist das internationale Kürzel für den Frankfurter Flughafen.

    Hinter dem professionellen Design steht die PR-Agentur Burson-Marsteller, spezialisiert auf Krisenkommunikation. Im Auftrag von Lufthansa, Condor und Fraport managt die Agentur die gleichnamige Pro-Flughafen-Kampagne mit Internetportal, Postwurfsendungen und Demo. Die Kundgebung - eine seltsame Mischung aus Personalversammlung und Pop-Show - mit den Vorstandsvorsitzenden als bejubelten Stars auf dem Podium:

    "Von der Deutschen Lufthansa Dr. Christoph Franz. Wir haben von der Cargo hier Karl Ulrich Garnadt und von der Condor Ralf Teckentrup."

    Als Kämpfer für Jobs und Wachstum in der Region werden die Vorstände beklatscht. Die generalstabsmäßig organisierte Demonstration soll der Öffentlichkeit klarmachen: Die Erweiterung des Rhein-Main Flughafens um die vierte Bahn ist unverzichtbar. Mit 70.000 Beschäftigten, davon knapp 20.000 allein beim Flughafenbetreiber, ist der Airport derzeit schon Deutschlands größte Arbeitsstätte. Mit dem Ausbau sollen noch in diesem Jahrzehnt Zehntausende Jobs dazu kommen, versprechen Landesregierung und Flughafenbetreiber. Ralf Przyrembel hat sich eine weiße Ordnerbinde übergestreift.

    "Man sieht das ja auch jetzt, dass die Verspätungen deutlich nach unten gegangen sind, das heißt, der war am Anschlag von der Kapazität her. Und jetzt sieht man, dass es sich deutlich entspannt, und das ist schon mal ein sicheres Zeichen, dass dieser Ausbau, die neue Landebahn, notwendig war."

    Hans-Christan Beck arbeitet seit 22 Jahren beim Flughafenbetreiber, davon eine Zeit lang in Saudi-Arabien. In dem sicheren Job bei Fraport sieht der Mann aus der Personalabteilung die Existenzgrundlage seiner Familie. Und sicher bleibe der Job nur, wenn sein Arbeitgeber den Flughafen vergrößere.

    "Ich habe auch den ausländischen Wettbewerb kennen gelernt und der ist wirklich sehr, sehr hart und sehr brachial. Und da geht es um internationale Verbindungen, die möglicherweise auch von Fraport abgezogen werden können, wenn andere Wettbewerber wie zum Beispiel Madrid oder wie Paris oder London oder aber auch Dubai bessere Bedingungen bieten können für diese großen internationalen Airlines."

    Bessere Bedingungen, damit meint Hans-Christian Beck auch die Möglichkeit, nachts zu fliegen. Ob das nach dem erstinstanzlichen Verbot des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wieder möglich wird, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Dafür, dass Leipzig Nachtflüge zulässt, demonstrieren an diesem sonnigen Märznachmittag auf dem Frankfurter Römerberg insbesondere Beschäftigte bei der Frachttochter der Deutschen Lufthansa, wie Schichtleiter Uwe Blank in der neongrünen Sicherheitsweste.

    "Ich bin natürlich gegen das Nachtflugverbot, weil es eine enorme Einschränkung hat für die gesamte Region, auch für uns für den Arbeitsplatz. Und man sieht's ja auch hier, viele Kollegen von mir von den Speditionen, von der Fraport, wie wichtig das Thema auch für uns ist, für die Belegschaft und für die Firma."

    Kurz vor der Eröffnung der neuen Landebahn hatte der Verwaltungsgerichtshof Kassel die vom Land genehmigten 17 Flüge gestrichen und ein absolutes Nachtflugverbot verhängt. So wie es die Mediation im Jahr 2000 vorgesehen hatte - als Ergebnis eines zweijährigen Vermittlungsprozesses zum Flughafenausbau.

    Lufthansa Cargo musste daraufhin den Winterflugplan kurzfristig komplett umgestalten und klagt, dass insbesondere das US- und Fernost-Geschäft auf Dauer leiden werde, wenn Medikamente und Maschinenteile nicht mehr so geflogen werden könnten, wie sie im Bestimmungsland für Weiterverarbeitung und Handel gebraucht würden.

    Zur Revision in Leipzig wurde das Unternehmen nicht zugelassen. Der Widerspruch dagegen ist noch nicht entschieden. Das derzeitige Nachtflugverbot behindere die Entwicklung der Frachttochter mit ihren 2700 Mitarbeitern, konstatiert Lufthansa Chef Christoph Franz in der Pressekonferenz zur "Ja zu FRA"-Kundgebung:

    "Wir sind nun mal eine der großen Exportnationen weltweit. Es gibt keine Drehscheibe vergleichbarer Größe in Europa, die ein vollständiges Nachtflugverbot hat. Es gibt überhaupt keinen Flughafen außer dem Flughafen in Zürich, glaube ich, der in Europa eine vergleichbar strikte Nachtregelung hat, wie sie derzeit hier in Frankfurt praktiziert wird. Dass das für die Heimatbasis einer der größten Frachtfluggesellschaften der Welt eine ganz deutliche Belastung darstellt, ist - glaube ich - klar. Wie sich langfristig das Geschäft weiter entwickelt - da ist nicht nichts, aber es wird eine andere Entwicklung nehmen."

    Entschieden wird aber erst nach dem Leipziger Urteil. Immer noch scheinen die Luftverkehrsunternehmen und die CDU-geführte hessische Landesregierung überrascht zu sein, dass das Nachtflugverbot als Ergebnis der Mediation gerichtlich durchgesetzt wurde. Obwohl Bouffiers Vorgänger Koch genau das der Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet vor einem Jahrzehnt zugesichert hatte. Als Ausgleich nämlich für die Mehrbelastung am Tag. Immer wieder forderte daher die Opposition im Hessischen Landtag, Ministerpräsident Bouffier möge die Revision zurückziehen. Grünen-Fraktionschef Tarek Al Wazir:

    "Also, die Landesregierung sagt, sie wolle etwas für mehr Lärmschutz tun und klagt gleichzeitig für mehr Lärm. Das ist aus unserer Sicht eine heuchlerische Position. Die betroffenen Kommunen klagen ja auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses beziehungsweise auf zusätzliche Betriebsbeschränkungen über das Nachtflugverbot hinaus. Dementsprechend wird es auf jeden Fall ein höchstrichterliches Urteil geben, auch wenn die Regierung ihre Revision zurückzieht."

    Das aber lehnte der CDU-Politiker Volker Bouffier unlängst in seiner Regierungserklärung zum wiederholten Mal kategorisch ab. Nicht, und das bekennt der Regierungschef, weil er Nachtflüge unbedingt wolle. Sondern weil er glaube, den Betrieb am größten deutschen Airport nur so rechtssicher machen zu können. Soll heißen: unanfechtbar auch gegen mögliche Klagen der Fluglinien, die mehr Nachtflüge verlangen könnten. Der Landesregierung sei es gelungen, so hob Bouffier in seiner Regierungserklärung hervor, ...

    " ... mit der Allianz für Lärmschutz 2012 - gemeinsam mit den Akteuren der Luftverkehrswirtschaft am Frankfurter Flughafen - ein beispielloses Lärmschutzpaket zu schnüren, das es so in Deutschland noch nie gegeben hat. Es muss leiser werden, und es wird leiser werden. 335 Millionen Euro zusätzliche Gesamtmittel für den passiven Lärmschutz und ein ganzes Paket wirkungsvoller Maßnahmen für den aktiven Lärmschutz. Das bedeutet schnelle und unbürokratische Hilfe für die Menschen, die unter dem Fluglärm leiden, meine Damen und Herren."

    Gespeist wird ein 270 Millionen Euro schwerer Regionalfonds unter anderem aus 100 Millionen an Dividende, die Hessen als 30-Prozent-Eigner der Fraport AG bereitstellt. Hauseigentümer, Kitas, Altenheime und Krankenhäuser in der Lärmschutzzone können mit Zuschüssen und günstigen Krediten Dächer isolieren, Schallschutzfenster und Lüftungstechnik einbauen.

    Die Landesregierung löse damit nur ein elf Jahre altes Mediationsversprechen ein, höhnt die Opposition. Und die Flörsheimerin Rosemarie Eichelmann geht trotz der angeblich einzigartigen Angebote weiter montags demonstrieren. Denn ihr Problem ist:

    "Dass bei der Bebauung dieses Gebietes schon 38-Dezibel-Fenster vorgeschrieben waren, und jetzt sollen 35-Dezibel-Fenster als Lärmschutzmaßnahme bewilligt werden. Also das kann ich mir schenken."

    Mit weiteren 70 Millionen Euro stockt der Flughafenbetreiber sein Immobilienankauf-Programm Casa auf. Auf dem auf fast einen halben Kilometer breiten Streifen um die Flörsheimer Endanflugzone bietet Fraport nun an, 1000 statt der bislang geplanten 500 Wohneinheiten anzukaufen. Wohl ein Eingeständnis, dass dieses Gebiet unbewohnbar ist. Rosemarie Eichelmann könnte davon profitieren, ihr Haus an Fraport verkaufen und wegziehen. Aber:

    "Meine Nachbarin neben mir hat 220.000 Euro geboten bekommen für ein Haus. Also, Sie können mit 30 Prozent weniger an Wert rechnen, als sie bezahlt haben."

    Das lässt den ersehnten Umzug für viele lärmgeplagte Flörsheimer scheitern. Für andere stark lärmbetroffene Kommunen gibt es gar kein Entschädigungsprogramm. Dafür aber sogenannten aktiven Schallschutz, so verkündet die Landesregierung, und zwar schon ab Herbst.

    Das heißt: Die Jets sollen die Siedlungsgebiete höher überfliegen, die neue Landebahn aus größerer Höhe und steiler anfliegen, dann im gleitenden Sinkflug ohne heulende Triebwerke einschweben. Für laute Flieger will Fraport den Airlines vom kommenden Jahr an höhere Gebühren abknöpfen. Die Lufthansa will ihre Flotte auf leisere Maschinen umrüsten. Tatsächlich also eine grandiose Lärmschutzallianz? Ein Ausgleich, mit dem Hessen der Republik zeigt, wie man große Infrastrukturprojekte auch heute noch menschenverträglich umsetzen kann?

    Wieder mal eine Mogelpackung, kontern genervte Montagsdemonstrantinnen aus Hochheim und Mainz:

    "Bei uns greifen die ganzen angesagten Lärmschutzmaßnahmen nicht, für das Casa-Programm sind wir zu weit weg, für die anderen Sachen zu nah dran, das heißt der Gleit- und der Sinkflug - das wird bei uns nicht greifen, weil irgendwann müssen die Dinger mal auf den Boden. Das heißt, uns nutzt das überhaupt nichts."

    "Was wir schon rausgehört haben, werden wir nur Lüftungsanlagen in der Hochheimer Südstadt erhalten. Und was haben wir von Lüftungsanlagen, wenn trotzdem das ganze Haus brummt, und die Kinder nicht lernen und nicht schlafen können?"

    "Der Zustand der Gereiztheit hört auf, wenn sich was geändert hat. Es wurde schon so viel versprochen und so viele Versprechen gebrochen, und bis es sich nicht geändert hat, solange werden wir hierher kommen und weiter für unser Recht auf Ruhe und Erholung in unseren eigenen vier Wänden pochen."

    Voller Hoffnung schauen die Demonstranten ab morgen aufs Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, auch weil sich das Umweltbundesamt mit Blick auf stadtnahe Flughäfen für eine erweiterte Nachtruhe ausgesprochen hat. Und dann ist da noch das neue Schadstoffgutachten eines Kieler Toxikologen.

    Gegner:

    "Weil ja jetzt wohl das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig auch die Gutachten zum Planfeststellungsverfahren noch mal überprüft in Bezug auf die Schadstoffe, die angeblich dreimal so hoch sind wie damals von Fraport ausgewiesen. Und ich denke, wenn dann rauskommt, dass mit gefälschten Gutachten dieses Planfeststellungsverfahren bekommen haben, dann muss es gekippt werden. Also jetzt beten wir erstmal, dass das Nachtflugverbot bleibt und dann kämpfen wir weiter für weitere Maßnahmen."

    Theoretisch ist alles möglich. Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in einigen Wochen das derzeit geltende Nachtflugverbot, dann atmen Fluglärmbetroffene erst mal auf. Die Bosse der Luftverkehrswirtschaft dürften dagegen fluchen. Sie müssen sich auf deutlich geringere Profite einstellen.