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Flugverkehrssteuer
Airlines zwischen Wettbewerb und Klimaschutz

Die Einführung der Flugverkehrssteuer 2011 habe zu einem Wettbewerbsnachteil geführt, klagen deutsche Fluggesellschaften. Doch die Passagierzahlen sind nicht zurückgegangen - wer würde auch zu einem ausländischen Flughafen fahren, um acht Euro zu sparen?

Von Verena Kemna | 20.11.2013
    Doch, genau das tun Fluggäste, sagt Klaus Peter Siegloch, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, kurz, BDL:
    "Die Passagiere, die ab Deutschland fliegen, müssen diese Gebühr zahlen, oder wir zahlen sie für die Passagiere. In den anderen Ländern ist das nicht der Fall. Das heißt also, wenn jemand über die Grenze nach Holland geht und dort in einen Flieger steigt, dann muß er keine Luftverkehrssteuer zahlen, und für viele ist das halt eine Alternative, um einiges Geld zu sparen."
    Zuwachsraten von früher bleiben aus
    Zwar sind die Passagierzahlen in Deutschland im vergangenen und in diesem Jahr bisher nicht zurückgegangen. Dennoch spricht BDL-Präsident Siegloch von einer Wettbewerbsverzerrung. So sei der Luftverkehr in Westeuropa doppelt so stark gewachsen wie in Deutschland. Aus Sicht des BDL ganz klar eine Folge der Luftverkehrssteuer:
    "Das Wirtschaftswachstum bei uns ist doppelt so groß wie in den Nachbarländern, aber bei denen wächst der Luftverkehr. Das heißt, das ist ein eindeutiger Hinweis darauf, dass sich auch Luftverkehr verlagert hat von uns in unsere Nachbarländer."
    Zuwachsraten des Luftverkehrs in Deutschland, wie es sie vor der Einführung der Luftverkehrssteuer gegeben hat, würden seit 2011 ausbleiben. Allein im vergangenen Jahr hätten die fünf deutschen Fluggesellschaften 530 Millionen Euro Luftverkehrssteuer gezahlt. Rote Zahlen bei vielen Fluggesellschaften und Flughäfen seien die Folge. Aus Sicht des BDL ist die Luftverkehrssteuer kein geeignetes Instrument um den Klimaschutz voranzubringen:
    "Im Gegenteil, wenn sie mit einem voll besetzten Flieger fliegen, dann müssen sie sehr viel Luftverkehrssteuer an das Finanzamt abführen und wenn sie mit einem dreiviertel leeren Flieger fliegen, und das ist ja besonders schädlich, dann zahlen sie besonders wenig. Das heißt, diese Luftverkehrssteuer hat mit Klimaschutz nichts zu tun."
    Andere Verbände, andere Bilanz
    Verbände wie der Verkehrsclub Deutschland, Brot für die Welt und Greenpeace ziehen im dritten Jahr seit der Einführung der Luftverkehrssteuer eine ganz andere Bilanz. So betonen die Umwelt- und Entwicklungsverbände, dass die Luftverkehrssteuer bisher das einzige effektive Instrument sei, um den Flugverkehr, den klimaschädlichsten Verkehrsträger, in Richtung Klimaschutz zu lenken, erklärt Daniel Moser von Greenpeace.
    "Die Wirksamkeit des Instruments ist ganz einfach, indem wir Geld, das bei der Luftverkehrssteuer eingenommen wird, verwenden, um Klimaschutzmaßnahmen durchzuführen und die Einnahmen von über einer Milliarde Euro können für Klimaschutz verwendet werden. Daran kann man die Wirksamkeit festlegen." Schließlich sei der Flugverkehr mit sieben Prozent am CO²-Ausstoß beteiligt.
    Dazu kommt, dass der Flugverkehr von der Kerosinsteuer befreit ist, außerdem fällt für internationale Flüge keine Mehrwertsteuer an. Quasi umweltschädliche Subventionen von jährlich über zehn Milliarden Euro. Friedrich Thießen von der Technischen Universität Chemnitz hat in einer Studie im Auftrag der Umwelt- und Entwicklungsverbände die Auswirkungen der Luftverkehrssteuer auf die Entwicklungen im Flugverkehr analysiert:
    "Man sieht also, der Luftverkehr hat sich in ganz normalen Bahnen bewegt, obwohl die Steuer erhoben worden ist, und das zeigt eigentlich nicht, dass irgendwelche Schäden entstanden sind wie das die Luftfahrtindustrie behauptet."
    Globaler Strukturwandel als Ursache
    Ein Wachstum bei grenznahen ausländischen Flughäfen, infolge der Luftverkehrssteuer, wird in dem Gutachten nicht festgestellt. Vielmehr sei der globale Strukturwandel für die Entwicklung der deutschen Luftfahrt verantwortlich, erklärt Finanzwissenschaftler Friedrich Thießen. Die Luftverkehrssteuer sei entwicklungsfähig, müsse aber angepasst werden.
    "Wenn sie zum Beispiel von den Passagieren verlagert werden würde auf die Flugbewegungen - das wäre eine ganz großartige Sache, denn nicht der Passagier soll ja betroffen werden, der will möglichst günstig fliegen, aber die Airlines sollen angeregt werden, möglichst wenige Flugbewegungen zu machen, um auf die Art und Weise möglichst wenig Sprit zu verbrauchen."
    Schon um dem Verursacherprinzip gerecht zu werden, fordern die Umwelt- und Entwicklungsverbände, dass die Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer vor allem für Maßnahmen zum Klimaschutz verwendet werden.