Freitag, 19. April 2024

Archiv

Förderung von Wohneigentum
Koalitionsstreit ums Baukindergeld

1.200 Euro pro Kind und Jahr soll es künftig geben. Doch wer wird vom Baukindergeld der Großen Koalition profitieren? Geld soll es nur für Eigenheime bis 120 Quadratmeter Fläche geben. Darüber gibt es weiter Streit.

Von Paul Vorreiter | 25.06.2018
    Modernisierte Doppelhaushelften in Mecklenburg-Vorpommern mit Straßenschild "Eigenheimsiedlung"
    Der Traum vom Eigenheim - das Baukindergeld soll helfen, ihn zu erfüllen (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Die Koalition aus CDU/CSU und SPD will Familien den Weg zum Eigenheim finanziell erleichtern, mit Hilfe eines Baukindergeldes. Darüber besteht immer noch Konsens, aber das Vorhaben stößt an Grenzen bei der Frage, wie viel sich diese Koalition überhaupt leisten kann.
    Damit die zwei Milliarden Euro, die im Koalitionsvertrag für die Wohneigentumsförderung vorgesehen sind, nicht überschritten werden, soll das Baukindergeld beschränkt werden. Neben einer Einkommensgrenze soll es auch eine Flächenobergrenze für förderungswürdige Immobilien geben. Darauf sollen sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD, und Bundesbauminister Horst Seehofer, CSU, geeinigt haben, hieß es am Wochenende.
    Das Baukindergeld sollen Familien über zehn Jahre hinweg erhalten, geplant ist ein Betrag von 1.200 Euro pro Kind und Jahr, allerdings darf das zu versteuernde Haushaltseinkommen 75.000 Euro plus 15.000 Euro pro Kind nicht übersteigen.
    Eine Grenze von 120 Quadratmetern
    Für eine vierköpfige Familie sieht das SPD-geführte Bundesfinanzministerium eine Grenze von 120 Quadratmetern vor: Bei Familien mit noch mehr Kindern soll die förderungswürdige Größe jeweils um zehn Quadratmeter pro Kind steigen. Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen, erklärte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio:
    "Es geht ja darum, diese Summe auch zu begrenzen, damit auch Geld übrig bleibt zum Beispiel für den Bau von Mietwohnungen. Und es ist jetzt an Horst Seehofer endlich ein Konzept vorzulegen, was das Ganze umsetzt. Wir müssen über die Quadratmeterzahl noch mal reden. Ich könnte mir vorstellen, dass wir auf 140 Quadratmeter gehen."
    Übermorgen trifft sich der Haushaltsausschuss zu seiner Bereinigungssitzung für den Bundesetat 2018. Dann dürfte feststehen, wie viel Geld tatsächlich für das Baukindergeld zur Verfügung steht und wie es auch um die Quadratmeterzahl steht.
    Ungerecht und unnötig bürokratisch
    Der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg bezeichnete im "Handelsblatt" eine Beschränkung auf 120 Quadratmeter als "ungerecht unnötig bürokratisch". Viele Familien, gerade auf dem Land, würden so vom Baukindergeld ausgeschlossen. Der Kritik schließt sich auch der Deutsche Landkreistag an. Präsident Reinhard Sager sieht in den Plänen die Gefahr, dass mehr Menschen in größere Städte ziehen würden und sich dort das Wohnungsproblem verschärfe.
    Der Deutsche Städtetag hält die Pläne dagegen für sinnvoll. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte der "Saarbrücker Zeitung", er finde, dass das Baukindergeld dazu beitrage, Wohneigentum zu fördern. In Großstädten werde die Entlastung für Familien wegen der hohen Immobilienpreise aber eher gering sein.
    Die Grünen halten das Baukindergeld insgesamt für falsch. Viel wichtiger sei es unter anderem, dass Kommunen etwa den sozialen Wohnungsbau fördern; es gehe auch um eine Stärkung des genossenschaftlichen Wohnens. Ekin Deligöz, Haushaltsexpertin der Grünen, sagte dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio:
    "Es geht darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und mit einem Baukindergeld, das sozusagen Leute, die ohnehin bauen wollen, obendrauf bekommen, haben sie zwar einen Mitnahmeeffekt, der Verkäufer preist das womöglich sogar in den Preis ein, dass das vermutlich ein Nullsummenspiel ist, aber am Ende lösen Sie das soziale Problem nicht."
    Zwei Milliarden reichen nicht
    Das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft IW hat ausgerechnet, dass die bislang von der Bundesregierung veranschlagten zwei Milliarden Euro bis 2021 kaum ausreichen dürften. Je nachdem, ob beim Baukindergeld auch Kinder berücksichtigt werden, die nach dem Hauskauf auf die Welt kommen, könnten bis zu knapp vier Milliarden Euro nötig werden.
    FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke hält das Baukindergeld für einen Irrweg. Er plädierte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio dafür, auf steuerliche Anreize zu setzen:
    "Warum kann ich denn nicht mal darüber nachdenken, eine Familie beim Grunderwerb zu entlasten? Warum muss der Staat daran verdienen, wenn eine Familie dafür sorgt, dass das Eigenheim als Basis für eine Generation Leben dann da ist? Das kann ich ohne Weiteres machen und nicht wieder so tun: an einer Stelle dem Bürger das Geld wegnehmen und es an einer Stelle mit einer falsch gelaufenen Subvention dann wieder als eine Art Geschenk zurückzugeben."
    Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Georg Pazderski sagte, die Förderobergrenze von 120 Quadratmetern sei nicht zeitgemäß. Die Folge wären Mini-Kinderzimmer. Die AfD fordert die Bundesregierung auf, das Baukindergeld nicht wie zunächst vorgesehen an eine Wohnfläche zu koppeln.