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Forschungen in der Nordsee
Risiken der CO2-Speicherung unter dem Meeresboden

Wenn es darum geht, wie das 1,5-Grad-Ziel in der Klimapolitik noch zu erreichen ist, spielt die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid eine wichtige Rolle. Aber viele Projekte sind bislang nicht über das Pilotstadium hinausgekommen. Das könnte sich bei CO2-Speicherung im Meer ändern.

Von Tomma Schröder | 15.05.2019
Schild mit der Aufschrift "Klimaschutz braucht CCS CO2 Speicherung" auf der Fridays for Future Demo in München am 22.3.2019
Schild mit der Aufschrift "Klimaschutz braucht CCS CO2 Speicherung" auf einer Fridays for Future Demo in München (www.imago-images.de)
Das Wetter ist sonnig, das Experiment läuft, und die Daten fließen. Doug Connelly, ist zufrieden. Gerade eben habe man die Fließrate des CO2 erhöht, berichtet der Ozeanograf aus Southhampton und Fahrtenleiter der "James* Cook".
Das britische Forschungsschiff ist im Moment gemeinsam mit der deutschen "Poseidon" vor der schottischen Küste, um dort künstlich Kohlendioxid freizusetzen. Aber warum eigentlich?
"Zum einen wollen wir schauen, was mit dem Kohlendioxid im Meerwasser passiert, zum anderen aber auch, was in den Sedimenten passiert: Gibt es Chemikalien, die aus den Sedimenten freigesetzt werden und die als Frühwarnsignal dienen können, wenn wir irgendeine Art von Leckage haben?. Denn das ist der große Schwerpunkt dieses Projekts: Wenn wir unterirdisch Kohlendioxid speichern, brauchen wir auch gute Überwachungstechniken für mögliche Leckagen. Nur so können wir das Vertrauen der Öffentlichkeit in diese Technologie stärken."
CO2-Speicherung in der Nordsee
Die Forscher simulieren quasi ein kleines Leck im Meeresboden, um ihre Messtechniken zu erproben und neue Methoden zu erforschen, wie solche Lecks in der riesigen Nordsee schnell gefunden werden könnten. Dafür kommen vor Schottland nun auch Tauchroboter zum Einsatz, die große Flächen eigenständig und kostengünstig abfahren und auf Leckagen kontrollieren könnten.
Denn dass es in der Nordsee zu Leckagen kommen könnte, wenn dort im Meeresboden CO2 gespeichert wird, ist nicht ganz unwahrscheinlich. Einfach, weil der Meeresboden durch die jahrzehntelange Förderung von Öl und Erdgas schon ziemlich durchlöchert ist, erzählt Klaus Wallmann.
"Wir haben mehr als 10.000 von diesen Bohrlöchern in der Nordsee. Man wird sicherlich versuchen, die zu vermeiden. Aber ob das immer gehen wird, ist fraglich. Gerade wenn man darüber nachdenkt, viele Speicher in der Nordsee zu betreiben, wird es schwer. Und was man dann machen muss, man muss sich diese Bohrlöcher kritisch angucken und schauen, ob die jetzt schon Methan emittieren. Und falls das der Fall ist, dann muss man natürlich ein intensives Monitoring machen, um zu gucken, was rauskommt, oder wenn was rauskommt, es zu quantifizieren."
Klaus Wallmann arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und hat lange Jahre auch im sogenannten Sleipner-Feld der Nordsee geforscht. Dort verpressen die Norweger schon seit fast 30 Jahren Kohlendioxid zurück in niedrigere Schichten der Erdgasfelder.
Hier haben die Forscher zwar nur Leckagen gefunden, aus denen Erdgas austritt. Aber wenn sich das CO2 im Untergrund irgendwann weiter in Richtung dieser leckenden Bohrlöcher ausbreiten würde, könnte es dort ebenfalls freigesetzt werden, meint Wallmann.
Schäden für Ökosysteme sind bei Leckagen überschaubar
"Deswegen haben wir gesagt: Okay, dann machen wir mal ein Experiment und gucken, was würde passieren, wenn was rauskommt, ungefähr in der Größenordnung, wie wir es beim Methan beobachtet haben. Wir haben also die entsprechende Menge an CO2 freigesetzt und dann geschaut, was passiert eigentlich mit dem CO2? Wir sehen, dass das CO2 sich dann sehr schnell am Boden auflöst. Zwei Meter über dem Boden ist es schon völlig in Wasser aufgelöst. Das ist einerseits gut, weil es dann nicht direkt in die Atmosphäre geht. Auf der anderen Seite verursacht das aber eine Versauerung des Meerwassers, und das schädigt die Organismen, die direkt an diesem Leck leben."
Ihre Ergebnisse aus dem Experiment haben die Forscher um Klaus Wallmann gerade veröffentlicht. Der Schaden etwa auf kalkbildende Organismen ist demnach auf eine sehr kleine Fläche von 50 Quadratmetern um die Austrittsöffnung beschränkt.
"Das heißt, wir sagen im Kern: Das geht wahrscheinlich mit den Speichern. Es kommt möglicherweise zu Leckagen, aber wenn es so kommt, ist der Schaden überschaubar."
Kurzfristig keine Lösung zur Reduzierung von CO2-Emission
Diese Botschaft wird weitere CCS-Vorhaben im Meer wahrscheinlicher machen. Gerade haben etwa die Niederlande und Belgien ein gemeinsames Projekt gestartet, bei dem ab 2030 rund zehn Millionen Tonnen Kohlendioxid aus den großen Seehäfen in ein leeres Erdgasfeld vor der niederländischen Küste verpresst werden sollen.
Mark Lawrence, Direktor am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, blickt mit gewisser Skepsis auf solche Vorhaben: Im großen Maßstab könnte CCS höchstens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts eine echte Rolle spielen, meint er. Man müsse aber jetzt und heute die Kohlendioxid-Emissionen reduzieren.
*In der ersten Version dieses Beitrags und in der Audiofassung wurde hier ein falscher Name genannt. Wir haben den Fehler korrigiert.