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Forschungs-Gutachten EFI
Einiges erreicht, aber noch viel zu tun

Mehr Geld und bessere Bedingungen: In Sachen Forschung hat sich viel getan in Deutschland, so das Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation EFI. Es hakt allerdings beim Thema Digitalisierung. Und auch an den Universitäten gibt es Verbesserungsbedarf.

Von Christine Habermalz | 15.02.2017
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) nimmt vom Vorsitzenden der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), Prof. Dietmar Harhoff, Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, am 15.02.2017 im Bundeskanzleramt in Berlin das Jahresgutachten 2017 zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands entgegen.
    Kanzlerin Merkel erhält das Gutachten zu Forschung und Innovation. (dpa / picture-alliance / Bernd von Jutrczenka)
    Das Lob kam vor der Kritik. Seitdem die Kommission vor zehn Jahren ihre Arbeit aufgenommen hat, ist in Deutschland in Sachen Forschung und Entwicklung viel passiert, so die unabhängige Expertenkommission Forschung und Innovation EFI. Als Wissenschaftsstandort ist das Land deutlich attraktiver geworden, die Forschungsbedingungen sind besser denn je – es zahle sich aus, dass in den letzten zehn Jahren so viel an öffentlicher Förderung in Wissenschaft und Entwicklung geflossen ist wie nie zuvor.
    Erstmals wurde das Drei-Prozent-Ziel der OECD erreicht, das heißt, die Höhe der Ausgaben für Forschung und Entwicklung entspricht drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Doch um international an der Spitze mithalten zu können, reiche das nicht aus, warnte Kommissionsvorsitzender Dietmar Harhoff.
    "Deutschland ist dem Ziel, eine führende Rolle als Innovationsstandort zu spielen, erheblich näher gekommen. Es wurde etliches erreicht. Trotzdem gilt aber der Satz von Roman Herzog, die Welt ist im Aufbruch und sie wartet nicht auf Deutschland. Wir haben also keine Möglichkeit, und jetzt sehr viel Zeit für weitere Maßnahmen zu nehmen."
    Abzüge im Bereich Digitalisierung
    Bis 2025 müssten es mindestens 3,5 Prozent des BIP sein, so die Forderung der Experten. Und die Forschungsförderung im Bereich Digitalisierung müsse sich in naher Zeit verdoppeln. Denn hier sieht die Kommission die größten Hemmnisse für Forschung und Innovation in Deutschland. Bei der Digitalisierung liege Deutschlande in fast allen Bereichen international zurück.
    Damit drohten langfristig erarbeitete deutsche Wettbewerbsvorteile wieder verloren zu gehen, warnten die Experten. In den kommenden Jahren stehe Wissenschaft und Forschung in Deutschland vor großen Herausforderungen, so Harhoff.
    "Die Umsetzung von Klimaschutzzielen, der Umgang mit der alternden Gesellschaft, der Aufbau einer zukunftsfähigen Energieversorgung und die Gestaltung des digitalen Wandels. Die Forschungs- und Innovationspolitik ist zudem mit der Frage konfrontiert, ob Innovationsprozesse zunehmend Ungleichheit erzeugen."
    Universitäten sollen gefördert werden
    Sprich: Innovation und digitaler Umbruch dürfe nicht dazu führen, dass ein großer Teil der Bevölkerung seinen Arbeitsplatz verliert und abgehängt wird – in einer Zeit, in der Wissenschaftsskepsis ohnehin um sich greift. Auch sonst setzten die Experten die Zielmarken hoch. Bis 2025 sollten mindestens drei deutschen Universitäten unter den 30 weltweit führenden sein, so ihre Forderung – bislang ist es nur eine.
    Und Deutschland soll in fünf Jahren unter den fünf führenden Ländern bei der digitalen Infrastruktur sein. Dem deutschen Wissenschaftssystem stellten die Experten ein gemischtes Urteil aus. Die zusätzlichen Fördermittel vor allem des Bundes hätten zu einem Mehr an Forschung und Kooperation geführt, durch mehr Drittmittel gebe es außerdem deutlich mehr wissenschaftlichen Nachwuchs.
    Doch weil die Studierendenzahlen noch schneller gewachsen sind als die Zahl der Professoren, habe sich das Betreuungsverhältnis sogar verschlechtert. Auf eine hauptamtliche Professur kämen aktuell 59 Studierende. Und es gebe noch immer kaum Karriereoptionen für die Nachwuchswissenschaftler. Als Lösung gebe es nur eins: Mehr unbefristete Professoren einstellen – und den jungen Wissenschaftlern Übergangsmöglichkeiten in die Wirtschaft zu ermöglichen.
    Wissen in die Gesellschaft tragen
    Ein Innovationshindernis sehen die Experten auch im unzulänglichen Wissenstransfer. Immer noch bleibe zu viel an Wissen in den Universitäten hängen, so die Kritik, Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen bemühten sich nicht genügend darum, ihre Daten und Ergebnisse in die Gesellschaft zu tragen.