Verstörend der dritte Abend des Forum neuer Musik: The Clotilde Entertainment macht das wieder bemerkenswert zahlreiche Publikum sprachlos: Was anfangen mit alledem? Mit der rasanten Montage höchst heterogenen Film- und Bildmaterials, mit den seltsamen Aktionen und Klängen, die das Visuelle begleiten, grundieren und treiben. Ist Lachen erlaubt, wenn Kim Jong-Il eine Lebensmittelhandlung besucht und Kartoffeln und Gurken bewertet und fünf Aerobic-Eleven dazu beim Dauerlauf Blockflöte blasen? Ist es lächerlich oder tragisch, wenn sich ein junger Wehrmachtsoffizier mit seiner künftigen Witwe im Walzertakt dreht, zu trashigem Sound, und verschnitten mit einer heutigen Seniorentanzstunde.
Was, bitte, ist daran "Neue Musik"?
Die jungen Performer-Komponisten Niklas Seidl, Paul Hübner und Florian Zwissler präsentieren beim Forum 2014 eine höchst eigen-artige Collage von Splittern, Zitaten, Parodien und Aktionen aus Kunst, Alltags-und Mediengeschichte. Verknüpft mit schonungslosem Humor und derbem Klamauk artikuliert sich darin ein unbestechlicher politischer (d.h. medialer) Blick einer jungen Künstlergeneration.
Kurze Zeit später Klaviermusik. Gut 100 Interessierte lauschen nach 22:00 Uhr interessiert Thomas Günther, der unbekannte Klaviermusik russischer Futuristen der 1920er Jahre vorträgt.
Ein Abend, der lange nachwirken wird, weil sich Kunst als nicht leicht konsumierbar oder besser: rubrizierbar - erweist. Er bot zugleich einen dramaturgisch guten Kontrast zu den tagsüber ernsthaft geführten Symposiums-Debatten.
Frank Kämpfer