Freitag, 19. April 2024

Forum neuer Musik 2014
Bemerkenswert seltsame Aktionen und Klänge - das bot das Samstagsprogramm

Sprachlosmachendes Samstagsprogramm: The Clotilde Entertainment montierten rasante wie verstörende Filmsequenzen und Bilder mit seltsamen Aktionen und Klängen. Seidl, Hübner, Zwissel artikulierten die unbestechliche Sichtweise einer jungen Künstlergeneration. Thomas Günther spielte unbekannte russische Klaviermusik der 1920er Jahre.

06.04.2014
    Vier Künstler in Aerobicanzügen laufen blockflötespielend über die Bühne, auf eine Leinwand im Hintergrund ist ein schwarz-weiß-Film projeziert, der ein Mädchen mit Zöpfen im schwarzen Kleid zeigt.
    "Clotilde Entertainment" während ihrer Performance im Kammermusiksaal des DLF (Thomas Kujawinski / Deutschlandradio)
    Verstörend der dritte Abend des Forum neuer Musik: The Clotilde Entertainment macht das wieder bemerkenswert zahlreiche Publikum sprachlos: Was anfangen mit alledem? Mit der rasanten Montage höchst heterogenen Film- und Bildmaterials, mit den seltsamen Aktionen und Klängen, die das Visuelle begleiten, grundieren und treiben. Ist Lachen erlaubt, wenn Kim Jong-Il eine Lebensmittelhandlung besucht und Kartoffeln und Gurken bewertet und fünf Aerobic-Eleven dazu beim Dauerlauf Blockflöte blasen? Ist es lächerlich oder tragisch, wenn sich ein junger Wehrmachtsoffizier mit seiner künftigen Witwe im Walzertakt dreht, zu trashigem Sound, und verschnitten mit einer heutigen Seniorentanzstunde.
    Was, bitte, ist daran "Neue Musik"?
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Die Veranstaltungen und Konzerte des Forum neuer Musik 2014 haben große Publikumsresonanz. (Thomas Kujawinski / Deutschlandradio)
    Die jungen Performer-Komponisten Niklas Seidl, Paul Hübner und Florian Zwissler präsentieren beim Forum 2014 eine höchst eigen-artige Collage von Splittern, Zitaten, Parodien und Aktionen aus Kunst, Alltags-und Mediengeschichte. Verknüpft mit schonungslosem Humor und derbem Klamauk artikuliert sich darin ein unbestechlicher politischer (d.h. medialer) Blick einer jungen Künstlergeneration.
    Zwei junge Männer in grauen Sweatshirts und rotem Tuch um den Hals sprechen mit dem einem dritten Mann, der Jackett und Schiebermütze trägt.
    Paul Hübner und Niklas Seidl im Gespräch mit dem Komponisten Maximilian Marcoll (v.l.n.r.) (Thomas Kujawinski / Deutschlandradio)
    Kurze Zeit später Klaviermusik. Gut 100 Interessierte lauschen nach 22:00 Uhr interessiert Thomas Günther, der unbekannte Klaviermusik russischer Futuristen der 1920er Jahre vorträgt.
    Ein Abend, der lange nachwirken wird, weil sich Kunst als nicht leicht konsumierbar oder besser: rubrizierbar - erweist. Er bot zugleich einen dramaturgisch guten Kontrast zu den tagsüber ernsthaft geführten Symposiums-Debatten.
    Frank Kämpfer
    Auf einer halbdunklen Bühne sitzt ein Mann an einem Konzertflügel und spielt vor Publikum.
    Thomas Günther spielt russische Klaviermusik der 1920er Jahre (Thomas Kujawinski / Deutschlandradio)