Dienstag, 23. April 2024

Forum neuer Musik 2022
Con doble mirada – mit doppeltem Blick

Es reicht heute nicht, einstmals kolonialisierte Kontinente neu ins eigene Blickfeld zu rücken. Es gilt vielmehr, die Perspektiven „der anderen“ wahrzunehmen, zu verstehen und zu akzeptieren. Das Forum neuer Musik 2022 versucht das in Bezug auf zeitgenössisches Komponieren in Lateinamerika. Hier der Überblick.

Von Frank Kämpfer | 04.11.2021
    Auf einem blauen Banner ist das Datum 5. bis 28.11.2022 zu lesen, den Zeitraum, in dem das Forum neuer Musik 2022 unter dem Motto "Mit doppeltem Blick" stattfindet.
    Was sich in Europa als ereignisreiche Geschichte des Fortschritts darstellt, ist für Lateinamerika ein dunkler Zeit-Block von Fremdherrschaft und Ausbeutung. Noch immer sorgt das Echo des Kolonialismus für Instabilität und Abhängigkeit. Zugleich beanspruchen die Kulturen und Staaten Lateinamerikas im Weltgeschehen heute eigene Stimmen. Zu globalen Fragen der Gegenwart bringen sie unverzichtbares historisches Wissen mit ein.

    Perspektivwechsel

    Das Forum neuer Musik geht davon aus, dass es nicht mehr ausreichend ist, zeitgenössische Kunst und Wissensproduktion aus Lateinamerika wie aus Europa allein aus eurozentrischer Sicht zu erfassen – es gilt vielmehr, Perspektiven „der anderen“ wahrzunehmen, anzuerkennen. Doppelte Wahrnehmung ist folglich Thema und Werkzeug der diesjährigen Forums-Ausgabe. Dabei streifen wir verschiedene Welten und Generationen zeitgenössischen Komponierens in Chile, Kolumbien, Argentinien und Uruguay.

    Musikprojekte und Wissensformate

    Das Ensemble Aventure dokumentiert sein langjähriges Engagement für die Pioniere der lateinamerikanischen Avantgarde. Die Dresdner Formation AuditivVokal singt neuere Werke aus Chile, die kompositorisch Material indigener Kulturen aufnehmen. Eva Zöllner präsentiert zeitgenössisches Komponieren für das Akkordeon in Kolumbien. Im Projekt des Ensembles Recherche setzen sich Komponierende mit europäischer Musik auseinander, die einst in kolonialen Zusammenhängen entstand. Der Deutschlandfunk hat insgesamt sechs Kompositionsaufträge vergeben.
    Die künstlerischen Projekte werden beim Forum 2022 von musikjournalistischen Formaten flankiert. Zur Debatte stehen alte indigene Rituale, dekoloniale Diskurse von heute und Weichenstellungen zu einer eigenständigen lateinamerikanischen Moderne. In Anbetracht des unklaren Fortgangs der Corona-Pandemie wird das Forum 2022 als reines Radio-Festival produziert und in acht Sendungen ausgestrahlt: im Programm des Deutschlandfunks und auf deutschlandfunk.de.
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    Literaturliste

    Sammlung unserer Empfehlungen zum Thema: Download hier.

    Programm

    Programmflyer als PDF-Datei (Download)
    Samstag, 5.11.2022 / 22.05 Uhr / Atelier neuer Musik
    Postcolonial Recherche Fellows
    Einführung Forum neuer Musik 2022
    Von Leonie Reineke
    Samstag, 12.11.2022 / 22.05 Uhr / Atelier neuer Musik
    Paradoxe Emanzipation
    Lateinamerika und der Neoklassizismus
    Von Ingo Dorfmüller
    Samstag, 19.11.2022 / 22.05 Uhr / Atelier neuer Musik
    La visión de los vencidos
    Lesarten der Geschichte bei Eduardo Bértola und Graciela Paraskevaídis
    Von Tina Vogel
    Montag, 21.11.2022 / 21.05 Uhr / Musik-Panorama
    Ecos Australes
    Die Ethnien Chiles in neuer Musik
    Ensemble AuditivVokal
    Dienstag, 22.11.2022 / 22.05 Uhr / Musikszene
    Kultrun, Trutruca, Pifilca
    Gesänge und Rituale der Mapuche in Chile
    Von Bettina Brand
    Samstag, 26.11.2022 / 22.05 Uhr / Atelier neuer Musik
    Voces, señales
    Zeitgenössische Akkordeonmusik aus Kolumbien
    Eva Zöllner, Akkordeon
    Sonntag, 27.11.2022 / 21.05 Uhr / Konzertdokument der Woche
    EXIT PLUS ULTRA
    Ein postkolonialer Radioabend mit dem Ensemble Recherche nach Johannes Schöllhorns Buch “Karte, Uhr und Partitur“ Elisa Erkelenz, Dramaturgie
    Montag, 28.11.2022 / 21.05 Uhr / Musik-Panorama
    Los cadadías
    Das Ensemble Aventure spielt Schlüsselwerke der lateinamerikanischen Avantgarde
    Mit einem Essay von Jens Kastner zur dekolonialistischen Theorie
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    Förderer und Partner

    Kunststiftung NRW
    Ernst von Siemens Musikstiftung
    Goethe-Institut
    Musikfonds
    Neustart Kultur

    Verantwortlich

    Programm, Organisation, Redaktion:
    Frank Kämpfer

    Redaktionsassistenz:
    Martina Bedzent, Angie Herrlich

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    Projektbild:
    Anja Enders