Freitag, 29. März 2024

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Fotografin Danna Singer
Beklemmende Fotos der "vergessenen Amerikaner"

US-Präsident Donald Trump nimmt gerne für sich in Anspruch, den "vergessenen Amerikanern" eine Stimme zu geben. Darüber kann die Fotografin Danna Singer nur bitter lachen. Sie selbst ist in ärmsten Verhältnissen aufgewachsen, ist dieser Welt entkommen und hat sie später in bedrückenden Bildern festgehalten.

Von Jasper Barenberg | 31.10.2018
    Motherhood - ein Bild von US-Fotografin Danna Singer
    Motherhood - ein Bild von US-Fotografin Danna Singer (Danna Singer)
    Die Herbstsonne taucht alles in ein warmes Licht, in der Zwei-Zimmer-Wohnung von Danna Singer: den Holztisch mit den drei Stühlen, das ausladende grüne Sofa, die hellgrau gestrichenen Wände. Später wird sie zur Uni fahren und Fotografie unterrichten - wie fast jeden Tag in der Woche. Die beiden Söhne sind erwachsen und aus dem Haus. Ein geordnetes Leben in Philadelphia. Aber dass zu erreichen - dafür hat Danna Singer hart kämpfen müssen. Und ohne ihre Kamera hätte sie es wohl nicht geschafft.
    Mit 16 ist sie gerade von der Schule geflogen als sie zu fotografieren beginnt, Anerkennung dafür erfährt. Das war ihre Rettung, erzählt sie im Rückblick.
    Sie schafft doch noch den Schulabschluss - als erste und einzige in der Familie. In einem Landstrich von New Jersey, der von bitterer Armut geprägt ist, von Krankheit, von Drogensucht. In einer Welt, in der es nur darum geht, etwas zu essen zu besorgen – und dafür Kleingeld zusammen zu kratzen. Dass sie etwas Besseres verdient - dieser Gedanke war es nicht, der Danna Singer damals angetrieben hat. Sondern ihre Wut.
    Fotografin Danna Singer in ihrer Wohnung in Philadelphia, Oktober 2018, Jasper Barenberg
Nur in Zusammenhang mit Berichterstattung übert Danna Singer nutzen.
https://dannasinger.photoshelter.com
    Fotografin Danna Singer in ihrer Wohnung in Philadelphia (Deutschlandradio / Nils Heider)
    Sicherheit und Geborgenheit will sie für ihr Leben. Und dass Kunst einen Platz darin hat. Aber Danna Singer fügt sich auch den Erwartungen ihrer Umgebung, heiratet mit 24, bekommt zwei Söhne, trennt sich, lässt sich scheiden. Erst danach schafft sie es an eine Kunsthochschule in New York - und später sogar an die Universität in Yale.
    Die Geschichte der "working poor"
    Hier beginnt sie auch, Freunde und Verwandte aus ihren Kindertagen in New Jersey zu fotografieren. Ihre Schwester, die mit 15 ein Kind bekam, ihre drogenkranke Cousine, nackt auf dem Klo. Ein unverhüllter Blick auf Leben voller Not, Enge und Hoffnungslosigkeit. Für Danna Singer fügen sich die Fotos zu einer Geschichte der "working poor". Der Menschen, die arbeiten und doch in Armut leben.
    Bitte nur im Zusammenhang mit Bericht von Jasper Barenberg über Danna Singer nutzen.
https://dannasinger.photoshelter.com
Oktober 2018, Jasper Barenberg
"zwei von Danna Singer zur Verfügung gestellte Originale als Datei. Sie hat die Rechte für diesen Zweck freigegeben."
    Bathroom - ein Bíld von US-Fotografin Danna Singer (Danna Singer )
    "Ich wünschte, es gäbe eine Garantie, dass Fotos wie diese helfen, den Reichtum in diesem Land gerechter zu verteilen. Und uns besser um alle Menschen in diesem Land zu kümmern."
    Aber in Zeiten von Donald Trump hält Danna Singer einen solchen Wandel für ausgeschlossen. Dass sich ausgerechnet dieser Präsident als Schutzpatron der vergessenen Amerikanern gibt, hält sie für einen schlechten Witz.
    Trump kommt ihr wie ein betrunkenere Onkel in einer Familie vor. Der alle mit einfachen Worten anspricht - und doch außer Kontrolle geraten ist. Indem er etwa den Rassismus ihrer Heimat bedient. Die hat Danna Singer hinter sich gelassen – wenn auch nicht ganz. Willst Du erleben, wie blanke Verzweiflung aussieht? fragt sie zum Abschied in ihrer Wohnung in Philadelphia. Denn man muss von dort die Straße nur ein paar Hundert Meter weiter hinunter fahren. Dort stapelt sich der Müll in aufgelassenen Grundstücken. Dort hocken Drogenkranke mit leerem Blick auf dem Gehweg.