Donnerstag, 18. April 2024

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Fotomontagekünstler John Heartfield
Hitler mit federbesetzter Pickelhaube

John Heartfield gilt als Erfinder der politischen Fotomontage. Seit den 20er-Jahren bezog er mit seiner ungewöhnlichen Kunst Stellung gegen Militarismus, Krieg und Faschismus und erreichte mit seinen Plakaten und Titelblättern Millionen Menschen. Am 19. Juni 1891, vor 125 Jahren, wurde er in Berlin geboren.

Von Anette Schneider | 19.06.2016
    Die Titelseite der Arbeiter Illustrierten Zeitung (AIZ) mit der Fotomontage "Mimikry" aus dem Jahr 1934 von John Heartfield in der Kölner Ausstellung "Marinus - Heartfield - Politische Fotomontage der 1930er Jahre".
    Die Titelseite der Arbeiter Illustrierten Zeitung (AIZ) mit der Fotomontage "Mimikry" aus dem Jahr 1934 von John Heartfield in einer Kölner Ausstellung. (picture alliance / dpa / Foto: Oliver Berg)
    Die Fotomontage zeigt Adolf Hitler in einer Orden übersäten Uniform mit lächerlicher, federbesetzter Pickelhaube auf dem Kopf. Darüber stehen die Worte: "Seine Majestät Adolf". Und unter dem Bild: "Ich führe euch herrlichen Pleiten entgegen!" Die Montage entstand 1932 für die "Arbeiter Illustrierte Zeitung".
    "Es ist die praktische Kampfarbeit! Woche um Woche ein Titelblatt für die AIZ. Aufklärungsarbeit in einer Sprache, die die Massen verstehen!"
    Das schreibt der Kunsthistoriker Paul Westheim 1935 über John Heartfield, den Erfinder der politischen Fotomontage, der Kunst als Waffe gegen Krieg und Faschismus einsetzt.
    "Heartfield gruppiert, er kombiniert, er montiert, bis jene Fassadenherrlichkeit, die Hitler und die Seinen aufgebaut haben, um ein großes Volk zu verblenden, dasteht als das, was sie in Wirklichkeit ist: Als der Massenbetrug und der Massenschwindel, welcher Freiheitsbewegung, deutscher Sozialismus, Friede sagt und Knechtung, kapitalistische Ausbeutung, Krieg und eroberungslüsterne Hasardeure meint."
    John Heartfield wurde am 19. Juni 1891 als Helmuth Herzfeld in Berlin geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern wuchs er bei Verwandten in Wiesbaden auf. Mit 14 Jahren begann er eine Buchhändlerlehre. Doch eigentlich wollte er Künstler werden.
    "Es gelang mir, allein nach München zu kommen. Und es gelang mir auch, die Prüfung in der Münchner Kunstgewerbeschule zu bestehen. Und nach Beendigung meines Münchner Studiums ging ich nach Mannheim in die Papierverarbeitungsfabrik der Gebrüder Bauer, um dort als erster Zeichner zu arbeiten."
    1913 zog er nach Berlin. Schon im Herbst 1914 musste er zum Militär. Vor dem Einsatz an der Front bewahrte ihn sein produktiver Zorn:
    "Vor allem mein großer Hass gegen Krieg und das deutsche Militär und den deutschen Spießer."
    Entwicklung der politischen Fotomontage
    So simulierte er eine Nervenkrankheit und wurde aus der Armee entlassen. Da er die deutsche Kriegshetze gegen England unerträglich fand, nannte er sich fortan John Heartfield. Und mit George Grosz, Erwin Piscator und seinem Bruder Wieland Herzfelde entwarf er satirische Zeitschriften und Kollagen, die alles Bürgerliche lustvoll zertrümmerten.
    "Damals wurden wir Dadaisten. Natürlich war das eine gewisse, ich möchte sagen nihilistische Haltung von uns Künstlern. Sie konnte auch gar nicht anders sein, denn zum großen Teil stammten wir aus dem Bürgertum und hatten vor allen Dingen nicht die Verbindung zu der Arbeiterschaft, die wir hätten haben müssen."
    1918/19 folgte die Novemberrevolution. Heartfield und seine Freunde traten in die KPD ein. Die junge Republik allerdings entpuppte sich schnell als Farce. So entwickelte Heartfield die politische Fotomontage, mit der er Kritik übte an den neuen alten Machtverhältnissen, an Militarisierung, sozialer Not und Arbeitslosigkeit.
    "Meine Aufgabe sah ich darin, mit der Fotografie, der Zusammenstellung zweier Fotografien unter Umständen, die Wahrheit den Menschen zu sagen über die Lage, in der die Menschheit sich befand."
    Heartfield entwarf Montagen für die KPD und die AIZ, für Flugblätter und Plakate, für Buchumschläge der im eigenen Malik-Verlag herausgegebenen Romane von Upton Sinclair bis Majakowsky, für Bühnenbilder von Piscators Theater. Viele seiner Arbeiten, die ab Ende der 20er-Jahre gegen Krieg und Faschismus entstanden, wurden weltberühmt: Hitler als Friedensengel. Göring als Henker mit Schlachterbeil vor dem brennenden Reichstag. Justitia, eingewickelt in Mullbinden.
    Gleich nach der Machtergreifung der Faschisten floh Heartfield ins Exil nach Prag. 1938 flüchtete er weiter nach London, wo er in Internierungslagern schwer erkrankte. 1950 kehrte er zurück nach Deutschland - in die DDR. Bis zu seinem Tod 1968 arbeitete er für Verlage und Theater und zahlreiche Museen stellten seine Werke aus. Doch noch heute gilt, was Heartfield bereits einst im Exil so erklärte:
    "Die Montagen sind an sich nicht geschaffen, um in einer Ausstellung aufgehängt zu werden. Ihr Sinn ist, auf die Massen zu wirken. Der Ort, wohin sie gehören, ist das Hirn der Massen!"