Mittwoch, 24. April 2024

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Fracking
Die Risiken beherrschbar machen

Der Umweltausschuss des Bundestages diskutiert heute über Fracking. Rolf Emmermann von der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften befürwortet die Technologie. "Aus wissenschaftlicher und technischer Sicht konnten wir keine Argumente finden, die gegen einen prinzipiellen Einsatz von Fracking sprechen," sagte er im DLF.

Rolf Emmermann im Gespräch mit Georg Ehring | 08.06.2015
    Ein Fracking-Bohrturm in der Abenddämmerung.
    Beim Fracking müsse gewährleistet werden, dass Bohrungen keine Lecks haben - "das ist machbar", sagte Rolf Emmermann. (dpa/picture alliance/Jim Lo Scalzo)
    Georg Ehring: Die herkömmlichen Quellen für Öl und Gas werden langsam weniger und die Aufmerksamkeit der Fördergesellschaften richtet sich auf schwerer ausbeutbare Quellen. Fracking ist eine Methode, Gas zu gewinnen, das sonst unerreichbar für den Menschen wäre. Dabei wird unter hohem Druck eine Flüssigkeit sowie Sand in tiefe Gesteinsschichten geschickt. Sie sollen das dort gebundene Gas freisetzen. Doch die Methode ist umstritten. Vor allem nachteilige Folgen für die Umwelt werden befürchtet. Wie stichhaltig die Bedenken sind, darüber diskutiert heute Nachmittag der Umweltausschuss des Bundestages. Unter anderem die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften Acatech wird dort ihre Erkenntnisse präsentieren. Sie ist für das Fracking, wenn Umweltauflagen beachtet werden. Ich habe ihren Fracking-Experten Rolf Emmermann gefragt, warum er die unkonventionelle Gasförderung befürwortet.
    Rolf Emmermann: Wir haben uns im Rahmen der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften in einer Projektgruppe in den letzten zwei Jahren mit dieser Technologie des Fracking beschäftigt und sind zu der Meinung gekommen, dass wir generell aus wissenschaftlicher und technischer Sicht keine Argumente finden, die gegen einen prinzipiellen Einsatz von Fracking sprechen, wenn man ganz sorgfältig mit dieser Technologie umgeht und sich an klare Regeln und Vorschriften hält.
    Ehring: Worauf muss man denn jetzt Ihrer Ansicht nach achten, wenn man Fracking in Deutschland sicher einsetzen will?
    Emmermann: Erst mal möchte ich erwähnen, dass Fracking aus meiner Sicht eine etablierte Technologie ist. Sie ist weltweit seit den 1940er-Jahren des letzten Jahrhunderts über drei Millionen Mal eingesetzt worden und in Deutschland wurde diese Technologie bis zu dem Moratorium vor zwei Jahren auch seit 1961 genutzt, speziell für die Kohlenwasserstoff-Förderung, aber in Einzelfällen auch für die Tiefen-Geothermie.
    Schon bei der Standortauswahl Risiken vermeiden
    Ehring: Es gibt aber doch Bedenken zum Beispiel in Punkto Grundwassergefährdung vor allem.
    Emmermann: Das ist das größte Bedenken, was generell besteht, und das ist ja auch verständlich. Die Befürchtungen sind, dass man durch Verunreinigung, durch Schadstoffe, die von oben in das Grundwasser gelangen, oder durch Schadstoffe, die über die Bohrung durch Lecks in das Grundwasser gelangen, oder schließlich auch Stoffe, die aus den gefrackten Gesteinen nach oben möglicherweise entweichen, zum Beispiel aus der Zusammensetzung der Frackflüssigkeiten, oder auch Methangas, dass das Grundwasser kontaminiert wird. Da muss man aber vielleicht zunächst auch mal sagen, dass bei uns Trinkwasser und Grundwasser häufig nicht so sauber differenziert werden in der Diskussion, in der öffentlichen. Man sollte schon unterscheiden zwischen oberflächennahem Grundwasser, das man für die Trinkwassergewinnung nutzen kann, und auch Heilwasser, auf der anderen Seite zwischen Tiefenwasser, das überall auf der Welt vorkommt und in Tiefen schon ab wenigen hundert Metern, das so salzhaltig ist und so angereichert mit Spurenmetallen und vielleicht auch mit radioaktiven Stoffen, dass niemand auf die Idee kommen würde, dieses Wasser je zu nutzen.
    Ehring: Aber Sie schlagen ja vor, dass man auf das Grundwasser trotzdem speziell achten soll.
    Emmermann: Das muss man auch. Wir müssen mit geophysikalischen Vorerkundungen mehr tun, als wir das bisher gemacht haben, um schon vorher ein Abbild des Untergrundes und der zu erwartenden hydrologischen Verhältnisse zum Beispiel oder der geologischen Strukturen zu haben, um schon bei der Standortauswahl Risiken möglichst weit zu vermeiden. Dann muss man so gewährleisten, dass Bohrungen keine Lecks haben, oder wenn sie welche haben, dass man sie sofort identifizieren und beseitigen kann, dass man nicht irgendwann nach Jahren feststellt, da ist über viele Jahre etwas aus der Bohrung herausgelaufen, und das ist machbar, das ist technisch möglich.
    Frackflüssigkeiten seien heute weniger schädlich als früher
    Ehring: Wissen wir denn genug über die Risiken des Fracking?
    Emmermann: Wir haben - und das war ja eine wichtige Aufgabe auch - alle in der Literatur und auch in den Medien beschriebenen Risiken ganz systematisch versucht zusammenzustellen und auszuwerten und zu gewichten. Da ist, wie Sie gesagt haben, das Grundwasser ganz ohne Frage an der ersten Stelle. Als ein Risiko wird auch immer bezeichnet diese Frackflüssigkeit, die Mischung, mit der man diese Fracks durchführt, und da kann man sagen, dass sich gerade in den letzten drei Jahren doch sehr viel entwickelt hat auch bei den Firmen, die das herstellen. Wir haben in Deutschland heute Frackfluide zur Verfügung, die nach unserem Gesetz heute genehmigungsfähig sind, die nicht giftig, nicht umweltgefährdend sind und auch bei der Wassergefährdungsklasse maximal den Wert eins haben. Das ist nach unserem Recht genehmigungsfähig. Das heißt, diese Flüssigkeiten, wenn man sie heute einsetzt, dürften in Zukunft nicht mehr das große Problem sein.
    Das Problem wäre dann vor allem, wenn man Gas bohrt, dass Methan entweicht, und dazu schlagen wir vor, wie für die Untersuchung der Grundwasser-Kontamination auch, um die Bohrlokation herum ein Monitoring-System aufzubauen, also Bohrungen zu machen, Wasserbohrungen, in denen man permanent untersucht, wie dieses oberflächennahe Wasser und ob es sich überhaupt verändert. Und wir schlagen außerdem vor, im oberflächennahen Bereich der Atmosphäre ständig Methan-Messungen zu machen. Auch dafür gibt es Technologien, die man sehr einfach und flächendeckend einsetzen kann.
    Ehring: Rolf Emmermann von der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften hält umweltverträgliches Fracking für möglich. Das Interview mit ihm haben wir kurz vor der Sendung aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.