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Fracking
Öffnungsklausel stößt auf Kritik von allen Seiten

Fracking zur Gasförderung ist höchst umstritten und mit vielen Bedenken verbunden. Nach einem Kompromiss soll es jetzt "in seltenen Ausnahmefällen" für Probebohrungen erlaubt werden. Die Oppositionsparteien sind empört, aber auch in den eigenen Reihen stößt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks auf Kritik.

Von Christel Blanke | 17.11.2014
    Ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Fracking" steht am 03.06.2014 in Brünen (Nordrhein-Westfalen) am Niederrhein in einem Feld.
    Ein Plakat mit der Aufschrift "Stop Fracking" steht in Brünen (Nordrhein-Westfalen) am Niederrhein in einem Feld. (picture alliance / dpa / Martin Gerten)
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ist sicher: Der Koalitionsvertrag wird eingehalten. Trinkwasser und Gesundheit haben Vorrang, Fracking mit Chemikalien, die der Umwelt schaden können, wird es nicht geben, versicherte die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk:
    "Dieses Verbot ist absolut unbefristet. Man wird also keinerlei irgendwie wassergefährdende Stoffe einsetzen dürfen, auch nicht bei Probebohrungen."
    Nach monatelangem Streit innerhalb der Koalition gibt es nun einen Kompromiss, den die Umweltministerin nach wie vor als Verbot bezeichnet. Doch es wird ein Türchen geöffnet. Wenn eine Expertenkommission eine geplante Probebohrung als unbedenklich einstuft, soll sie ermöglicht werden können. Das Gremium soll aus sechs Wissenschaftlern bestehen, darunter ein Vertreter des fracking-kritischen Umweltbundesamtes und ein Vertreter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die dem Bundeswirtschaftsminister untersteht und Fracking befürwortet. Die Experten sollen aber nur Empfehlungen aussprechen. Die Entscheidung über eine Probebohrung fällt die jeweils zuständige Behörde:
    "Die Genehmigungsbehörde bleibt unabhängig. Das ist die zuständige bergrechtliche Behörde und die zuständige Wasserbehörde."
    Probebohrungen soll es ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken geben. Und das auch nur unter bestimmten Bedingungen, so Hendricks:
    "Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken sind nur möglich, wenn keinerlei Schadstoffe eingesetzt werden. Und wenn das nicht in den genannten Gebieten – Wasserschutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete - einsetzt wird."
    Mehrheit im Bundestag ungewiss
    Beim Fracking wird Erdöl oder Erdgas gewonnen, das in tiefen Gesteinsschichten gebunden ist. Mit hohem Druck wird ein Gemisch aus Chemikalien, Sand und Wasser in den Boden gepresst, um das Gestein aufzubrechen. In Deutschland ist die Methode hoch umstritten. Befürworter fordern allerdings, Fracking nicht komplett zu verbieten, denn es könnten ja neue Verfahren entwickelt werden, die die Umwelt nicht gefährden. Das will auch Hendricks nicht ausschließen:
    "Es ist schon so, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland nicht einfach irgendwas auf alle Zeiten verbieten können, denn wir müssen schon den Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten."
    Die Oppositionsparteien sind empört. Hubertus Zdebel von der Linkspartei wirft der SPD vor, den nächsten Wahlbetrug vorzubereiten. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer spricht von einem Ermöglichungsgesetz, für eine Technologie, die aus energiepolitischer Sicht nicht gebraucht werde:
    "Mit Fracking können wir eigentlich keine relevanten Gasmengen in Deutschland gewinnen. Und ich halte es für falsch jetzt hier Ressourcen in eine Technologie zu stecken, mit möglichen Folgen und Altlasten, die nicht zukunftsfähig sind. Wir sollten lieber das nutzen gleich zu Effizienz und erneuerbaren zu gehen und uns jetzt nicht mit akademischen Debatten beschäftigen, was könnte mal in zehn oder zwanzig Jahren sein."
    Auch aus den Reihen der SPD kommt Kritik. Der Umweltpolitiker Frank Schwabe sagte der "taz", er halte eine solche Öffnungsklausel für falsch. Und er glaube nicht, dass es dafür im Bundestag eine Mehrheit geben werde. Im vergangenen Jahr waren gesetzliche Regelungen zum Fracking auch am Widerstand aus der Unionsfraktion gescheitert.