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Fragen und Antworten
Verbot von Plastiktüten rückt näher

Im Supermarkt greifen Kunden seltener zur Plastiktüte, seit es diese nicht mehr kostenlos gibt. Bundesumweltministerin Schulze (SPD) reicht das nicht: Sie will Plastiktüten per Verbot aus dem Handel verbannen. Doch damit allein sei noch nicht viel gewonnen, kritisieren Umweltschützer. Wir liefern Ihnen die Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Plastiktüten-Verbot.

06.09.2019
    Mehrere Passanten gehen mit Einkäufen in Plastiktüten durch die Chemnitzer Innenstadt.
    Noch gibt es sie: Plastiktüten in der Fußgängerzone. (dpa-Bildfunk / Jan Woitas)
    Wie viele Plastiktüten werden in Deutschland verbraucht?
    In Deutschland wurden 2018 pro Kopf rund 24 Plastik-Tragetaschen verbraucht. 2015 lag der Verbrauch noch bei 68 Tüten. Hintergrund ist, dass ein großer Teil der Händler die Kunststofftragetaschen nicht mehr kostenlos an Kunden ausgibt, sondern Geld dafür verlangt. Das Umweltministerium hatte 2016 die Vereinbarung mit dem Handel getroffen, dass sich dieser freiwillig dazu verpflichtet, Geld für Plastiktüten zu nehmen.
    Hingegen ist in Supermärkten und Discountern der Verbrauch von sehr dünnen Tüten gestiegen, die oft für Obst und Gemüse verwendet werden. Diese sollen vom geplanten Verbot nicht betroffen sein.
    Wie soll ein Verbot in Deutschland aussehen?
    Geschäften soll verboten werden, Tüten auszugeben, "die dazu bestimmt sind, in der Verkaufsstelle mit Waren gefüllt zu werden", heißt es im Gesetzentwurf der Umweltministerin. "Häufig landen sie in der Umwelt, wo sie über viele Jahrzehnte verbleiben und jede Menge Schäden anrichten können." Ausgenommen von dem Verbot wären Mehrfach-Tragetaschen aus Kunststoff und die sogenannten Hemdchenbeutel, also die Plastiktüten an den Obsttheken.
    Schulzes Gesetzentwurf muss durch Bundestag und Bundesrat, im Frühjahr 2020 könnte er beschlossen sein. Dann sollen die Tüten innerhalb von sechs Monaten aus den Läden verschwinden. Wie eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte, seien ansonsten Strafen von bis zu 100.000 Euro vorgesehen.
    Auch die EU macht Vorgaben zu Plastiktüten. So darf der Verbrauch 2025 nur noch bei 40 Stück pro Kopf und Jahr liegen.
    Ein Mann packt in einem Supermarkt in Flensburg Obst in einen Plastikbeutel 
    Sollen zunächst erlaubt bleiben: dünne Plastiktüten an der Obst-Theke. (dpa / Benjamin Nolte)
    Wie sind die Reaktionen auf den Vorstoß?
    Der Handelsverband HDE spricht von "reiner Symbolpolitik". Das Verbot sei nach dem Entgegenkommen des Handels durch die freiwillige Verpflichtungserklärung von 2016 "ein klarer Vertrags- und Vertrauensbruch", sagte Hauptgeschäftsführer Genth der "Welt".
    Lob kam dagegen von der Deutschen Umwelthilfe (DUH): Das Verbot sei richtig, sagte die Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin, Metz. Für die Herstellung der Tüten würden Ressourcen vergeudet und das Klima belastet, sie trügen auch zur Verschmutzung der Meere bei.
    Umweltverbände wie der Nabu weisen darauf hin, dass der Handel trotzdem nicht auf Papiertüten als Alternative setzen dürfe. Diese seien zwar leichter zu zersetzen, in der Herstellung aber nicht ökologischer als Plastiktüten.
    Wie gehen andere Länder mit dem Thema um?
    Während in Deutschland noch über ein Plastiktüten-Verbot diskutiert wird, sind ostafrikanische Länder längst weiter. Vorreiter Ruanda hat sogar eine eigene "Plastikpolizei", die in Hotels und Lebensmittelgeschäften Razzien durchführt, um zu kontrollieren, ob illegalerweise Plastiktüten verwendet werden. Andere afrikanische Länder haben nachgezogen. Kenia führte vor zwei Jahren das strengste Anti-Plastiktütengesetz der Welt ein: Wer die Tüten weiterhin in größerem Umfang vertreibt, muss mit hohen Geldstrafen oder bis zu vier Jahren Gefängnis rechnen. Jetzt werden die Plastiktüten in der Landschaft langsam weniger.
    "Die Hinterlassenschaft eines Gegenstands, den sie fünf Minuten lang benutzen, kann 500 Jahre überdauern. Plastik ist überall im Ökosystem Kenias. Deshalb haben sie das Verbot erlassen. Das war ein phantastischer Moment für das Land", sagte Sam Barratt von der Umweltbehörde der Vereinten Nationen in Nairobi unserer Korrespondentin.
    (ph/wes)