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Frankfurter Buchmesse 2019
Literaturpreise auf dem Prüfstand

Allein in Deutschland gibt es knapp 1.000 Literaturpreise. Und sie werden immer mehr. Doch hängen Literaturpreise heutzutage von marktkonformen Entscheidungen ab? Literaturkritikerin Meike Feßmann und Hauke Hückstädt, Leiter des Frankfurter Literaturhauses, nehmen dies unter die Lupe.

Meike Feßmann und Hauke Hückstädt im Gespräch mit Hubert Winkels | 16.10.2019
Meike Feßmann und Hauke Hückstädt im Gespräch mit Hubert Winkels auf der Deutschlandradio-Bühne der Frankfurter Buchmesse
Meike Feßmann und Hauke Hückstädt im Gespräch mit Hubert Winkels auf der Deutschlandradio-Bühne der Frankfurter Buchmesse (Deutschlandradio/ David Kohlruss)
Inoffiziell beginnt die Frankfurter Buchmesse mit der Verleihung des Deutschen Buchpreises. In diesem Jahr ging er an Saša Stanišić für seinen Roman "Herkunft". Doch so wichtig dieser Preis in Literaturdeutschland ist – er ist nur einer von vielen. Knapp 1.000 Literaturpreise gibt es. Allein hierzulande. Stipendien und ähnliche Förderungen nicht mit einberechnet und es werden sogar mehr.
Literaturkritikerin Meike Feßmann sieht drei Funktionen, die mit einem Literaturpreis einhergehen: "Der erste ist die Würdigung des Autors, also eine Anerkennung. Der zweite ist die Orientierungsfunktion für den Leser und der dritte ist so etwas, was ich eine finanzielle Kompensation nennen würde, einer strukturellen Benachteiligung, der Künstler einfach ausgesetzt sind. Wenn wir uns vorstellen, selbst die hochdotierten Preise – also der Büchner-Preis beispielsweise, der Joseph-Breitbach-Preis, mit 50.000 Euro dotiert – das hört sich zu nächst nach viel an, aber wenn man sich vorstellt, das ist eigentlich nicht mal das Jahresgehalt eines Akademikers, der mit seinem Beruf anfängt."
Zudem sieht Feßmann auch noch die Funktion, Debatten in der Gesellschaft anzuregen und am konkreten Beispiel Fragen der Maßstäbe zu überprüfen.
"Wir sind Weltmarktführer für Literaturvermittlung"
Hauke Hückstädt, Leiter des Frankfurter Literaturhauses, erkennt in den Literaturpreisen eine Tradition: "Wir kennen das Mäzenatentum schon viel länger als die letzten 80 Jahre und wir haben einen sehr ausdifferenzierten Literaturbetrieb. Und in dem gibt es eben Preise." Im Sinne dieses Literaturbetriebs stellt Hückstädt fest: "Wir sind Weltmarktführer für Literaturvermittlung, für Preise, für Lesungen." Das helfe Autorinnen und Autoren, weiter zu schreiben.
Aus aktuellem Anlass gab es Kritik an der Entscheidungsfindung von Literaturjurys. Der Vorwurf lautete, marktkonform zu entscheiden und zu komplizierte Literatur auszuschließen.
Der wichtigste Aspekt einer Jury sei, dass sie unabhängig sei, so Feßmann, "von äußeren Ansprüchen an sie." Hückstädt und Feßmann sehen in den Situationen, wie Jurys zusammentreffen, diesen Aspekt der Unabhängigkeit gegeben.