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Frankreich
Fahndung nach Straßburg-Attentäter auf Hochtouren

Die französische Polizei hat die Spur des mutmaßlichen Attentäters von Straßburg zunächst verloren. Tausende Beamte durchkämmen deshalb weiter vor allem das Stadtviertel, in dem es den letzten Schusswechsel gab. Der Vorfall hat auch Auswirkungen auf die Proteste der "Gelbwesten".

Von Martin Bohne | 13.12.2018
    12.12.2018, Frankreich, Straßburg: Deutsche Polizisten stehen an der deutsch-französischen Grenze nach einem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg.
    Deutsche Polizisten stehen an der deutsch-französischen Grenze nach einem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg. (Christophe Ena/AP/dpa)
    Auf allen Fernsehkanälen war am Abend das Foto des Tatverdächtigen Cherif Chekatt zu sehen. Die Polizei hat einen öffentlichen Fahndungsaufruf nach dem meistgesuchten Mann Frankreichs herausgegeben. Denn der 29-Jährige ist immer noch nicht gefasst.
    Mehr als 24 Stunden nach seinem Angriff in der Straßburger Innenstadt hat die Polizei immer noch keine Ahnung, wo sich Chekatt aufhalten könnte. Und das trotz eines Großaufgebots von Hunderten Beamten, die in der elsässischen Metropole systematisch Straßenzüge durchkämmen, Autos durchsuchen, praktisch jeden Stein umdrehen. Besonders in Neuhof, dem Straßburger Stadtviertel, in dem sich nach mehreren Schusswechseln mit der Polizei die Spur des Attentäters verlor.
    "Das ist ein Stadtviertel mit Tausenden Einwohnern", versucht ein Polizeibeamter den Misserfolg zu erklären. Über den mutmaßlichen Attentäter weiß man inzwischen sehr viel: Er hat ein gewaltiges Vorstrafenregister und bei seinem letzten Gefängnisaufenthalt hat er sich radikalisiert. Er stand auf der Liste der vom Inlandsgeheimdienst beobachteten Gefährder. Als er am Dienstagabend wahllos auf Passanten schoss oder auf sie einstach, hat er Zeugenaussagen zufolge "Allahu Akbar" - "Allah ist groß" gerufen. Die Ermittler gehen daher von einem islamistischen Hintergrund aus.
    Regierung mobilisiert weitere Polizisten
    Regierungschef Édouard Philippe demonstrierte daher Entschlossenheit.
    "Die Entschlossenheit der Ordnungskräfte und der Regierung, dieses Individuum zu verfolgen, aufzuspüren und zu bestrafen, ist total."
    Die Regierung hat die höchste nationale Sicherheitswarnstufe ausgerufen. 1.300 weitere Soldaten sollen für die Sicherung öffentlicher Orte abgestellt werden, kündigte Premierminister Philippe am Abend an.
    Die erneute Terrorlage trifft Frankreich in einem kritischen Moment. Seit fast vier Wochen halten die "Gelbwesten" das Land mit ihren Forderungen nach weniger Steuern, höheren Löhnen und dem Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron in Atem. Die letzten Samstage kam es bei Demonstrationen der "Gelbwesten" in Paris zu schwersten Ausschreitungen. Auch für den kommenden Samstag wird in Facebook-Gruppen der "Gelbwesten" wieder zu einer Demonstration in Paris aufgerufen.
    Nach dem Terroranschlag sind sich die Demonstranten aber nun uneins, ob man an den Plänen festhalten soll. Vielen wollen sich von der angespannten Sicherheitslage nicht beirren lassen - so wie eine Frau an einer Straßensperre der "Gelbwesten" in Zentralfrankreich: "Wir dürfen keine Angst bekommen, wir müssen unsere Aktionen fortsetzen. Wenn wir aufhören, würde sich Macron ins Fäustchen lachen", befürchtet sie. Andere wollen aber auf Demonstrationen am Samstag verzichten. Karl Toquard, einer der Sprecher des gemäßigten Flügels: "Ich glaube nicht, dass wir nach Paris gehen müssen. Ich fürchte, dass es wieder zu Ausschreitungen kommt und das dadurch unsere Bewegung in Schwierigkeiten gerät."