Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Frankreich
Neue App soll Weiterbildung attraktiver machen

In Frankreich erhalten Berufstätige seit Anfang 2019 jedes Jahr vom Staat 500 Euro für die eigene Weiterbildung. Damit mehr Menschen das Angebot nutzen, hat der Staat eine App entwickeln lassen, über die Kurse direkt gebucht werden können - mit Erfolg.

Von Suzanne Krause | 27.11.2019
Zwei Schüler schreiben auf ihrem Notitzblock. Vor ihnen steht ein aufgeklappter Laptop.
In Frankreich lasen sich mit Hilfe einer App passende Weiterbildungsangebote finden und direkt buchen. (imago stock&people / pressmaster / Panthermedia)
Als "revolutionär" preist Muriel Pénicaud die App für das virtuelle Fortbildungskonto an. Bei der Präsentation der Anwendung, im Foyer eines Pariser Einkaufszentrums, zückt die französische Arbeitsministerin spontan ihr Smartphone.
"Schauen Sie, beim Einloggen auf das Konto erscheint gleich eine Liste der Berufe, die einstellen. Vorhin fragte jemand nach einer Ausbildung als Gabelstaplerfahrer, spielen wir den Fall mal durch. Die App listet die Angebote im näheren Umfeld auf und zeigt auf einen Blick, wo und wann ein Kurs stattfindet und was er kostet. Per Klick kann ich anfragen, ob ein Platz frei ist, die Antwort kommt innerhalb von 48 Stunden. Ich buche den Kurs per Handy und zahle mit dem Fortbildungsguthaben."
Lebenslanges Lernen - auch in Frankreich wichtig
Lebenslang zu lernen sei für jeden Franzosen ein Zugewinn– und eine Notwendigkeit für Frankreich, verkündet die Regierung. Denn einheimische Unternehmen haben zunehmend Schwierigkeiten, Stellen wieder oder auch neu zu besetzen. In 42 Prozent der Fälle, so eine aktuelle Zahl vom Arbeitsamt, seien die Kandidatinnen und Kandidaten nicht entsprechend qualifiziert.
Da soll die neue App Weiterbildung schmackhafter machen: Hunderttausend Plätze seien schon per Smartphone zugänglich, erklärt Remi Mathou, einer der Entwickler der digitalen Anwendung.
"Es handelt sich um fachlich qualifizierende Kurse mit anerkannten Abschlüssen. Dazu zählen auch Sprachkurse oder der Erwerb des PKW- oder LKW-Führerscheins. Wer über keinen Berufsabschluss verfügt, kann sich seine Kompetenzen anerkennen lassen. Die App bietet ein breites Angebot."
Eine Milliarde Euro jährlich für Fortbildungsmaßnahmen
In Frankreich wird die Fortbildung hauptsächlich durch Unternehmensabgaben finanziert und nun von der staatlichen Treuhandbank Caisse des Depots verwaltet.
"Zur Finanzierung von Fortbildungsmaßnahmen steht ihr pro Jahr ungefähr eine Milliarde Euro zur Verfügung."
Mittel, die auf alle Berufstätigen in Frankreich umgelegt werden, in Form des "Persönlichen Fortbildungskontos". Geringqualifizierte erhalten 800 Euro jährlich, alle anderen 500 Euro. Darüber hinaus gibt es weiterhin betriebsinterne wie auch staatliche Angebote für Fortbildung oder Umschulung. Aktuell profitiert davon pro Jahr nur jeder dritte Franzose.
Dank des "Persönlichen Kontos" sollen es weit mehr werden, hofft Arbeitsministerin Muriel Pénicaud: "Ab sofort hat es jeder selbst in der Hand, eine Fortbildung nach seinem Gusto zu wählen. Um aus der Arbeitslosigkeit heraus zu kommen, um seine Karrierechancen zu verbessern oder auch um den Beruf zu wechseln."
Innerhalb einer Woche haben 230.000 die App installiert
Bei der Auftaktveranstaltung kürzlich in Paris stehen die Interessenten Schlange, um ihr 'Fortbildungskonto' zu aktivieren.
Ifeoluwa Adededjon arbeitet in der Gastronomie und möchte umschulen, auf Asbest-Sanierung: "Ich habe schon 800 Euro Guthaben auf meinem Fortbildungskonto. Allerdings kostet der Umschulungskurs 1.200 Euro. Einen Finanzsockel habe ich schon mal und werde bei anderen Stellen zusätzliche Mittel beantragen."
Auch Fatima Cesares setzt auf eine Umschulung: "Ich bin Laborhelferin, aber arbeitslos. Deshalb klopfe ich an alle Türen, um beruflich eine neue Perspektive zu finden."
Das erste Echo ist gewaltig: Innerhalb weniger Tage haben 230.000 Franzosen die App für das Fortbildungskonto auf ihrem Smartphone installiert, mehrere tausend Kursbewerbungen sind schon eingegangen.