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Frankreich
Premier Manuel Valls vor Vertrauensfrage

Die regierenden Sozialisten in Frankreich sind gespalten. Wie sehr könnte sich heute zeigen, wenn Premierminister Manuel Valls die Vertrauensfrage stellt. Bis zu 80 Abweichler soll es in den eigenen Reihen geben. Dennoch hofft der Premier auf eine Mehrheit.

Von Ursula Welter | 16.09.2014
    Manuel Valls ist neuer französischer Premierminister
    Frankreichs Premierminister Manuel Valls ist zuversichtlich, dass es für eine Mehrheit reicht, wenn er die Vertrauensfrage stellt. (dpa / picture alliance / Ian Langsdon)
    Nicht erst seit dem sommerlichen Parteitreffen der Sozialisten in La Rochelle, im August, ist klar - Frankreichs sozialistischer Premier und Frankreichs sozialistischer Präsident haben ein Problem mit der Linken.
    Einige Dutzend, vierzig, vielleicht sogar achtzig Abweichler in der Regierungsmehrheit gibt es, manche von ihnen werden heute still halten, die Faust in der Tasche machen, andere, etwa 30, haben sich für Enthaltung entschieden, wieder andere wollen mit nein stimmen.
    Als sich Premierminister Manuel Valls gestern, am späten Nachmittag, zur sozialistischen Fraktion begab, um ihr den Puls zu fühlen, war ihm das Medienecho sicher. Aber Valls ist zuversichtlich, dass es heute für eine Mehrheit reicht, wenn er die Vertrauensfrage stellt, schließlich geht es um mehr, als um eine Parteilinke, die sich im Aufstand üben möchte:
    "Es geht um die Regierungsfähigkeit der Linken."
    Sagt der Premierminister, der seit April den Kopf hinhalten muss für die glücklosen Regierungsjahre des Sozialisten Hollande, der schon im August sein Kabinett zum ersten Mal umbilden musste, weil Minister des linken Flügels öffentlich den Aufstand übten.
    Arnaud Montebourg, etwa, der als Wirtschaftsminister entlassen wurde, vom Parteitag wenig Tage später dennoch oder gerade deshalb frenetisch gefeiert wurde.
    Der Staatspräsident hat eine sozialdemokratische Linie ausgerufen, am kommenden Donnerstag will er sie bei seiner vierten großen Pressekonferenz verteidigen, das ist der Linken ein Dorn im Auge, sie will eine neue Politik, eine die nicht den Unternehmen in die Karten spielt. Und arbeitet sich in ihrem Zorn vor allem am Premierminister ab, Valls gilt als autoritär und Valls sagt Dinge, die seine sozialistischen Parteifreunde aufbringen und die Linksfront schäumen lassen.
    Seine Liebeserklärung vor Unternehmenslenkern brachte das Fass zum Überlaufen. Die geplante Entlastung der Betriebe von Sozialkosten erzürnt die Parteilinke genauso wie der Sparkurs, der den europäischen Partnern versprochen ist, aber noch gar nicht recht begonnen hat. So werden auch die anstehenden Haushaltsberatungen zum Kräftemessen im Parlament werden.
    Brüchige Regierungsmehrheit
    "Die provozieren die Linke permanent, indem sie eine Politik machen, die mit unseren Werten nichts zu tun hat."
    Sagt der Chef der kommunistischen Partei, Pierre Laurent.
    Der Jubel im eigenen Lager über den Wahlsieg von François Hollande 2012 ist längst verflogen. Seine Regierungsmehrheit ist brüchig,
    "Auflösung des Parlaments", fordert Marine Le Pen inzwischen täglich, konservative Zeitungen erschienen am Wochenende mit der Frage: Kann Hollande weiter machen? Ende September stehen Senatswahlen an, da hoffen die Konservativen auf Revanche und der rechtsextreme Front National auf einen Posten. Und die Enttäuschung in der Bevölkerung ist Zynismus gewichen, spätestens seit sich das Buch der Ex-Gefährtin des Präsidenten zum Bestseller gemausert hat.
    "Die Republik brennt."
    Warnt die Chefin der Jungsozialisten, Laura Slimani.
    "Und das Risiko heute ist, dass der Front National morgen den Kampf um die Herzen und die Köpfe gewinnen wird."
    Für die Kommunikationsberater des Präsidenten geht es in dieser Woche aber erst einmal um eines: die Situation unter Kontrolle zu bringen. Bevor spätestens Ende der Woche der Mann zurück auf die politische Bühne Frankreichs klettert, der 2012 nicht zuletzt wegen seiner charakterlichen Schwächen abgewählt wurde und damit François Hollandes in Amt verhalf: Nicolas Sarkozy.