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Frau mit Freiheitsdrang

Freiheit heißt, keine Angst zu haben, hat Nina Simone einmal gesagt. Am 21. Februar wäre die afroamerikanische Sängerin 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erscheint eine Box mit drei CDs und einer DVD: "To Be Free - The Nina Simone Story".

Von Klaus Walter | 07.02.2013
    "My Baby Just Cares For Me" - diesen Song von Nina Simone kennen wir alle. Oder fast alle.

    "Viele Menschen kennen Nina Simone nur von ihrem Hit 'My Baby Just Cares For Me'. Dabei würde es sich für junge Frauen besonders lohnen, diese großartige Frau noch genauer zu kennen","

    sagt Sonja Eismann, Mitgründerin des Magazins Missy, Schwerpunkt Pop und moderner Feminismus. Wenn man Nina Simone auf "My Baby Just Cares For Me" reduziert, diese nette Swingnummer, dann ist das ungefähr so, als würde man von Goethe immer nur den Werther lesen, von Mozart immer nur die kleine Nachtmusik hören und von Brecht immer nur die Dreigroschenoper sehen.

    Auch mit der Dreigroschenoper kennt Nina Simone sich aus, hier gibt sie die Seeräuber Jenny. Wenn man also Nina Simone auf "My Baby Just Cares For Me" reduziert, dann ist das ungefähr so, als wären die Beatles nie über "Yeah, Yeah, Yeah" hinausgekommen.

    Auch mit den Beatles kennt Nina Simone sich aus, hier singt sie "Here Comes the Sun". Wenn man also Nina Simone auf "My Baby Just Cares For Me" reduziert, dann ist das ungefähr so, als würde Bob Dylan bis ans Ende seiner Tage "Blowin In The Wind" krächzen.

    Auch mit Bob Dylan kennt Nina Simone sich aus, hier singt sie "Just Like A Woman". Also reduzieren wir Nina Simone nicht auf "My Baby Just Cares For Me", sondern sagen es mit den Worten von Richard Seidel, ihrem Produzenten:

    ""Nina Simone war wohl die vielseitigste und eklektischste Figur in der populären Musik des 20.Jahrhunderts."

    Nina Simone hat sie alle interpretiert: Jazzgrößen wie Duke Ellington und Billie Holiday, die klassischen Songschreiber, Irving Berlin oder George Gershwin, sie sang Feierliches aus dem Gospel, Leichtes aus dem Pop.

    Und fast ebenso viele hat sie inspiriert: ohne Nina Simone kein Antony Hegarty und keine Marla Glen, Erykah Badu beruft sich Nina, Peaches hat ihren Namen aus einem ihrer Songs. Aber Nina Simone war nicht nur eine begnadete Musikerin. Sie war auch eine charismatische, Respekt gebietende Performerin.

    Manchen machte sie regelrecht Angst, mit ihren Launen terrorisierte sie schon mal ihre Umgebung. Und: Nina Simone war eine politische Künstlerin. Sonja Eismann vom Missy Magazin erinnert daran,

    "wie Nina Simone ihren großen Protestsong 'Mississippi Goddam' 1964 in der Carnegie Hall vor einem vermutlich eher weißen und eher schockierten Publikum gesungen hat und sich ganz klar für die Black-Power-Bewegung positioniert hat und die fortwährenden Morde an Black-Rights-Aktivisten angeprangert hat."

    "Mississippi Goddam", Nina Simones Antwort auf die Lynchmorde an schwarzen Amerikanern am gottverdammten Mississippi. Zeit ihres Lebens versteht sich Simone als Feministin und als politische Sängerin - beides ist ihrer Karriere nicht förderlich. Und dann noch dieser Freiheitsdrang.

    "Ich wünsche, ich wüsste, wie es ist, frei zu sein", "I Wish I Knew How It Would Feel To Be Free", Titelsong der Nina-Simone-Box zum 80.Geburtstag und Signatursong ihres Lebens. Wie es denn wäre, frei zu sein? Wurde Nina Simone mal gefragt. Ihre Antwort:

    "To have no fear!"