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Frauen holen auf dem Arbeitsmarkt auf

Nach einer heute veröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft ist die Zahl der berufstätigen Frauen in Deutschland deutlich gestiegen. Noch immer aber beschränken Kinder und Teilzeitarbeit ihre Aufstiegsmöglichkeiten.

Von Verena Herb | 14.01.2013
    Frauen sind die Gewinner am Arbeitsmarkt. So betitelt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln seine neueste Studie. Der Grund für diese Aussage: Im Jahr 2011 arbeiteten fast 72 Prozent aller Frauen. Elf Jahre zuvor waren es erst 63 Prozent. Das sind gute Nachrichten, sagt Wirtschaftsinstitutsleiter Michael Hüther und erläutert die Gründe dafür:

    "Der Hintergrund ist vor allen Dingen eine Zunahme der Gruppe der über 40-Jährigen. Die Erwerbsquote der Frauen liegt damit über dem Durchschnitt der Europäischen Union mit 65 Prozent."

    Ein sicherlich positives Signal, freut sich auch Carlotta Köster-Brons, Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Unternehmerinnen, VdU:

    "Wir sind die Gewinner. Wir hatten aber, glaube ich, auch 'ne lange Aufholstrecke hinter uns. Wenn man dahinter guckt, sieht man, dass wir immer noch eine hohe Teilzeitquote haben von 46 Prozent in Deutschland. Und damit sind wir dann international und auch im europäischen Vergleich immer noch nicht so gut."

    Stellt sich die Frage: Warum arbeiten so viele Frauen in Teilzeit? Die Antwort ist eine altbekannte und gar nicht überraschend:

    "Frauen wollen gar nicht unbedingt Teilzeit arbeiten. Aber sie müssen, weil ihre Familien, ihre familiären Verpflichtungen ihnen keine andere Wahl lassen. Und da gibt es eigentlich noch ein bisschen was zu tun."

    Stichwort: Ausbau der Kinderbetreuung. Wieder zeigt sich, ohne eine verbesserte Betreuung in Kita und Schule, ohne eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann man das Thema "Frauen und Arbeit" oder "Frauen und Karriere" nicht umfassend diskutieren.

    Die neuen Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft dürfen außerdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch laut Daten des Statistischen Bundesamtes nur 30 Prozent der Spitzenpositionen in Deutschland von Frauen besetzt sind. Sicherlich spiele da die Vereinbarkeit von Familie und Job eine Rolle, weiß Carlotta Köster-Brons vom VdU. Doch sei das nicht der einzige Grund für die geringen Zahlen:

    "Das ist eben zum Teil auch so, dass dann die gläserne Decke vor den Top-Positionen ist. Und dass wir dann in Deutschland auch am Kulturwechsel arbeiten müssen. Was heißt es: mehr Frauen in Aufsichtsräten und Führungspositionen. Und dass man einfach Mut haben muss. Und viele haben vielleicht auch ein bisschen Angst vor Veränderung und sagen: Na ja, ein zwei Frauen, das machen wir jetzt mal, weil wir auch Angst vor den gesetzlichen Regelungen haben. Aber eine oder zwei Frauen sind erst der Anfang. Da braucht's noch mehr."

    Nach Meinung des Verbandes der Unternehmerinnen ganz klar: Eine feste Frauenquote muss her. Das Institut der deutschen Wirtschaft ist – wenig überraschend – gegen diese Art von Eingriff, präferiert wenn, dann flexible Quoten, wie es Bundesfamilienministerin Kristine Schröder propagiert.

    Im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf bringen sich die politischen Parteien beim Thema "Frauen in Spitzenämtern" in Position. Gerade der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, der allgemein gesehen einen Unterschied von 25 Prozent aufweist, wird wohl Thema sein in den kommenden Monaten. Doch die Ergebnisse des Instituts der deutschen Wirtschaft widersprechen nun jener These, dass Frauen in Deutschland deutlich schlechter bezahlt werden als Männer. Denn wenn man die Faktoren Bildungsstand, Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Berufserfahrung mit einrechnet in den Vergleich, zeigt sich: Die Lohnlücke schrumpft.
    Allerdings ist Fakt: Je länger jedoch Frauen aus ihrem Beruf aussteigen – wegen der Kinder beispielsweise, desto größer wird der Unterschied bei den Karriereaussichten. Und auch beim Gehalt:

    "Frauen mit einer mindestens dreijährigen Erwerbsunterbrechung hatten einen Lohnabstand von fast zwölf Prozent. Arbeitnehmerinnen mit einer Ausstiegzeit zwischen anderthalb und drei Jahren nur noch sechs Prozent. Und unterhalb von anderthalb Jahren weniger als zwei Prozent. Das heißt, der Zusammenhang einer steigenden Lohnlücke mit einer familienbedingten Auszeit, der ist empirisch sehr eindeutig zu belegen."

    Die Debatte um Frauenquote und Lohnausgleich wird in den kommenden Wahlkampfmonaten an Fahrt aufnehmen. Kommenden Mittwoch wird der Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag erneut über das Thema "Chancengleichheit von Mann und Frau" debattieren.