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Frauen in der Bildung
Studium ja, Karriere nein

Das Statistische Bundesamt hat aktuelle Zahlen zur Gleichstellung im Bildungsbereich veröffentlicht. Demnach hat sich die Situation im akademischen Bereich zugunsten der Frauen verändert. Doch nach dem Studium ist mit der Karriere oft Schluss: Noch immer sind Frauen in Führungspositionen stark unterrepräsentiert.

Von Dieter Nürnberger | 30.07.2014
    Studentinnen in einem Hörsaal
    Der Frauenanteil bei den Hochschulabschlüssen hat um vier Prozent zugenommen. (Jan Woitas / picture alliance / ZB)
    "Im Bereich der Schulbildung haben die Mädchen die Jungen inzwischen überholt" - diese Hauptaussage des Statistischen Bundesamtes zur Gleichstellung in der Bildung lässt sich mit Zahlen untermauern: Und das, obwohl es immer noch mehr Schüler als Schülerinnen in Deutschland gibt. Ganz knapp liegen hier nämlich die Jungen vorn - mit 51 Prozent.
    Doch schon bei den Abschlüssen zeigt sich eine Art Wandel: Förderschulen gelten inzwischen als Jungendomäne, Schüler machen hier fast zwei Drittel aus. Die Mädchen hingegen erreichen immer häufiger die allgemeine Hochschulreife. So waren 2012 von über 500.000 Studienberechtigten 52 Prozent weiblich.
    So weit, so gut. Roderich Egeler - der Präsident des Statistischen Bundesamtes - zeichnet dann aber ein eher konträres Bild für den weiteren Verlauf der akademischen Karriere von Frauen:
    "Mit steigendem Qualifikationsniveau und Status auf der akademischen Karriereleiter nimmt der Frauenanteil allerdings kontinuierlich ab. 45 Prozent aller 2012 vergebenen Doktortitel erhielten Frauen. Bei den Habilitationen betrug der Frauenanteil schon nur noch 27 Prozent. Und innerhalb der Professorenschaft sogar nur noch 20 Prozent."
    Weiterhin große Einkommensunterschiede
    Und doch habe sich die Situation im akademischen Bereich in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugunsten der Frauen verändert. So nahm generell der Frauenanteil bei den Hochschulabschlüssen um vier Prozent zu. Bei den Promotionen sogar um neun Prozent. Heute arbeiten zudem mehr wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen an den Hochschulen. Ein Plus von acht Prozent im Vergleich zu 2002. Das Statistische Bundesamt spricht sogar von "markanten strukturellen Veränderungen".
    Doch scheint diese positive Bilanz noch nicht in der Berufswelt angekommen zu sein. Nicht nur in der Wissenschaft, auch in Wirtschaft und Verwaltung seien Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert. Statistik-Bundesamt-Chef Roderich Egeler:
    "So waren 2012 nur 29 Prozent der Führungskräfte weiblich. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil der Frauen nur langsam verändert: 1992 hatte er bei 26 Prozent gelegen. Auch im europäischen Vergleich hat Deutschland Nachholbedarf: Der EU-Durchschnitt liegt bei 33 Prozent. Nur in Lettland ist das Verhältnis mit 45 Prozent fast ausgeglichen. Länder wie Frankreich, Slowenien, Litauen und Ungarn liegen ebenfalls deutlich über dem EU-Durchschnitt."
    Generell ist die Erwerbstätigkeit der Frauen in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich angestiegen. Heute arbeiten 68, Anfang der neunziger Jahre waren es nur 56 Prozent. Allerdings beträgt die Teilzeitquote hier vergleichsweise hohe 39 Prozent. Und weiterhin bestehen große Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland. Männliche Erwerbstätige verdienen rund 20 Prozent mehr.
    Keine politischen Aussagen
    Frauen arbeiten zudem weiterhin auffällig oft in angestammten Berufsfeldern, wie im Büro, im Verkauf oder auch als Aushilfen.
    "Auf dem Weg zur Gleichstellung?" - mit dieser Frage hat das Statistische Bundesamt die Präsentation ihres Zahlenwerks überschrieben. Politische Aussagen findet man darin wenig - Präsident Egeler verweist aber auf Förderprogramme, die geholfen hätten, die Karrierechancen von Frauen zu verbessern: beispielsweise den Nationalen Pakt für mehr Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen, oder das Professorinnen-Programm des Bundes und der Länder.
    Natürlich wurde er heute auch nach einer möglichen Frauenquote in bestimmten Berufsfeldern oder Unternehmen gefragt. Doch die Antwort blieb statistisch nüchtern:
    "Wenn solche Programme erfolgreich sind, müssten wir das bei der nächsten Messung ja feststellen können."
    Übrigens: Fünf Fachleute des Statistischen Bundesamtes präsentierten heute die Zahlen zur Gleichstellung. Auf dem Podium saßen vier Männer und eine Frau.