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Frauen-Messe "herCareer"
Migrantinnen für Mint-Berufe gesucht

Die Messe "herCareer" hat sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für Führungskräfte, Schülerinnen und neuerdings auch Migrantinnen entwickelt. Der Deutsche Ingenieurinnenbund will ihnen dort zeigen, wie sie ein abgeschlossenes oder abgebrochenes Studium in Deutschland nutzen oder fortführen können.

Von Susanne Lettenbauer | 12.10.2017
    Doktorandin der Arbeitsgruppe für Aquatische Ökosystem Forschung von Prof. Dr. Florian Leese am Mikroskop während ihrer Forschungsarbeit an den Asselspinnen an der Fakultät Biologie in der Universität Duisburg-Essen.
    Frauen sind in MINT-Fächern in Deutschland unterrepräsentiert. Verbände wollen nun auch Migrantinnen motivieren, ihre Kenntnisse hierzulande nutzbar zu machen. (imago stock&people)
    Afsar Soheila Sattari hört gar nicht mehr auf zu reden. Es sei erstaunlich, wie wenig noch immer bekannt sei von den Möglichkeiten, die qualifizierte Frauen trotz Flucht und Migration hätten, wundert sich die iranisch-deutsche Ingenieurin. Vor einem Jahr im Oktober startete der Deutsche Ingenieurinnenbund DIB das Projekt Flucht - Migration - Integration. Drei Aspekte seien dabei wichtig. Bildung, Beruf und Abschlüsse, so Afsar Sattari:
    "Wir beraten die Frauen in diesen drei Bereichen, aber helfen ihnen auch beim Praktikumsplatz finden, bei Arbeitsstellenfindung, bei der Auswahl von Studienfachrichtung und so weiter."
    Bundesweit spezielle Arbeitsgemeinschaften
    Seit Herbst 2015 habe sich viel getan in diesen Bereichen für Frauen aus Flüchtlingsländern, betont die Ingenieurin. Man habe in allen 26 Vereinsniederlassungen deshalb bundesweit spezielle Arbeitsgemeinschaften gegründet:
    "Also bundesweit sind wir da aktiv, deshalb haben wir sehr viele Kontakte zu Hochschulen, deshalb haben wir einen Überblick, also das wir dann bei konkreten Fällen sagen, diese und diese Hochschule bieten das an. Es gibt an fast allen Hochschulen Flüchtlingsbeauftragte."
    Frauen motivieren nach den Erfahrungen der Flucht
    Größtes Problem sei noch immer, überhaupt die Frauen zu motivieren, sich wieder zu einem Studium oder einer Ausbildung aufzuraffen. Die Erfahrungen der Flucht, dazu ein komplett anderes Bildungssystem, das überfordere sie oft, so die Erfahrung vom Deutschen Ingeneurinnenbund. Man gehe deshalb gezielt in Flüchtlingsunterkünfte, vernetze sich mit dem Deutschen Frauenrat, mit NGOs, den Nichtregierungsorganisationen und natürlich den bundesweiten Beratungszentren, so Sattari:
    "Wir bieten hier wie auch bundesweit, zum Beispiel nächste Woche in Köln, einen MINT-Parcours für Abendschülerinnen. Wir haben nächste Woche eine Klasse mit Flüchtlingsfrauen und wir bieten MINT-Parcours, die sind vom Deutschen Ingenieurinnenbund entwickelte Versuche."
    Großes MINT-Interesse bei 16- bis 25-jährigen Mädchen
    In München konzentriere man sich vor allem auf 16- bis 25-jährige junge Mädchen, die derzeit nach ihrer Flucht ihre Schulausbildung beenden. Das Interesse von ihrer Seite an MINT-Fächern und Ingenieurberufen sei erstaunlich groß, sagt die Münchner Verbandsvertreterin und Bundesvorstandsmitglied Sylvia Kegel. Mädchen aus Syrien, Osteuropa oder afrikanischen Ländern hätten oftmals weniger Berührungsängste mit typischen Männerberufen als Deutsche:
    "Die Migrantinnen sind ein Hauptteil der MINT-Studentinnen, es ist so, dass tatsächlich der klassische deutsche Berufsbildungsweg schon noch von den Stereotypen in Deutschland bestimmt wird."
    Kostenlose Flixbusse und Freikarten zur Messe
    In München auf der herCareer haben sich heute zum Start der Messe vor allem Vertreterinnen zum Beispiel aus Griechenland und Frankreich zusammengefunden, die in ihren eigenen Ländern ein ähnliches Unterstützerangebot entwickeln wollen. Es sei eben noch nicht sehr einfach, tatsächlich die Frauen aus Flüchtlingsländern anzusprechen, so Afsar Sattari. Trotz kostenloser Flixbusse zur Messe und Freikarten könne man noch viel zu wenige erreichen. Das Interesse und Eigenengagement müsse auch von Seiten der geflüchteten Frauen kommen. Das sei aber eigentlich heute in einer globalisierten Welt nicht so schwer, sagt Messechefin Natascha Hoffner:
    "Die Netzwerke sind heute ganz international, also wenn ich 'geekettes' oder 'Rails Girls', das ist ja keine deutsche Organisation, die wurde im Ausland gegründet und wenn sie die ansprechen, die organisieren sich auch in lokalen Standorten und über die werden Besucher auf die Messe aufmerksam und wir platzieren dann auch ja auch englischsprachige Slots."
    Dass die Münchner herCareer-Messe mittlerweile deutschlandweit bekannt ist, zeigt der heutige Abend. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries wird sich ab 18 Uhr mit Hoffner und potentiellen Führungsfrauen treffen.