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Frauenmagazin "Gellarah"
Ein positives Bild der afghanischen Frauen

Berichte über Mode und Kosmetik, Literaturtipps und eine Geschichte über die Dating-App "Tinder". Die Themen im Magazin "Gellarah" sind typisch für eine Frauenzeitschrift. Das Überraschende ist aber, dass "Gellarah" in Afghanistan erscheint - Anfeindungen gegen die Redaktion gehören zum Alltag.

Von Shikiba Babori | 15.08.2017
    Die Redaktion von Gellarah, einem Magazin für afghanische Frauen
    Redaktionssitzung beim Frauenmagazin "Gellarah". (Deutschlandfunk / Fatana Hassanzada)
    "Gellarah" heißt das neue Frauenmagazin in Afghanistan. Fatana Hassanzada ist die Herausgeberin des Magazins und davon überzeugt, dass es Zeit ist, das Bild der afghanischen Frau im In- und Ausland neu zu prägen.
    "Mein Ziel ist es, mit dieser Zeitschrift ein differenziertes Bild, ein positives Bild der afghanischen Frauen zu zeigen. Nach 30 Jahren Krieg in Afghanistan wird - und obwohl es hier nationale und internationale Einflüsse gegeben hat - über die afghanischen Frau immer nur im Zusammenhang mit Gewalt und Leid berichtet. Themen wie Erfolg, Schönheit und Kreativität der Frauen blieben immer außen vor. In diesem Magazin wollen wir genau über diese Themen sprechen und die afghanische Frau in ihrer vollkommenen Schönheit zeigen.
    Die 23-jährige Hassanzada hat einen Universitätsabschluss und Erfahrungen in der Medienarbeit. Sie publiziert das Magazin gemeinsam mit zwei weiteren Redakteurinnen und einem Team von freiwilligen Helferinnen in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Die Themen richten sich speziell an Frauen.
    Tipps zur Schwangerschaft und guten Ernährung
    "Wir berichten von Sport über Gesundheit bis zu Mode und Beautythemen und darüber hinaus über Frauen, die selbständig oder in der Politik tätig sind. Wir empfehlen Literatur für Frauen und geben Tipps rund um Schwangerschaft und gute Ernährung."
    "Gellarah" ist ein kurdisches Wort und bedeutet "Augapfel". Es als Namen für eine Frauenzeitschrift zu wählen, ist eine Hommage an die irakischen Frauen, "die mit all ihrer Eleganz, ihrer Schönheit und ihrer Weiblichkeit" gegen den IS gekämpft haben, sagt Fatana Hassanzada. Dass Hassanzada und ihr Team ein solches Magazin überhaupt publizieren können, ist wohl das Resultat von 15 Jahren, in denen sich die internationale Frauenförderung in Afghanistan entwickelte.
    Fatana Hassanzada, die Chefredakteurin Gellarah, ein Magazin für afghanische Frauen
    Fatana Hassanzada, Chefredakteurin von "Gellarah" (Deutschlandfunk / Fatana Hassanzada)
    In den ländlicheren Gebieten des Landes sind die vielen Förderprogramme der vergangenen Jahre zwar nicht erfolgreich gewesen, das Leben der Frauen in den Städten hat sich jedoch spürbar verändert: Zehntausende Mädchen besuchen heute die Schule und haben Zugang zu den Universitäten. Gellarah soll helfen, diese Veränderungen sichtbar zu machen und somit anderen Frauen Zuversicht und Mut zum Handeln zu geben.
    "Die afghanische Frau hat einen Anrecht darauf über die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre informiert zu sein, vor allem diejenigen, die keinen Internetzugang haben und in den Provinzen leben, wo es kein Radio oder kein Fernsehgeräte gibt."
    "Als unmoralisch und antiislamisch beschimpft"
    Frauenrechte und Frauenförderung haben in der traditionell afghanischen Männergesellschaft kaum Platz. Deshalb stoßen Hassanzada und ihre Mitarbeiterinnen mit ihrem Vorhaben nicht nur auf Zustimmung. Hassanzada geht mit der Kritik am neuen Heft allerdings sehr pragmatisch um: "Wie Sie wissen, stößt alles Neue in Afghanistan zunächst auf Widerstand. Auch unser Projekt. Die Reaktionen auf die erste Ausgabe sind sehr unterschiedlich ausgefallen. Einige haben uns bedroht, andere haben das Heft komplett abgelehnt. In den sozialen Medien wurden wir zum Teil sehr scharf kritisiert. Wir wurden als unmoralisch und antiislamisch beschimpft. Allerdings gab es auch viele Frauen und Intellektuelle, die das Erscheinen der Zeitschrift begrüßt haben. Und das ist es, was für mich zählt: Ich sehe diesen Zuspruch als unseren Erfolg."
    Dabei ist die Finanzierung des Magazins alles andere als gesichert. Ein Heft kostet 100 Afghani, das sind umgerechnet etwa ein Euro.
    Einnahmen decken gerade die Druckkosten
    Es gibt zwar ein paar Anzeigenkunden, aber die Einnahmen decken gerade einmal die Druckkosten der Zeitschrift. Und einen Lohn können sich die Macherinnen ohnehin nicht auszahlen. Denn auch der Verkauf des Magazins ist ein Problem: In Afghanistan gibt es keine Zeitungsstände und die Mitarbeiterinnen müssen selbst von Tür zu Tür gehen, um das Heft zu verkaufen.
    Dem Team von Gellarah ist es zu wünschen, dass die Zeitschrift Erfolg hat. Denn wenn es ihr gelingt, viele starke Geschichten über Frauen in Afghanistan zu erzählen, gäbe das ihren Leserinnen Hoffnung und eine neue Perspektive.