Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters

Vom Lösen der gesellschaftlichen Ketten

Ein historischer Stich aus dem Jahr 1883 zeigt Louise Otto-Peters, auch Luise Otto-Peters, Pseudonym Otto Stern, 1819 - 1895, Schriftstellerin und Mitbegründerin der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung
Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters: "Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist eine Pflicht" © imageBROKER / picture alliance
Von Ulrike Rückert · 26.03.2019
Die Journalistin und Schriftstellerin Louise Otto-Peters kämpfte zeit ihres Lebens für mehr Bildung und wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen. Sie gründete die erste überregionale Organisation für Frauenrechte in Deutschland.
"Ich habe jetzt ein Ziel, einen Lebenszweck: die literarische Laufbahn. Ich strebe nicht nach Ruhm und Ehre, aber nach Einfluß aufs Ganze."
Was Louise Otto 1843 in ihr Tagebuch schrieb, war ein kühner Plan für eine junge Frau in der Kleinstadt Meißen: Als politische Schriftstellerin wollte sie die Welt verändern, für Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit kämpfen. Die Benachteiligung ihres Geschlechts hatte die Tochter eines Juristen, geboren am 26. März 1819, schon früh empört. Das Elend der Arbeiter erlebte sie als Schock auf einer Reise:
"Ich blickte entsetzt in einen Abgrund. Lange bevor ich etwas von Socialismus und Communismus gehört und gelesen, stellte ich die Frage: warum denn die Einen in Unwissenheit, Armuth und Entbehrung dahin leben müßten und die Andern sie dafür noch verachten dürften, ja von ihrer Arbeit den eignen Mammon mehren dürften."
Als der spätere Revolutionär Robert Blum in seiner Zeitung fragte, ob Frauen das Recht hätten, sich an Politik zu beteiligen, antwortete Louise Otto:
"Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht allein ein Recht, sie ist eine Pflicht der Frauen."

Ottos Überzeugung: "Frauen müssen Rechte selbst einfordern"

In den Vormärzjahren veröffentlichte sie sozialkritische Romane, politische Gedichte und zahlreiche Presseartikel. Die Revolution von 1848 begrüßte sie mit Begeisterung, doch bald war sie enttäuscht von den Kämpfern für Freiheit und Gleichheit:
"Wo sie das Volk meinen, da zählen die Frauen nicht mit."
Die Frauen müssten selbst ihre Rechte fordern, sonst würden sie vergessen - so Ottos Überzeugung. Deshalb gründete sie eine "Frauen-Zeitung" mit dem stolzen Motto:
"Dem Reich der Freiheit werb’ ich Bürgerinnen!"
Das Wochenblatt sollte demokratische Frauenvereine verbinden und eine starke Bewegung schaffen. Doch als die Revolution scheiterte, wurde es zur Zielscheibe der Reaktion:
"Insbesondere hat es das Blatt sich zur Aufgabe gestellt, auf das weibliche Geschlecht einzuwirken und es der Mitwirkung zum Umsturze geneigt zu machen, zu welchem Behufe auf die Notwendigkeit einer sogenannten Emancipation des weiblichen Geschlechts aufmerksam gemacht wird."
So hieß es in einem Schreiben des sächsischen Innenministers. Louise Otto wurde überwacht und verhört, ihre Wohnung durchsucht. Ein neues Gesetz, die "Lex Otto", verbot Frauen die Tätigkeit als Redakteurin. Sie musste sich hinter einem Strohmann verstecken und Provokationen vermeiden.
"Es ist ein anderes, im Tatdrang und Sturm einer bewegten Zeit auch mitzureden, nach der Tat zu dürsten - oder im Sklaventum einer kleinen Zeit auch noch mit gefesselten Händen rastlos fortzuarbeiten - und wenigstens mit den Ketten zu klirren, die man nicht lösen kann. Dies ist jetzt die Aufgabe unserer Zeitung."

Mitgründerin des "Allgemeinen Deutschen Frauenvereins"

Nach vier Jahren stellte sie das Blatt endgültig ein. Sie heiratete den Journalisten August Peters, der als Revolutionär eine lange Zuchthausstrafe verbüßt hatte, und gab mit ihm zusammen in Leipzig eine neue Zeitung heraus. Als er 1864 starb, war die politische Atmosphäre liberaler, und auch die Frauenbewegung keimte neu auf. 1865 war Louise Otto-Peters Mitgründerin des "Allgemeinen Deutschen Frauenvereins", der ersten überregionalen Organisation der Frauenbewegung, die nach wenigen Jahren schon zehntausend Mitglieder hatte. Die zentralen Themen waren Bildung und Berufsarbeit.
"Die Hauptsache ist aber zunächst die: daraus, dass auch die Frauen nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sind, sich ihren Unterhalt selbst zu verdienen, einen allgemein anerkannten Grundsatz zu machen, so werden und müssen auch alle Verhältnisse sich danach regeln."
Louise Otto-Peters war überzeugt, dass Frauen nur dann freie Menschen sein und ihre Rechte durchsetzen könnten, wenn sie wirtschaftlich auf eigenen Füßen stünden.
"Jeder Emancipationsversuch, der auf einer andern Basis ruht, ist - Schwindel."
Als Vorsitzende des "Allgemeinen Deutschen Frauenvereins" und Redakteurin der Vereinszeitung war Louise Otto-Peters drei Jahrzehnte lang, bis zu ihrem Tod 1895, die Galionsfigur der bürgerlichen Frauenbewegung. Von einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleiche Rechte haben, konnte sie auch am Ende ihres Lebens nur träumen.
"Genug, dass wir wissen: Die Zukunft ist unser!"
"Einfluss aufs Ganze" aber hat Louise Otto-Peters zweifellos genommen - und überdies Ruhm und Ehre erworben.
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