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Freies Surfen in Berlin

Netzpolitik. - In Berlin ist schon seit Langem ein stadtweites kostenloses WLAN-Netz geplant. Bislang sind sämtliche Versuche dazu gescheitert. Nun hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg einen neuen Anlauf unternommen.

Von Philip Banse | 20.10.2012
    Wer in Berlin Mitte rund um den Hackeschen Markt und die Kastanienallee sein Mobiltelefon nach WLAN-Netzen suchen lässt, findet auch eines von Kabel Deutschland. Nur Kunden von Kabel Deutschland dürfen das WLAN unbegrenzt nutzen. Alle anderen können sich einloggen, die Nutzungsbedingungen bestätigen und kommen nur kurz gratis ins Internet: pro Tag und Gerät 30 Minuten. Bisher sind 44 dieser WLAN-Hotspots in Berlin installiert, bis Anfang nächsten Jahres sollen es 100 werden. Dieses zweijährige Pilotprojekt soll die Keimzelle sein für das "Berlin Public WIFI", ein Berlin weites WLAN-Netz. Der Plan wird seit Jahren diskutiert, bisher hat sich kein Investor gefunden. Jetzt will die – hauptsächlich aus Rundfunkgebühren finanzierte - Medienanstalt Berlin Brandenburg mit Geld nachhelfen und stellt 400.000 Euro bereit. 316.000 Euro davon bekommt Kabel Deutschland für seine 100 Hotspots – knapp 16 Prozent der Gesamtkosten von 2 Millionen Euro. Rundfunkgebühren für den Aufbau eines stadtweiten WLAN-Netzes? Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin Brandenburg:

    "Wir fördern ja die Verbreitung von Rundfunkinhalten, nicht nur überklassische Wege. Wir wissen ja, dass Internet immer wichtiger wird. Deshalb haben wir ja vereinbart, dass es über diesen Internetzugang nicht nur 30 Minuten frei gibt, sondern auch darüber hinaus Zugang zu audiovisuellen Medienangeboten: Radio, Fernsehen und aus meiner Sicht auch zu Berliner Tageszeitungen, wenn wir das technisch hinbekommen."

    Kabel Deutschland sei der einzige Bewerber um die Fördermittel gewesen:

    "Sicher könnte die Telekom das auch machen. Sie hat ja viele schön gelegene Hotspots und alte Telefonzellen. Aber bisher hat sich die Telekom bei uns nicht gemeldet."

    Mit 100 Hotspots lässt sich Berlin aber nicht abdecken. Um das WLAN-Netz engmaschiger zu knüpfen, wird die Landesmedienanstalt erstmals auch der Berliner Freifunk-Gemeinschaft Geld überweisen: 30.000 Euro seien so gut wie bewilligt für die ehrenamtlichen WLAN-Enthusiasten. Die Freifunker betreiben in der ganzen Stadt Tausende WLAN-Router, die sich untereinander vernetzten und Daten weiter reichen. Jürgen Neumann, Mitbegründer der Freifunk-Gemeinschaft:

    "Die 30.000 Euro der MABB sollen dafür verwendet werden, zehn oder vielleicht ein paar mehr Standorte auszubauen als Knotenpunkte innerhalb des Berlin Backbones."

    Das ist eine Richtfunkverbindung von Hochhaus zu Hochhaus, die die Freifunk-WLAN-Netze der Berliner Kieze verbindet. Kabel Deutschland und Freifunk – damit ist die öffentliche WLAN-Förderung fast aufgebraucht, sagt der Direktor der Landesmedienanstalt:

    "Es ist nicht unsere Aufgabe, Berlin überall mit WLAN zu versorgen. Unsere Aufgabe ist es, anzuschieben und dann muss es von selber laufen."

    Der Berliner Senat gibt kein Geld, stellt lediglich öffentliche Gebäude für Hotspots zur Verfügung, sagt der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning. Er versuche jetzt weitere Unternehmen wie die Berliner Verkehrsbetriebe ins Stadt-WLAN zu holen.

    "Und das Ziel sollte sein am Ende des Prozesses, dass es einen Zugang gibt, worunter jeder seine Insellösung anbieten kann."

    Böhning wünscht sich, dass es im Berliner WLAN immer auch einen Gratis-Internetzugang geben soll, aber das ist noch offen. Die verschiedenen WLAN-Netze müssen jetzt erst mal zu einem Berlin-WLAN verwoben werden. Doch wie das geschehen soll, ist ebenfalls völlig offen. Die Landesmedienanstalt setzt auf die Kräfte des Marktes:

    "Ich denke, dass es ein Eigeninteresse der verschiedenen Unternehmen, dass nicht verschiedene Infrastrukturen aufgebaut werden, weil es einfach teuer ist. Sie haben das gleiche Thema im Mobilfunk. Aber sie können niemand zwingen, mit jemand anderem zu kooperieren."

    Technisch wäre es kein Problem, die Funknetze von Kabel Deutschland mit den Tausenden Freifunk-Routern zu verbinden, sagen die Freifunker. Doch Gespräche darüber hat es noch nicht geben. Der Chef von Kabel Deutschland, Adrian von Hammerstein, sagt nur:

    "Der Pilot ist offen für Kooperation und wir sind gern bereit, mit anderen Unternehmen über Formen der Zusammenarbeit zu sprechen."

    Das wird notwendig sein, um keine doppelte Infrastruktur aufzubauen. Wer immer Zugangspunkte zum Berliner WLAN installiert, müsse diese Hotspots auch anderen Anbietern zur Verfügung stellen, fordert der Chef der Berliner Senatskanzlei, Björn Böhning, - kann aber nur sanften Druck ausüben:

    "Wenn wir beispielsweise Dächer von öffentlichen Liegenschaften, von Rathäusern, von öffentlichen Gebäuden zur Verfügung stellen, dann können wir nicht 25 Router von 25 Anbietern drauf setzen. Sondern da erwarten wir, dass es eine Lösung gibt und eine Offenheit für alle weiteren."