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Friedensappell aus Rabat
Reaktionen auf die Rede des marokkanischen Königs

Die französische Regierung hat die Rede des marokkanischen Königs Mohammed VI. begrüßt, der seine im Ausland lebenden Landsleute ermahnte, immer wieder klarzustellen, dass der Islam eine Religion des Friedens sei. Auch in der französischen Presse fand die Rede ein positives Echo. Doch bei aller Begeisterung: Es gibt auch Kritik.

Von Suzanne Krause | 02.09.2016
    Marokkos König Mohammed VI. (28.6.2016).
    Marokkos König Mohammed VI. hat seine Landsleute zur Verteidigung von Frieden und Eintracht aufgerufen. (dpa / picture alliance / Stringer)
    In Frankreich leben rund 1,5 Millionen Marokkaner – die Hälfte verfügt über die doppelte Staatsangehörigkeit. Die Rede von König Mohammed wurde hier aber nicht allein deshalb aufmerksam verfolgt und häufig kommentiert.
    Mohammed VI. rief die Marokkaner im Ausland zur Verteidigung von Frieden und Eintracht auf. Er mahnte sie, immer wieder klarzustellen, dass der Islam eine Religion des Friedens sei. Der König verurteilte zudem den Anschlag auf den französischen Priester in der Normandie vor einigen Wochen. Er erklärte, dieser Mord vor dem Kirchenaltar sei eine unverzeihlich wahnsinnige Tat.
    Unmittelbare Reaktion aus Paris
    Worte, auf die das Pariser Außenministerium unmittelbar reagierte. Frankreich sei sehr berührt von dieser Aussage und begrüße, dass Marokko entschlossen gegen jeglichen Fanatismus vorgehe, erklärte das Quai d'Orsay. Man wolle mehr denn je zusammenarbeiten, um gegen Radikalisierung und Terrorismus vorzugehen.
    Pierre Vermeren ist Professor für Zeitgeschichte an der Pariser Sorbonne und gilt als Marokko-Experte. Vermeren sagt, dass die französische Regierung auf eine Botschaft wie die des marokkanischen Königs gewartet habe.
    "In Frankreich setzen Politiker fast aller Parteien großes Vertrauen in die Autorität des Königs von Marokko. In seiner Rede zitierte er immer wieder Koranverse. Das wird hier sehr begrüßt, denn unsere Politiker werfen muslimischen Autoritäten im Land regelmäßig vor, terroristische Umtriebe nicht vehement genug zu verurteilen und das auch nicht theologisch zu untermauern."
    Widerhall fand die Rede von Mohammed VI. auch in der französischen Presse. "Der König von Marokko will angesichts des Terrorismus den moderaten Islam verkörpern", titelte "Le Monde", Mohammed VI. habe mit Nachdruck auf seine Rolle als, so wörtlich, "Kommandant der Gläubigen'"verwiesen.
    Eine Rede als Wegmarke
    Auch für Rachid Badi ist die Rede von Mohammed VI. eine Wegmarke. Badi kam als Kind mit seinen Eltern aus Marokko nach Frankreich. Heute leitet er den Trägerverein der Moschee in Provins, einer Kleinstadt östlich von Paris. Trotz seines französischen Passes fühlt sich Rachid Badi von den Worten des Königs im tiefsten Inneren angesprochen.
    "Als Muslim mit marokkanischen Wurzeln bin ich sehr froh, dass der König uns unterstützt, indem er an unsere traditionellen Werte erinnert. An unsere Verbundenheit mit dieser Religion, die unser Ahnen seit Jahrhunderten praktizierten. Marokko ist ein sehr religiöses Land, aber dort wurde der Respekt vor anderen Glaubensgruppen immer hochgehalten."
    Keine Illusionen
    Weder Vermeren noch Badi geben sich Illusionen hin: Gewaltbereite Jugendliche marokkanischer Abstammung wird die Mahnung von Mohammed VI. kalt lassen. Ihre Eltern jedoch wie auch Verantwortliche in muslimischen Kulturvereinen und Moscheen werden aufhorchen, hofft Rachid Badi. In seinen Arabisch-Kursen für Kinder hält der Franko-Marokkaner immer wieder die spirituellen Glaubenswerte des Islam hoch.
    "Der König hat recht mit seiner Bemerkung, islamistische Terroristen seien weder Marokkaner noch Muslime. Doch eigentlich ist eine solche Aussage bei uns verboten: Wenn jemand das Glaubensbekenntnis abgelegt hat, darf ihm niemand das Recht nehmen, Muslim zu sein. Wenn also nun jemand wie Mohammed IV. mit der Exkommunierung droht, wiegt dies sehr schwer."
    Aus der Sicht des Historikers Pierre Vermeren hat Mohammed noch mit einer ganz anderen Regel gebrochen. Dabei geht es nicht um den Islam, sondern um Frankreich.
    "In einem laizistischen Land wie Frankreich wird da ein Problem deutlich: Die Franko-Marokkaner, die bei uns zumeist schlicht als Franzosen gesehen werden, unterstehen einer ausländischen religiösen Autorität, die das auch einfordert. Das wird in Frankreich zwar nicht diskutiert, aber man muss es dennoch aufzeigen."