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Fröhliche Weihnachtsmusik

"Weihnachten ist ein Fest der Freude. Leider wird dabei zu wenig gelacht", findet der französische Philosoph und Schriftsteller Jean-Paul Sartre. Auf die Böhmische Weihnachtsmesse, um die es heute geht, trifft das allerdings nicht zu. Denn die sprüht vor Heiterkeit und Freude. Und auch das Weihnachtsalbum des Leipziger Calmus Ensembles bietet nicht nur besinnliche Weisen, sondern auch heiter-kecke Arrangements bekannter Advents-und Weihnachtslieder.

Von Falk Häfner | 13.12.2009
    " Ceska mše Vanocní
    Jakub Jan Ryba
    daraus: Kyrie
    Magdalena Kožená (Mezzosopran),
    Gabriela Eibenová (Sopran)
    Jaroslav Brezina (Tenor)
    Michael Pospíšil (Bass)
    Capella Regia Musicalis "

    Was in Deutschland das Krippenspiel, das scheint in Tschechien die weihnachtliche Hirtenmesse von Jakub Jan Ryba zu sein. Sie gehört dort auch heute noch zum Pflichtprogramm während der Weihnachtstage.

    1796 wurde das Werk in Prag uraufgeführt, also fünf Jahre nach Mozarts Zauberflöte. Und auch wenn manche Ensembleszenen darin musikalisch an Mozarts Geniestreich erinnern, so kann sich Rybas Komposition doch nicht damit messen. Zumal sie nicht für die Opernbühne, sondern für den für den kirchlichen Gebrauch geschrieben worden und auf Laienensembles zugeschnitten ist. Sie ist keine Messe im traditionellen Sinne, auch wenn sich die einzelnen Sätze dieser Komposition an der für Messen üblichen Satzfolge von Kyrie, Gloria, Credo, Benedictus und Agnus Dei orientieren. Doch hier geht es nicht in erster Linie um das Gotteslob. Erzählt wird stattdessen die Weihnachtsgeschichte: und zwar aus der Sicht böhmischer Hirten, die das heilige Kind in Betlehems Stall besuchen wollen.

    Das Label Archiv Produktion hat diese Böhmische Hirtenmesse jetzt herausgebracht. Die Aufnahme allerdings ist schon gut zehn Jahre alt. Die Mezzosopranistin Magdalena Kožená hat sie 1998 - damals noch am Anfang ihrer Karriere stehend - gemeinsam mit der Capella Regia Musicalis und drei weiteren Solisten aufgenommen: Gabriela Eibenová (Sopran), Jaroslav Brezina (Tenor) und Michael Pospíšil (Bass). Entstanden ist die Einspielung im Kloster Kladruby, dem früheren Kladrau, westlich von Prag gelegen.

    Aus Jakub Jan Rybas Messe jetzt das Credo, bei dem sich die Hirten formieren, um nach Betlehem aufzubrechen. Wobei ihnen dieses ehrenwerte Vorhaben auch irdische Sorgen bereitet, zum Beispiel was sie alles mitnehmen müssen für die lange Reise und wer die Geschenke unterwegs trägt. Die Antwort wird gleich mitgeliefert: Tomek ist der Lastenträger.


    Und so stürzt man sich denn auch recht volksmusikantisch in das Abenteuer. Von deutschen Volksliedern geprägte Ohren jedenfalls werden sich sicherlich am Anfang des Credos an das Volkslied "Horch, was kommt von draußen rein" erinnert fühlen.

    " Ceska mse Vanocni
    Jakub Jan Ryba
    daraus: Credo
    Magdalena Kožená (Mezzosopran),
    Gabriela Eibenová (Sopran)
    Jaroslav Brezina (Tenor)
    Michael Pospíšil (Bass)
    Capella Regia Musicalis "

    Als volkstümlicher Haydn wird der 1765 geborene Jakub Jan Ryba gelegentlich beschrieben. Aus seiner Feder stammen Streichquartette, Sinfonien und Konzerte. Magdalena Kožená selbst betont, dass es für klassisch ausgebildete Sänger heikel sei, seine Hirtenmesse zu singen. Professionelles Sänger-Vibrato störe nur. Hier soll man betont einfach singen, so wie man Volkslieder singt. (Einfach ist das für den Bass Michael Pospíšil angesichts der Höhe allerdings nicht mehr!)

    Wie bei vielen Volksliedern ist auch der harmonische Radius auf ein Mindestmaß beschränkt: Tonika, Subdominante und Dominante. Schlichter geht es in der abendländischen Musik kaum. Und gleichzeitig dürfte das auch die Erklärung dafür sein, warum Rybas Böhmische Hirtenmesse auch bei Laienensembles in Tschechien heute noch so beliebt ist.
    Bei der vorliegenden Aufnahme spielt allerdings ein Profi-Ensemble auf historischen Instrumenten diese frühklassische Musik: die tschechische Capella Regia Musicalis.

    Vorangestellt sind der Messe auf der CD übrigens drei weitere Pastorellas von Jakub Jan Ryba. Eine davon, in der dem Jesuskind gehuldigt wird, hören wir jetzt: Jak milé, rozkošné. Magdalena Kožená singt.

    " Jak milé, rozkošné
    Jakub Jan Ryba
    Magdalena Kožená, Mezzosopran
    Capella Regia Musicalis "

    Die Mezzosopranistin Magdalena Kožená mit Weihnachtsmusik aus ihrer böhmischen Heimat: Drei Pastorellas und die Tschechische Weihnachtsmesse von Jakub Jan Ryba sind jetzt beim Label Archiv Produktion herausgekommen.

    Wesentlich bekannter sind die Weihnachtslieder, die das Calmus Ensemble aus Leipzig auf seinem neuen Album "Calmus Christmas Carols" veröffentlicht hat.

    Im "Kasten" hatte für das Calmus Ensemble in den 90er Jahren alles angefangen. Kasten, so wird das Internat des Leipziger Thomanerchores genannt. Im Chor waren auch Ludwig Böhme und Sebastian Krause, die 1996 mit zwei weiteren Chorkollegen den Comedian-Harmonists-Titel "Ein Freund, ein guter Freund" zum Besten gaben. Das kam an und so waren die vier Thomaner bald als "Beamtenquartett" bekannt. Zumindest nannte der Thomaskantor die Jungs so, da sie im Chor wichtige Funktionen innehatten, sozusagen chorinterne Beamte waren. Dass man mit einem solchen Namen in der seriösen Musikwelt aber nicht weit kommt, ist klar und so startete die Truppe nach der aktiven Thomanerzeit und mit neuer Besetzung 1999 unter neuem Namen als Calmus-Ensemble. Inzwischen besteht das aus vier Herren plus einer Sopranistin.

    Auf ihrem aktuellen Album haben sie sich populären Weihnachtsliedern gewidmet. Eines der schönsten Arrangements hierbei ist das bekannte "Maria durch ein Dornwald ging".

    " Maria durch ein Dornwald ging
    Calmus Ensemble "

    Ein gutes Drittel ihrer Titel haben die Mitglieder des Leipziger Calmus Ensembles selbst arrangiert, die meisten davon Ludwig Böhme, der Bariton der Truppe. Ludwig Böhme selbst hat schon als Präfekt bei den Thomanern den Chor dirigiert und Chordirigieren später auch an der Leipziger Musikhochschule studiert. Zwei Jahre lang war er Assistent des Thomaskantors und inzwischen leitet er in Leipzig den Josquin du Prez Kammerchor. Chor-und Ensemblesingen hat Böhme also in Fleisch und Blut. Und das merkt man diesem freien, ausgewogenen und immer wieder variierenden Satz mit seinen filigranen Arabesken auch an. Zugrunde gelegt hat Böhme nicht die heute gebräuchliche dreistrophige Version, sondern eine alte siebenstrophige Fassung, die er durchkomponiert hat und im Verlauf musikalisch immer mehr anreichert. Dabei kreisen die Strophen jeweils um den Kyrie-Eleison-Ruf. Dass dies so gut funktioniert, liegt an der ausgewogenen Registrierung von Sopran, Countertenor, Tenor, Bariton und Bass. Die beinah vibratolosen Stimmen mischen sich zu einem bestechend intonierten Gesamtklang, bei dem keiner unabsichtlich hervortritt. Lediglich beim einzigen Pop-Titel der Platte, dem Weihnachtshit "Thank god it's christmas" von Queen leisten sich die Fünf einen angerauten Klang mit Schleifern und mehr Vibrato. Noch überzeugender aber gelingt ihnen "Jingle Bells" in einem weiteren Satz von Ludwig Böhme, der die Hörer gewitzt erst mal auf die falsche Fährte lockt:

    " Jingle Bells
    Calmus Ensemble "
    Jingle Bells gemixt mit der deutschen Entsprechung "Süßer die Glocken nie klingen" - ein Arrangement des Calmus Ensembles. Um dessen neues Album "Calmus Christmas Carols" mit populären Advents-und Weihnachtsliedern ging es heute. Beim Label Carus ist es herausgekommen.

    Zuvor hörten Sie Ausschnitte aus der Tschechischen Weihnachtsmesse von Jakub Jan Ryba - eine Einspielung der Capella Regia Musicalis, u.a. mit der Mezzosopranistin Magdalena Kožená, dies eine Platte des Labels Archiv Produktion.


    Diskografie:

    1.
    Jakub Jan Ryba: Czech Christmas Mass
    Magdalena Kožená, Sopran
    Capella Regia Musicalis
    Ltg.: Robert Hugo
    Label: Archiv Prod.
    Labelcode: 00113
    Bestell-Nr.: 00289 477 8365


    2.
    Calmus Christmas Carols
    Calmus Ensemble Leipzig
    Label: Carus
    Labelcode: 03989
    Bestell-Nr.: 83.432