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Frohe Nachricht im Morgengrauen

Nobepreis. - Am Montag startete das erste Kapitel im Krimi um die höchsten wissenschaftlichen Weihen mit der Verleihung des Nobelpreises für Medizin. In diesem Jahr geht die Ehrung an Craig Mello und Andrew Fire aus den USA.

Von Ralf Krauter | 02.10.2006
    Der US-Forscher Craig Mello dachte zunächst an einen dummen Streich, als bei ihm heute früh 4:14 Uhr das Telefon klingelte. War es aber nicht, der Anruf kam vom Nobel-Komitee in Stockholm. Gemeinsam mit seinem Landsmann und Fachkollegen Andrew Fire von der Universität Stanford in Kalifornien erhält der US-Forscher den diesjährigen Nobelpreis für Medizin. Auch Fire konnte kaum glauben, in den Olymp für Wissenschaftler aufgestiegen zu sein. Laut Begründung des Auswahl-Komitees in Stockholm bekommen die beiden glücklichen Gewinner die Auszeichnung für ihre Entdeckung der so genannten RNS-Interferenz.

    Die US-Forscher Craig Mello und Andrew Fire sind beide erst Mitte 40 und damit auffällig junge Nobelpreisträger. In der Molekularbiologieszene haben sie sich allerdings schon seit Jahren einen Namen gemacht. Das von ihnen entwickelte Verfahren zum gezielten An- und Abschalten von Genen - die so genannte RNS-Interferenz - wurde vom Fachmagazin Science 2002 zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres gekürt. Im März dieses Jahres bekamen Craig Mello und Andrew Fire den renommierten und hoch dotierten Paul-Ehrlich-Preis überreicht. Es sieht also so aus, als hätten dessen Jurymitglieder den richtigen Riecher gehabt. So sieht das auch der Virologe Professor Bernhard Fleckenstein von der Universität Erlangen, der Mitglied im Stiftungsrat der Paul-Ehrlich-Stiftung ist.

    Bernhard Fleckenstein: Ich kann nur sagen, ich freue mich darüber, dass das Auswahlkomitee für den Nobelpreis die gleichen Prioritäten gesehen hat wie die Auswahlkommission für den Paul-Ehrlich-Preis. Der Paul-Ehrlich-Preis der Stiftung ist für herausragende Wissenschaftler, die die wichtigsten Pioniertaten der biomedizinischen Forschung getan haben in den zurückliegenden Jahren, und hat im Grunde genommen die gleiche Intention wie Spitzenleistungen auszuzeichnen wie das auch der Nobelpreis tut. Und wenn in diesem Jahr das zusammenfällt, dann kann ich mich nur freuen, dass wir ein klein wenig vorher dran waren.

    Ralf Krauter: Haben Sie die beiden persönlich kennen gelernt und wenn ja, wie würden Sie sie beschreiben? Was sind das für Typen, was sind das für Forscher?

    Fleckenstein: Es sind Wissenschaftler, die in einem äußerst freundlichen und bescheidenen Auftreten in jeder Hinsicht persönlich überzeugt haben. Sie sind Professoren, Hochschullehrer in den Vereinigten Staaten, in einem System, welches einem hoch motivierten Wissenschaftler ideale Rahmenbedingungen zur Forschung liefert.

    Krauter: Sagen Sie uns ganz kurz, warum ist diese Entdeckung der beiden so wichtig?

    Fleckenstein: Das Entscheidende ist, dass es möglich geworden ist durch die Technologie der interferierenden RNS-Moleküle, Gene abzuschalten. Und das gibt die Möglichkeit, in einem komplexen lebenden System durch das Herausnehmen einer Einzelfunktion eines Gens, zu untersuchen, welche Funktion dieses Gen hat. Das hat einen technologischen Sprung nach vorne für die gesamte biomedizinische Forschung gegeben - für alle Bereiche der biomedizinischen Forschung, von der Pflanzenforschung über die Mikrobiologie bis in die Zellbiologie der höheren Organismen.

    Krauter: Aus ihrer Sicht geht die Entscheidung aus Stockholm also voll in Ordnung?

    Fleckenstein: Absolut in Ordnung.