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Frühwarnung
Radarstationen gegen den Sturm vernetzt

Ob Starkregen, Hagel oder Gewitter: Bislang lässt sich kaum sagen, wo Wetterextreme genau zuschlagen. In Dallas/ Fort Worth soll ein neues Netzwerk aus preiswerten Radarstationen, die wie Handymasten auf Hausdächer montiert werden können, Meteorologen nun Daten für schnelle, präzise Vorhersagen liefern.

Von Dagmar Röhrlich | 30.04.2014
    Eine Frau steht neben einem Baumstumpf, dahinter stehende Gebäude sind total zerstört.
    Am 29. April hinterließ ein Tornado in Richland (Mississippi(USA) eine Schneise der Verwüstung. (picture alliance / dpa / Chris Todd)
    Den sechseinhalb Millionen Einwohnern des Ballungsraums Dallas-Fort Worth in Texas sind Wetterextreme vertraut: Immer wieder treffen Tornados das Städtekonglomerat, auch Hagelstürme, Starkregenfälle oder Überflutungen. Deshalb wird dort ein Netzwerk von Radarstationen installiert namens CASA - Collaborative Adaptive Sensing of the Atmosphere. Das sind kleine Stationen, die jeweils einen Radius von 40 Kilometern abdecken und in einem kurzwelligen Radarbereich arbeiten. Die Aufgabe von CASA ist die Verbesserung der Vorhersage kurzfristiger Wettereignisse und der Warnung der Bevölkerung:
    "Unser Netzwerk misst mit sehr hoher räumlicher Auflösung in der Größenordnung von wenigen hundert Metern. Deshalb können wir einen über einer Stadt aufziehenden Sturm genau verfolgen. Dabei arbeiten die Radarstationen nach dem Prinzip des Handy-Netzwerks miteinander: Die Abdeckung überlappt sich an den Rändern und wenn eine Station zu weit entfernt ist, um das Geschehen zu verfolgen, übernimmt die nächste,"
    Mikrowellengroße Radarmodule
    ... erklärt Chandra Chandrasekar von der Colorado State University in Fort Collins. Die kleinen, kompakten Stationen mit dem mikrowellengroßen Radarmodul werden einfach auf die Dächer von Gebäuden montiert: Vier arbeiten bereits, vier weitere werden bis Ende des Jahres folgen.Dann ist das System in Dallas-Fort Worth komplett.
    "Nachdem wir das System vier Jahre lang in einem ländlichen Gebiet in Oklahoma getestet haben, läuft in Dallas-Fort Worth das Demonstrationsprojekt. Es soll die Leistungsfähigkeit beweisen. Dallas-Fort Worth ist ideal: eine große Metropolregion mit hohem Wirtschaftswachstum, die von Fluten und Stürmen bedroht ist. Weil der Klimawandel Metropolen wie diese noch verletzlicher macht, soll CASA die Vorhersage von Extremwetterlagen verbessern."
    Die Daten, die das Netzwerk an das Rechenzentrum des Wetterdienstes liefert, sind etwa zehnmal präziser als die der klassischen Radarsysteme. Und während die ihre Daten alle nur fünf Minuten aktualisieren, versorgen die Netzwerkstationen die Computer der Meteorologen alle 30 bis 60 Sekunden mit Informationen - in Echtzeit, sozusagen:
    "Obwohl dieser Typ Radarstation sehr viel billiger ist als die großen Stationen der Wetterdienste, hat er viele Vorteile: Wir können auch bodennahe Luftschichten untersuchen, und wir können mit ihnen nicht nur die Stärke eines Sturms bestimmen, sondern auch sehr präzise die Niederschläge. Außerdem verraten uns die Radardaten, ob dieser Niederschlag als Hagel fallen wird oder als Regen oder Eisregen."
    Direkte Vorhersageberechnung
    Denn die CASA-Stationen arbeitet mit kurzwelligen, horizontal und vertikal polarisierten elektromagnetischen Wellen. Ob ein Hagelschauer niedergehen wird oder Regen, lässt sich dann aus Unterschieden in den reflektierten Wellen berechnen. Die Stationen tauschen sich ständig untereinander aus. Registriert eine einen aufziehenden Sturm, beginnt das gesamte Netzwerk, die Schlechtwetterfront zu scannen. Die Daten werden automatisch an den Wetterdienst weitergeleitet, fließen direkt in die Vorhersageberechnung ein:
    "Es geht dabei um Kürzestvorhersagen, also darum, was in den nächsten zehn bis 15 Minuten passiert. Diese Kürzestvorhersagen sind sehr viel akkurater als die „normalen" Vorhersagen. Wir können dann sagen, dass ein Sturm diesen oder jenen Weg nehmen wird, wo die Leute dringend Schutz suchen sollen. Diese Informationen gehen dann alle unsere Abonnenten, also beispielsweise an Krankenhäuser oder den Katastrophenschutz, die daraufhin auf der lokalen Ebene ihre Entscheidungen fällen."
    Außerdem werden aus den Daten des Radarnetzwerks Überflutungswarnungen berechnet - um beispielsweise rechtzeitig Straßen zu sperren. Während in Dallas Forth Worth das Demonstrationsprojekt anläuft, beginnt in Tokio der Bau einer solchen Anlage. Allerdings sind dort 40 Stationen notwendig, um die Metropole abzudecken. Und Städte wie Amsterdam oder Hamburg wollen ähnliche Systeme installieren.