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Fuchsbau Festival bei Hannover
Labor für Kunst und Politik

Ob politische Diskussion, Club-Konzert oder Kunstinstallation: Vom 12. bis 14. August wird ein altes Ziegeleigelände in Lehrte bei Hannover zum Ort politischer Auseinandersetzung. Eine Frage steht dabei immer im Vordergrund: Welche Aufgabe hat Kunst in unsicheren Zeiten?

Von Christoph Möller | 12.08.2016
    Ein altes Ziegeleigelände in Lehrte bei Hannover. Auf einer abgemähten Wiese stehen zwei junge Männer auf Aluminiumleitern und bohren an einem noch undefinierbaren hölzernen Gerüst.
    "Wir bauen ein Pferd. Ein Trojanisches Pferd. Das wird mit Beamern bestrahlt und da werden Figuren oder Filme draufgemapt."
    Aus ganz Deutschland ist das "Kreativkollektiv Eigenwelt" angereist, um ihr fast vier Meter hohes hölzernes Ross aufzubauen. Letztes Jahr haben sie an gleicher Stelle den Turm zu Babel gebaut. Dieses Jahr passt das Pferd besser, sagt Simon Hartmann.
    "Das Thema vom Festival ist ja 'In der Hitze des Gefechts', und da sind wir über diese Themen, Offensichtliches und das Versteckte dahinter, sind wir ein bisschen dazu gekommen. Das Trojanische Pferd ist ja auch so eine Kriegslist gewesen."
    Spiel mit kriegerischen Bildern
    Kriegslist, Trojanisches Pferd, "Hitze des Gefechts" – das Fuchsbau Festival spielt mit kriegerischen Bildern. Doch hinter dem militärisch klingenden Motto, "Hitze des Gefechts", steckt mehr, sagt Organisator Christoffer Horlitz.
    "Gefechte werden immer ausgefochten, auf die ein oder andere Weise, sei es im Privatleben, sei es mit sich selbst, sei es im ganz Großen als Krieg. Aber gleichzeitig glaube ich auch, dass es ein Thema ist, das aktuell sehr viel diskutiert wird. Also, so eine subjektive Sicht, dass Gefechte näher an uns ran rücken würden, was wir sehr spannend finden, zu diskutieren."
    Raum schaffen für Ideen
    Das Gefecht wird beim Fuchsbau Festival ästhetisch verstanden. Über 100 Performances, Installationen, Diskussionen und Konzerte verhandeln im Wesentlichen zwei Fragen: Wie wollen wir leben in einer Welt, in der scheinbar alles so unsicher geworden ist? – Und was können Kunst und Pop leisten? Das Festival ist politisch. Aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern indem es Raum für Ideen schafft.
    "Wir haben das Festivalthema in drei Leitmotive eingeteilt: Ziel, Mittel, Gefecht. Beispielsweise für das Thema "Mittel", da gibt es eine Diskussionsrunde, die nennt sich 'Widerstandsformen der Zukunft', wo gefragt wird, ob die Straßendemo heute noch das ist, was zeitgemäß ist für Problematiken, die eigentlich global angegangen werden müssen."
    Im Kontext des Festivals bekommen diese Fragen eine neue Qualität. Denn wer am Abend exzessiv zu Techno getanzt hat, kann am nächsten Morgen wie selbstverständlich in einer Diskussion zu Hatespeech landen, oder an einem Workshop teilnehmen, der fragt, wie sich das Bild des Täters nach der Kölner Silvesternacht verändert hat?
    Unterschwellig politisches Musikprogramm
    Auch das Musikprogramm: unterschwellig politisch. Weniger weiße Männer als bei anderen Festivals, sondern Musiker wie der Queere-Rapper Le1f.
    Oder Perera Elsewhere, die nicht nur Musik spielt, sondern auch über das politische Potenzial von elektronischer Musik spricht.
    "Sasha Perera, also Perera Elsewhere, die ist in London geboren, Tochter sri-lankischer Eltern, die in den 1970ern vor dem Bürgerkrieg zwischen Tamilen und Singhalesen geflüchtet sind. Und lebt aber schon seit Anfang der 90er in Berlin. Und trägt eben sehr viele Strömungen elektronischer Musik quasi in ihrer DNA. "
    Dennis Pohl ist Redakteur beim Musikmagazin "Spex" und moderiert die Diskussion über politische elektronische Musik.
    "Auf gewisse Art und Weise ist eben dieser klassische Blick, dass ein politischer Song so ein Protestsong á la Folk-Sänger-1968 sein muss, ein bisschen veraltet. Und ich finde, da gibt es heute ganz viele andere Mittel und Wege eine gewisse Politisierung reinzubringen – und das soll natürlich auch zur Diskussion stehen."
    Arbeiten an und mit Veränderungen
    Heute scheint die Inszenierung des Ich immer wichtiger zu werden – Parolen gehören der Vergangenheit an. Das Fuchsbau Festival arbeitet an und mit diesen Veränderungen. Mit Pop und Kunst will das Festival zeigen: Wir müssen uns nicht mit dem zufrieden geben, was wir gerade sind oder was uns die Verhältnisse diktieren. Ein kleiner Ort der Utopie, meint Organisatorin Luna Ali.
    "Es ist ein Möglichkeitsraum. Und das ist, glaube ich das, was wir mit diesem Festival versuchen zu schaffen."