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Führungsstreit in der AfD
Partei ohne Lucke nicht überlebensfähig

Es gebe Signale, dass die Kontroversen in der AfD zunehmen, sagte Konrad Adam, Co-Bundesvorsitzender der AfD im DLF. Dass Mitgründer Bernd Lucke die Partei verlassen werden, habe er aber nicht gesagt. Es wäre ein Jammer, so Adam, wenn Lucke bei der Zerstörung und beim Niedergang vorangehen würde.

Konrad Adam im Gespräch mit Christine Heuer | 12.05.2015
    Konrad Adam, im Hintergrund Frauke Petry von der AfD.
    Konrad Adam und Frauke Petry von der AfD. (imago/IPON)
    Auch er werde die AfD nicht verlassen. "Ich bin auch kein Repräsentant des nationalkonservativen Flügels", sagte Adam im DLF und bezeichnete sich selbst als "kulturkonservativ". Er stehe für Europa und die europäische Kultur. "Nationalkonservative Elemente sind mir relativ fern. Ich halte sie auch in einer Zeit wie dieser, wo man die nationalen Grenzen deutlich überschreiten muss, für unangebracht", betonte Adam.
    Es sei ein guter Schritt, dass Hans Olaf Henkel den Vorstand verlassen habe. Henkel gilt als enger Vertrauter von Bernd Lucke. Er hatte Adam nahegelegt, die Partei zu verlassen und Frauke Petry und Alexander Gauland gleich mitzunehmen. "Ich habe die Partei mitbegründet und betrachte sie auch als mein Kind", konterte Konrad Adam.
    Ohne ihren Gründer Bernd Lucke sei die Partei aber wahrscheinlich nicht überlebensfähig. Lucke habe sich um den Aufbau und den Erfolg dieser Partei zweifellos die allergrößten Verdienste erworben. "Es wäre ein Jammer, wenn er bei der Zerstörung und beim Niedergang der Partei vorangehen würde", sagte Adam. Er warnte zudem vor einem Rechtsruck in der Partei. Dieser werde vor allem von Mitgliedern aus Hessen angestrebt. Ebenso wenig sei aber eine rein wirtschaftsliberale Ausrichtung zu bevorzugen.

    Das Interview in voller Länge:
    Christine Heuer: Der Siegeszug der AfD war bemerkenswert. Im Schnelldurchlauf zog die neue Partei in eine ganze Reihe von Landesparlamenten ein, zuletzt, wenn auch knapp, am Sonntag in Bremen. Doch Freude herrscht deshalb nicht vor. Die AfD scheint sich vielmehr zu zerlegen. Die einen sagen, Parteigründer Bernd Lucke sei auf dem Absprung; die anderen, Bernd Lucke nämlich und seine Vertrauten, fordern den rechtskonservativen Flügel der AfD zum Verlassen der Partei auf. Sonst habe sie wohl keine Zukunft. - Am Telefon ist jetzt Konrad Adam, AfD-Co-Vorsitzender, der Mann, der behauptet hat, dass Bernd Lucke die Partei verlassen und eine neue Partei gründen wolle. Guten Morgen, Herr Adam.
    Konrad Adam: Guten Morgen.
    Heuer: Bernd Lucke hat gesagt, er kommentiert keine Gerüchte über seinen möglichen Austritt. Wir sollten mal Herrn Adam fragen, wie er darauf kommt. Das machen wir jetzt. Wie kommen Sie darauf, Herr Adam?
    Adam: Sie haben falsch anmoderiert. Entschuldigen Sie, wenn ich das sagen muss.
    Heuer: Aha!
    Adam: Ich habe nie gesagt, was Sie mir unterstellt haben. Ich habe lediglich gesagt, dass die Kontroversen in der Partei zunehmen, und insofern stimmen wir überein. Ich wage aber keine Prognose darüber, was andere Leute, in diesem Falle Herr Lucke, zu tun vorhaben. Ob es eine Spaltung, eine Neugründung oder Ähnliches gibt, weiß ich nicht.
    Heuer: Aber Sie werden so in Medienberichten zitiert, dass Sie sehr starke Signale erkennen für einen solchen Schritt von Bernd Lucke. Haben die das falsch geschrieben?
    Adam: Es gibt diese Signale und die gibt es nicht erst seit gestern und vorgestern und ich bin keineswegs der einzige, der sie empfangen hat.
    Heuer: Also stimmt es?
    Adam: Es gibt Signale dafür, dass die Kontroversen zunehmen. Es gibt keine Signale darüber, was am Ende bei der Geschichte herauskommt. Das ist doch ein Unterschied!
    "Kein Repräsentant des nationalkonservativen Flügels "
    Heuer: Gut, dann haben wir das geklärt. Sie haben nicht gesagt, dass Bernd Lucke auf dem Sprung raus aus der AfD ist. Aber er möchte die Partei ja auch gar nicht verlassen. Er möchte, dass der nationalkonservative Flügel an der AfD-Spitze die Partei verlässt. Damit meint er unter anderem Sie, Herr Adam. Gehen Sie? Verlassen Sie die AfD?
    Adam: Ich verlasse nicht die AfD und ich bin auch kein Repräsentant des nationalkonservativen Flügels. Wenn man mir denn unbedingt ein Etikett ankleben will, dann würde ich das Etikett "kulturkonservativ" bevorzugen. Ich stehe für Europa und die europäische Kultur. Nationalkonservative Elemente sind mir relativ fern. Ich halte sie auch in einer Zeit wie dieser, wo man die nationalen Grenzen deutlich überschreiten muss, für unangebracht.
    Heuer: Hans-Olaf Henkel - das ist ja ein enger Vertrauter von Bernd Lucke -, der sagt, Konrad Adam soll gehen, und Sie könnten auch gleich Frauke Petry und Alexander Gauland mitnehmen. Bleiben Sie trotzdem?
    Adam: Ich habe durchaus vor zu bleiben. Ich habe diese Partei mitbegründet, betrachte sie auch als mein Kind, und Sie wissen doch: Seine Kinder liebt man, insbesondere auch dann, wenn sie gewisse Unarten zeigen. Herr Henkel ist allerdings derjenige, der es mit den Unarten gelegentlich übertreibt. Dieser Mann weiß sich nicht zu benehmen.
    Heuer: Wenn Sie schon an der Spitze in der AfD so zerstritten sind, wie soll das denn dann weitergehen mit der Partei?
    Adam: Das weiß ich in der Tat auch nicht. Aber es ist doch ein guter Schritt, dass Herr Henkel jedenfalls den Vorstand verlassen hat. Da kommen wir doch vielleicht etwas weiter.
    Heuer: Ja. Aber nun möchte er, dass Sie gehen und die beiden, Petry und Gauland, gleich mitnehmen.
    Adam: Ja, das möchte er. Aber es geht nicht danach, was Herr Henkel will.
    Heuer: Aber Herr Lucke möchte das möglicherweise auch. Die sind sich ja doch relativ einig, Herr Adam.
    Adam: Das ist durchaus so. Das kann auch so sein. Aber dann muss man ja sehen, was am Ende rauskommt. Ich habe es doch vorher schon gesagt: Das Ergebnis ist offen.
    Ohne Lucke "wird es einen schweren Einbruch geben"
    Heuer: Ist die AfD, sollte Bernd Lucke die Partei verlassen, ohne ihren Gründer überlebensfähig?
    Adam: Wahrscheinlich nicht. Zumindest wird es einen schweren Einbruch geben. Ich habe hundert Mal gesagt und wiederhole es jetzt gerne: Bernd Lucke hat sich um den Aufbau und den Erfolg dieser Partei zweifellos die allergrößten Verdienste erworben. Eben deswegen wäre das ein Jammer, wenn er jetzt bei der Zerstörung und beim Niedergang der Partei vorangehen würde. Eins dürfte doch klar sein: Sollte sich die Partei zerlegen, sollte einer der beiden Flügel abgespalten werden, sind die Wahlaussichten noch geringer, als sie in Bremen ohnehin schon waren.
    "Drei-Sprecher-Modell war eine gute Lösung"
    Heuer: Kann es niemand besser als Bernd Lucke? Verstehe ich Sie richtig, Sie wollen ihn unbedingt an der Spitze halten und nicht, ich sage jetzt mal, durch Frauke Petry ersetzt sehen?
    Adam: Ich will ihn nicht unbedingt an der Spitze halten. Ich war und bin der Ansicht, dass das Drei-Sprecher-Modell, was wir hatten, für eine pluralistisch aufgestellte Partei eine gute Lösung war. Andere Leute waren anderer Ansicht. Ich habe dem nicht im Wege gestanden, denn mein Machtwille und mein Ehrgeiz geht nicht ganz so weit wie der von Herrn Lucke und vielleicht auch von Frau Petry.
    Heuer: Die wäre auch keine gute Vorsitzende?
    Adam: Das habe ich nicht gesagt! Versuchen Sie mir doch nicht immer Dinge unterzuschieben, die ich nicht gesagt habe.
    Heuer: Herr Adam, ich versuche mir nur vorzustellen, wie die Parteispitze nach Ihren Wünschen am besten aussehen soll, damit es mit der AfD gut weitergeht.
    Adam: Das kann ich Ihnen gerne sagen. Ich bin ein großer Anhänger der Gewaltenteilung. Das hieße auf die Parteiführung angewandt, drei Sprecher sind besser als zwei, zwei sind besser als einer. Ist das klar?
    Heuer: Wenn Sie die Namen noch dazu nennen, herzlich gern.
    Adam: Die drei Sprecher hießen bisher Lucke, Petry und Adam. Zwei Sprecher sollen Lucke und Petry heißen. Wer der eine Sprecher ist und am Ende übrig bleiben wird, ist noch nicht klar. Das Duell wird zwischen Herrn Lucke und Frau Petry wahrscheinlich ausgetragen.
    Heuer: Und wen von den beiden wünschen Sie sich?
    Adam: Das werde ich noch nicht sagen. Das hängt davon ab, wer in den nächsten Wochen bis zum nächsten Parteitag, der Mitte Juni stattfindet, die bessere Figur macht.
    Heuer: Nun sagt Bernd Lucke, es gäbe Teile, eben diesen rechtskonservativen oder nationalkonservativen Parteiflügel, dem er einen radikalen, systemkritischen Ansatz attestiert. Gibt es diesen Rechtsruck, den Bernd Lucke da beobachtet, in der Partei und wenn ja, ist der schädlich?
    "Es gibt Vorbereitungen für einen Rechtsdruck"
    Adam: Dass er schädlich ist, steht für mich außer Frage. Ob es den Rechtsruck geben wird, kann ich zurzeit noch nicht sagen. Dass es Vorbereitungen darauf gibt, ist allerdings unübersehbar. Ich spreche hier vor allen Dingen aus Hessen, wo in der Tat einige Leute nach vorne drängen, die ich in der Partei nicht sehen möchte, insbesondere nicht an der Spitze.
    Heuer: Sie gehen zusammen mit Bernd Lucke und sagen, dieser Teil der Partei soll mal lieber austreten und sich woanders andocken?
    Adam: Ich gehe in vielen Punkten konform mit Herrn Lucke, über dessen Verdienste ich ja bereits gesprochen habe. In einem unterscheide ich mich und das wiederhole ich ebenfalls gerne: Er will die Partei nach einer Seite, nach rechts, wie er sagt, abgrenzen. Ich meine, dass wir uns nach zwei Seiten abgrenzen müssen, denn es gibt in der Partei auch sogenannte Wirtschaftsliberale, die Politik durch Wirtschaft und den Bürger durch den Konsumenten ersetzen wollen, und das ist nicht meine Vorstellung von Politik.
    Heuer: Okay. Da haben Sie noch mal zusammengefasst den Richtungsstreit in Ihrer Partei. Ich frage Sie zum Schluss nach einer Prognose, Herr Adam. Gibt es die AfD noch in, sagen wir, anderthalb Jahren?
    Adam: Das hoffe ich. Aber mit Prognosen muss man vorsichtig sein. Sie kennen den schönen Spruch, Prognosen sind gefährlich, vor allen Dingen dann, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.
    Heuer: Konrad Adam, Co-Sprecher bei der Alternative für Deutschland. Herr Adam, haben Sie dank fürs Gespräch.
    Adam: Danke!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.