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Fünfte Staffel von "House of Cards"
Francis Underwood versus Donald Trump

Schauspieler Kevin Spacey spielt in US-Serie "House of Cards" den niederträchtigsten und unmoralischsten Politiker, den man jemals im TV bewundern durfte. In der fünften Staffel setzt er seine neue Legislaturperiode als fiktiver Präsident der USA fort. Ob er dabei den echten Präsidenten Donald Trump übertrifft, wird sich zeigen.

Von Michael Meyer | 30.05.2017
    Szenenbild: Präsident Underwood (Kevin Spacey) und seine Gattin im Weißen Haus. (Bild: Netflix / House of Cards / David Giesbrecht)
    Skrupellos und unmoralisch - Kevin Spacey als Präsident Underwood (Netflix / House of Cards / David Giesbrecht)
    "Das amerikanische Volk weiß nicht, was es braucht…ich weiß es….ich weiß genau, was es braucht."
    Francis Underwood ist zurück - und mit ihm jener arrogante, überhebliche Ton, der die Hauptfigur von Anfang an ausmachte. "Ich weiß Bescheid", sagt Underwood zu seiner Frau Claire – "und die Amerikaner … das sind kleine Kinder, denen man die klebrigen Finger und den dreckigen Mund abwischen und ihnen beibringen muss, wie man richtig von falsch unterscheidet. Man muss ihnen sagen, was sie fühlen, denken und wollen sollen …"
    "They're like little children, Claire, we have to hold their sticky fingers and wipe their filthy mouth, teach them right from wrong … and tell them what to feel and what to want."
    Die Realität hat die Serie eingeholt
    Auch wenn man den Vergleich mit Trump nicht überstrapazieren sollte - und die Figur von Francis Underwood sicher erheblich skrupelloser ist, als der reale Donald Trump - ist doch auffällig, wie sehr die Realität die Serie eingeholt hat. Beispiel: Präsident Underwood, immer noch kalt, empathielos und überzeugend gespielt von Kevin Spacey, hält nicht viel vom demokratischen System, sieht sich als eine Mischung aus Sonnengott und Alleinherrscher. Trump sagte während des Wahlkampfs, halb ernst, halb scherzhaft, man könne sich die Wahlen im Grunde sparen, er wisse ja ohnehin, dass er gewinnen werde. Trump sagte auch immer wieder: Das System sei kaputt, keiner kenne das System besser als er und deshalb sei er der einzige, der es reparieren könne:
    "Nobody knows the system better than me … which is why I alone can fix it."
    Kann man solche Hybris noch übertreffen? Das war die Frage, die sich alle "House of Cards" Fans stellten. Ohne zu viel zu verraten: Man kann. Und die Drehbuchautoren beweisen es bereits am Anfang der Staffel. In der vierten Staffel befand sich Frank Underwood auf Versöhnungskurs mit seiner Frau, und der Wahlkampf war im vollen Gange. An diesem Punkt setzt die fünfte Staffel ein: Frank und seine Frau kämpfen noch immer um den Wiedereinzug ins Weiße Haus. Eine amerikanische Familie wurde von einem Terrorkommando namens ICO entführt, der Vater namens Jim Miller enthauptet.
    "Zusammenarbeiten und aufeinander aufpassen"
    Derlei Ereignisse befeuern den Wahlkampf regelrecht, Amerika sei unter Beschuss durch Terroristen sagen die Underwoods, jeden Moment könnte es noch mal soweit sein. Und, natürlich, die Underwoods seien die einzigen, die klaren Kurs und Sicherheit bewahren können. In Wahrheit lässt Francis selbst einen Cyberangriff fingieren. Doch Claire Underwood richtet sich gleich am Anfang der neuen Staffel in einer Wahlkampfbotschaft direkt an die Wähler:
    "Es ist schrecklich", sagt Claire Underwood in ihrer Fernsehbotschaft, daher bitte sie darum, die Augen offen zu halten. Wenn ein verdächtiges Paket oder Person in der Nähe seien, dann sollten die Bürger anrufen. Man solle sich nicht von der Presse verrückt machen lassen, die lieber in der Vergangenheit wühlt, als sich um das Heute zu kümmern. Die Underwoods würden Tag und Nacht arbeiten um das Land zu beschützen - und egal, wer die Wahl gewinnt, man müsse zusammenarbeiten und aufeinander aufpassen.
    "Wie rechtfertigen wir das?"
    Das ist in seiner kalten Berechnung schon großartig gespielt und inszeniert. Noch ein Schlenker, bei dem sich die Autoren eindeutig an der Realität orientiert haben, ist der Versuch Underwoods, die Grenzen dicht zu machen und Menschen notfalls abzuweisen. Trumps Grenzschutzmaßnahmen, die gezielt Muslime ausschließen sollten und die mehrfach von Gerichten untersagt wurden, lassen grüßen. Doch in der Serie revoltiert Underwoods Außenministerin gegen die Pläne:
    "It is a bit extreme, expanding the no fly list ... the restrictions on visas alone is unprecedented … how do we justify this?"


    Kevin Spacey sagte in einem Interview vor dem Start der neuen Staffel, dass sie angeblich die beste von allen sei. Mal dahingestellt, ob derlei PR-Getöse nun der Wahrheit entspricht, legt die Serie bereits am Anfang ein enormes Tempo vor. Und auch der zunehmende Widerstand, den Underwood auch aus der eigenen Partei erfährt, macht viele Handlungsstränge noch interessant. Kurzum: Auch die neue Staffel "House of Cards" hält die Spannung und ist clever geschrieben und inszeniert. Der Plot ist noch härter und die Figuren noch skrupelloser, als in den Staffeln zuvor.

    Sie müssen keine Angst haben, sagt Underwood, als er in einer Szene Hände schüttelnd Bürger begrüßt. "House of Cards"-Fans wissen, dass das wohl kaum stimmen wird.
    "You have nothing to be afraid of … nothing to be afraid of!"
    Szenenbild aus House of Cards - Präsident Underwood schüttelt Hände von Wählern (Bild: Netflix / House of Cards / David Giesbrecht)
    Präsident Underwood im Wahlkampf (Netflix / House of Cards / David Giesbrecht)
    "House of Cards", ab dem 30.05.17 auf Deutsch oder Englisch bei Sky Atlantic zu sehen.