Funkerzählung zur "Eisenhans-Variation"

Die Hochzeit verlassen

Der Schriftsteller Paul Wühr am 26. Januar 1984 in Bremen, wo er mit dem mit 15.000 Mark dotierten Bremer Literaturpreis der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung ausgezeichnet wurde.
Der Schriftsteller Paul Wühr © picture-alliance / dpa / Schilling
Hörspiel von Paul Wühr · 04.07.2017
Paul Wührs moderne Variation zum "Eisenhans" beginnt mit dem eigentlichen Happy End des ursprünglichen Grimm-Märchens - "der glücklichen Hochzeit". Ein Hörspiel über die Fragwürdigkeit alles "Auslegens".
Ein eifernder Exeget legt das Märchen so aus, dass von Anfang an alle Vorgänge nur um der endlichen Erlösung des Eisenhans willen geschehen (durch den Prinzen). Was die Figuren Prinz und Eisenhans selbst nicht wissen: Er meint es klar erkannt und enträtselt zu haben und versucht, ihnen seine Deutungen zu suggerieren.
Seine logischen Ergebnisse werden jedoch infrage gestellt durch die Märchenfiguren selbst, die nicht wissen, warum sie so oder so handeln, die sich immer von Neuem ihrer inne zu werden bemühen, ihn mit ständigem "War es so?" aus seiner anfangs sicheren Argumentationsposition in ein Verteidigungsgestammel drängen und letztlich fassungslos allein zurücklassen.
Mit großer sprachlicher Gewandtheit hat Wühr in einer konsequent durchgeführten dreistimmigen Fuge die Fragwürdigkeit alles "Auslegens" dargestellt (vgl. Elisabeth Borchers Variation: "Dreimal Glück")
Mit Heiner Schmidt, Walter Richter, Peter Fricke

Produktion: DLF 1966
Länge: 44'53