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Funkfrequenzen
Mehr aus dem Spektrum herausholen

Immer mehr Kommunikation wird drahtlos übermittelt, vor allem im Mobilfunk. Damit die Verbindungen funktionieren, sind Frequenzen nötig - aber die sind begrenzt. In ein paar Jahren könnte es wieder eng werden im Funkspektrum. Deswegen wird nach Möglichkeiten gesucht, die vorhandenen Ressourcen besser auszunutzen.

Von Friederieke Maier | 15.11.2014
    Ein Handwerker arbeitet an einem Mobilfunkmast in Meerbusch.
    Was tun, wenn nur noch wenig Platz ist im Frequenzspektrum? (dpa / Jan-Philipp Strobel)
    Beim Mobilfunk gibt es Frequenzbereiche, in denen die Mobilgeräte senden und solche, die für die Basisstation vorgesehen sind. Auf der gleichen Frequenz zur gleichen Zeit senden geht nicht. Eigen-Interferenz heißt das Problem, so Sachin Katti von Kumu Networks, einer Ausgründung der kalifornischen Stanford University, die sich auf das Thema spezialisiert hat.
    "Stell dir vor du schreist aus voller Lunge. Und zur selben Zeit möchtest du jemandem zuhören, der flüstert. Das funktioniert nicht, weil dein eigenes Schreien das Flüstern übertönt. Dein eigenes Schreien verursacht also Eigen-Interferenz gegenüber dem Flüstern. Dieser Effekt kann auch auf die Funktechnik übertragen werden. Ein Sende-Signal ist am Sender sehr viel stärker als ein Signal, das von woanders kommt und empfangen werden soll. Wir bauen eine Technik, die das Schreien beseitigt, um das Flüstern zu verstehen."
    Auf die Funktechnik angewendet könnte damit die Hälfte des benötigten Spektrums eingespart werden. Denn auf der gleichen Frequenz könnte zur gleichen Zeit gesendet und empfangen werden.
    Wie Anti-Schall bei Kopfhörern
    Das Prinzip ist vergleichbar mit dem von Kopfhörern, die Umgebungsgeräusche aktiv ausblenden. Diese nehmen die Geräusche aus der Umgebung auf und geben der Musik, die gerade gehört wird, passenden Anti-Schall zu. So werden Umgebungsgeräusche, zum Beispiel im Flugzeug, stark gedämpft.
    "Die Architektur unserer Technik ist ähnlich. Eine Kopie des gesendeten Signals, das das Empfangssignal überlagert, wird aufbereitet und vom Empfangssignal subtrahiert. Dadurch wird die Interferenz beseitigt und das schwache Signal wird sauber empfangen."
    Doch die so einfach klingende Manipulation des Empfangssignals mit Grundrechenarten ist im Hochfrequenzbereich nicht ohne. Die Anforderungen an Schnelligkeit und Genauigkeit der Hardware und Algorithmen sind sehr viel höher als bei den Kopfhörern. Lange Zeit galt die Technik deshalb als nicht realisierbar. Doch laut Co-Founder Sachin Katti testen zurzeit mehrere große Mobilfunkkonzerne die Technik auf ihre praktische Anwendbarkeit.
    Eine Lösung: Das Spektrum teilen
    Auch ein anderer Trend verfolgt das Ziel, das Spektrum flexibler zu nutzen. Denn viele Anwendungen senden oder empfangen nicht dauerhaft. Mehrere Anwendungen, Beispielsweise die Kommunikation zwischen Autos und Drahtlos-Mikrofone könnten sich das Spektrum teilen. Dadurch könnte die Nutzung sehr viel effektiver gestaltet werden so Simon Saunders vom UK Spectrum Policy Forum:
    "Intelligentere Funksysteme, sogenannte 'Cognitive Radios' detektieren erst einmal, ob ein bestimmtes Funkspektrum frei ist und sie senden da, wo nichts anderes funkt. Und wenn doch etwas anderes im Spektrum auftaucht, dann verhandeln die 'Cognitive Radios' darüber, wer jetzt wann und wo senden darf."
    Einen wirklich störungsfreien, kognitiven Betrieb zu gewährleisten ist allerdings eine technische Herausforderung. Im Forschungsprojekt "Cognitive Program Making and Special Events", C-PMSE wurde von Geräteherstellern und Universitäten beispielsweise die Koexistenz von kognitiven, kabellosen Mikrofonen mit anderen potentiellen Nutzern eines Frequenzbandes untersucht. Diese Mikrofone funken quasi als Untermieter zwischen den digitalen Fernsehsignalen und es wird darüber diskutiert, noch andere Geräte, sogenannte Whitespace Devices für denselben Frequenzbereich zuzulassen.
    Intelligente Systeme
    Diese Drahtlosmikrofone werden zum Beispiel im Theater und bei Konzerten verwendet. Da schon eine sehr geringe Verzögerung die Künstler völlig aus dem Takt bringen könnte, ist der Aufwand für einen störungsfreien, kognitiven Betrieb enorm hoch, meint Jürgen Peissig. Er ist Professor für Übertragungstechnik an der Universität Hannover und war an dem Projekt beteiligt:
    "Würde jetzt ein White Space Device anfangen zu funken, dann würde so ein Drahtlosmikrofon eine Störung erfahren. Und um dann auszuweichen und keine Störung hörbar zu machen bei dem Drahtlosmikrofon müsste ich innerhalb von weniger als drei Millisekunden reagieren können und das ist einfach extrem aufwendig zu realisieren."