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Fußball-Meisterschaft vor leeren Rängen?

Die Weltmeisterschaft in Südafrika ist die erste auf dem Kontinent, der bisher international eher mit Hungersnöten, Bürgerkriegen und korrupten Regimes Schlagzeilen macht, als mit Erfolgsgeschichten. Dieses Bild könnte sich mit der Fußball-WM wandeln. Nicht nur für die Veranstalter ist es deshalb wichtig, dass die Ränge voll werden.

Von Leonie March und Heinz Peter Kreuzer | 07.02.2010
    "Im Moment ist der Kartenverkauf ein bisschen schleppend, aber je näher man hinkommt, umso mehr Karten werden verkauft. Wir werden ausverkaufte Stadien haben."

    Franz Beckenbauer, Exekutivmitglied des Fußball-Weltverbandes FIFA, Fußball-Ikone und Daueroptimist, rührte im Januar fleißig die Werbetrommel für die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Wie zur Bestätigung hieß es in einer FIFA-Pressemitteilung vom 27. Januar:

    Nach drei der fünf Kartenverkaufsphasen für die FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 sind zwei Drittel der verfügbaren Karten verkauft. In der dritten Verkaufsphase, die am 1. Februar mit einer Ziehung für die Spiele endet, bei denen die Nachfrage das Angebot übersteigt, gingen 1.206.865 Anträge aus 192 Ländern ein. Gegenwärtig ist die Nachfrage für sechs Spiele größer als das Angebot (alle Kategorien), darunter die beiden Halbfinalpartien und das Finale. Insgesamt sind 55 Spiele in mindestens einer Kategorie überbucht.

    Für Horst R. Schmidt, Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes DFB und zurzeit als FIFA-Berater des Organisationskomitees in Südafrika tätig, ist die Welt damit zwei Tage vor dem Beginn der vierten Verkaufsrunde wieder in Ordnung.

    "Der Ticketverkauf ist weitaus besser, als er dargestellt wird, besonders in Deutschland. Alles zusammen haben wir 35.000 Karten aus Deutschland, und wenn sie dann sagen, pro Person rechnen sie mit drei Karten, dann haben sie 10.000 Menschen, die aus Deutschland Karten für die Weltmeisterschaft bestellt haben, ist das schlecht?"

    Schmidt rechnet die Tickets, die per Internet bei der FIFA selbst geordert wurden. Beim DFB wurden laut Verbandsangaben 1916 Tickets für die drei Vorrundenpartien des deutschen Teams bestellt.

    Nach dem Verteilerschlüssel der FIFA für die teilnehmenden Nationen hätte der deutsche Verband etwa 21.000 Tickets für die Gruppenspiele verkaufen können. Dass die Kartenverkäufe für die WM in Südafrika schleppender als erwartet sind, hatten Medien schon zum Ende der Verkaufsphase 3 berichtet. Thomas Kistner von der "Süddeutschen Zeitung" im Deutschlandfunk.

    "Die Nachfrage nach WM-Tickets, speziell für die 48 Spiele der Vorrunde, ist äußerst gering. So hat der Deutsche Fußball-Bund in der gerade beendeten Verkaufsphase etwa 1000 Tickets für seine Gruppenspiele gegen Australien, Ghana und Serbien losgeschlagen, für alle drei Spiele zusammen. Man muss aber sehen, dass dem DFB für die Vorrunde fast 21 000 Tickets zustehen. "

    Hinter den Kulissen macht der Fußball-Weltverband deshalb Druck auf seine Agenten. Es seien noch Tickets "für alle Spiele in allen Stadien" verfügbar. Auch im Ausland laufen die Kartenverkäufe nicht wie erwartet. Thomas Kistner.

    "Wobei es aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern so ist, dass das Interesse sehr gering ist. Sogar in England, das sagt der Verband FA, sind noch Karten aller Kategorien verfügbar. Und der niederländische Verband hat die FIFA sogar um eine Verlängerung der Verkaufsfrist gebeten. Und schließlich klagen auch die Ticketagenten international, dass die auf dem Großteil ihrer teuer erworbenen Kontingente festsitzen."

    Der Verkauf der Hospitality-Angebote, Luxusreisen maßgeschneidert für Firmen und Sponsoren, liegt ebenfalls weit hinter den Erwartungen zurück. Die Infront-Tochter Match, der FIFA-Exklusivvermarkter, wird langsam nervös. Seine lizenzierten Unteragenten in aller Welt haben enorme Summen gezahlt, um die Luxusreisen verkaufen zu dürfen. Doch weniger Edelfans als geplant wollen das Fußball-Spektakel in den VIP-Logen der WM-Stadien besuchen.

    Selbst DFB-Präsident Theo Zwanziger räumt ein, dass die WM-Karten nicht in den erwarteten Größenordnungen abgesetzt werden. Der Fußball-Funktionär kündigt deshalb zusätzliche PR-Aktivitäten seitens des DFB an.

    "So lange die Menschen unsicher sind, und Vertrauen in bestimmte Grundannahmen nicht bestehen können, so lange werden sie sich im Zweifel gegen einen Besuch in Südafrika entscheiden. Das wäre nicht gut für die gesamte WM, weil Fans aus 31 Ländern natürlich toll dort hinpassen. Es wäre auch nicht gut für die deutsche Mannschaft, wenn zu viele zu Hause sind. Deshalb wollen wir auch durch die Erstellung eines Medienkonzeptes in den kommenden Wochen daran arbeiten, Vertrauen zu erwerben, auch in der deutschen Öffentlichkeit. Dass ein Besuch dieser WM für Afrika gut ist und auch für uns."

    Im Gastgeberland selbst verbreitet Danny Jordaan, der Chef des WM-Organisationskomitees mittlerweile Optimismus. Lange hatte er sich wegen des schleppenden Ticketverkaufs gesorgt, besonders die geringe Nachfrage im Gastgeberland setzte ihm zu. Unmittelbar nach dem Ende der dritten Verkaufsphase, trat er jedoch zufrieden vor die Presse in Johannesburg:

    "Der Ticketverkauf hat spürbar angezogen. Besonders glücklich sind wir über die guten Zahlen in unserer Heimat Südafrika. Am 15. April werden wir hier außerdem mit dem Direktverkauf der Karten beginnen. Deshalb bin ich jetzt zuversichtlich, dass unsere Nationalmannschaft, Bafana Bafana, vor vollen Stadien spielen, und dass das Interesse an dieser Weltmeisterschaft enorm sein wird. Insgesamt sind wir also sehr zufrieden."

    Die Südafrikaner haben in der dritten Verkaufsphase die Statistik angeführt: Mit fast einer Million bestellten Eintrittskarten. Eine stattliche Zahl, wenn man bedenkt, dass viele Menschen im Gastgeberland weder über einen Internetzugang, noch über Bankkonto oder gar eine Kreditkarte verfügen. Darauf haben die FIFA und das lokale Organisationskomitee nun reagiert: Ab Mitte April können die südafrikanischen Fans Tickets direkt an Vorverkaufsstellen erwerben, die an allen neun Spielorten eröffnen. Eine enorme Erleichterung meint diese Südafrikanerin auf dem Platz vor dem neuen Stadion in der Hafenstadt Durban:

    "Bisher war es für viele nicht leicht ein Ticket zu kaufen. Man darf auch nicht vergessen, dass die Karten für den Durchschnittbürger ziemlich teuer sind. Natürlich wollen wir alle, dass unsere Wirtschaft von dieser internationalen Veranstaltung profitiert. Aber die meisten Südafrikaner werden sich wohl kein Ticket leisten können."

    140 Rand, umgerechnet etwa 14 Euro, kostet eine Karte für ein Gruppenspiel in der Kategorie 4, die extra für Südafrikaner eingerichtet wurde und ihnen vorbehalten ist. Knapp über 100 Euro müssen Einheimische zahlen, wenn sie das Endspiel sehen wollen. Nicht viel, mag man in Europa denken. Dabei wird oft vergessen, dass auch in Südafrika, das eines der reichsten Länder des Kontinents ist, die Arbeitslosigkeit offiziell bei über 20 Prozent liegt und inoffiziell doppelt so hoch ist. Mehr als jeder vierte Bürger lebt unterhalb der Armutsgrenze von zwei Dollar pro Tag. Die Tickets für die WM seien jedoch selbst vor diesem Hintergrund nicht zu teuer, betont der Chef des WM-Organisationskomitees Danny Jordaan auf einer Pressekonferenz.

    "Dadurch, dass die Weltmeisterschaft hier, im eigenen Land stattfindet, ist sie bereits die preiswerteste, die die Südafrikaner je erleben werden. Denn es fallen für sie ja keinerlei Reise- oder Hotelkosten an. Außerdem haben wir für die Einheimischen eine besondere Kategorie eingerichtet. Das günstigste Ticket kostet 140 Rand. Es ist damit nicht nur das preiswerteste in Südafrika, sondern seit einer sehr langen Zeit bei einer WM."

    Fußball ist die beliebteste Sportart in Südafrika. Die Fans kommen überwiegend aus der schwarzen Bevölkerungsmehrheit. Sie werden trotz der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse einen Weg finden, das Geld für die Tickets aufzutreiben, davon ist Danny Jordaan überzeugt.

    Während die einen also sparen müssen, herrscht bei anderen eine Art Goldgräberstimmung. Jeder will von der Fußball-WM profitieren. Das ist zwar verständlich in einem Schwellenland, kann sich letztendlich aber auch negativ auswirken, gibt der südafrikanische Fußball-Nationalspieler Matthew Booth zu bedenken.

    "Ich denke, dass viele ausländische Touristen durch die drastisch gestiegenen Preise abgeschreckt werden. Hotels, Inlandsflüge, eigentlich alles wird während der WM teurer sein als sonst. Jeder versucht so viel wie möglich herauszuschlagen. Ich hoffe, dass diese Leute noch zur Vernunft kommen, denn ansonsten schaden sie sich nur selbst."

    Südafrika könnte sein Image als günstiges Reiseland einbüßen, warnen auch Regierungsvertreter. Größere Hotelketten sind zwar an Verträge mit der FIFA gebunden, und die deutschen Reiseveranstalter, die Komplettpakete für das Sportevent anbieten, haben ihre Preise bereits gemacht. Sorgen macht sich Wolfgang Vieten, der seit 25 Jahren Reisen zu Sportevents anbietet, also nicht:
    "Eigentlich kann es den Kunden egal sein, ob wir in Johannesburg spielen, oder nach Kapstadt fliegen müssen. Das ist dem Kunden egal. Wir müssen das organisieren, ob der Bus dorthin fährt oder im Falle Kapstadt den Flieger dorthin bekommen. Im Falle Kapstadt ist es genau beschrieben, was es kostet, im Falle Johannesburg ist es genauso beschrieben, was es kostet. Da wird der Kunde nicht nachbelastet oder mit Überraschungen konfrontiert."

    Doch auf die Blüten, die der freie Markt treibt, haben offizielle Stellen wenig Einfluss. Viele kleinere Hotels und Bed-and-Breakfast-Unterkünfte haben ihre normalen Raten für die Hochsaison verdreifacht. Ein einfaches Zimmer kann leicht 300 Euro kosten. Auch die Inlandsflüge sind wesentlich teurer als sonst. Die Preise haben sich mehr als verdoppelt. Gegen eine Reihe von Fluggesellschaften laufen derzeit Ermittlungen wegen illegaler Preisabsprachen, so Wettbewerbshüter Shan Rhambaruth.

    "Uns liegen entsprechende E-Mails all dieser Fluggesellschaften vor, die nahelegen dass die Preise für den Zeitraum des Turniers abgesprochen wurden. Dafür können wir sie mit einer Strafe von bis zu zehn Prozent ihres Jahresumsatzes belegen. Auf dieser Grundlage ermitteln wir und versuchen die höchst möglichen Geldstrafen zu verhängen."

    Doch das ist nur ein kleiner Trost: Einige Unternehmen haben bereits entschieden, während der WM zu schließen, da die Reisekosten ihrer Mitarbeiter sonst das Budget sprengen würden. Viele einfache Südafrikaner, die durch die weltweite Wirtschaftsflaute den Gürtel ohnehin enger schnallen müssen erwarten, dass auch Lebensmittel und andere Verbrauchsgüter teuerer werden. Einer Umfrage zufolge teilen zwei Drittel der Bevölkerung diese Befürchtung. Insgesamt aber überwiegt die Hoffnung: Vor allem auf ein besseres Image des Landes, das sich in Investitionen, neuen Wirtschaftsbeziehungen, Arbeitsplätzen und auch positiv auf den Tourismus auswirken könnte.

    Ein Wunsch, den nicht nur viele Südafrikaner hegen, sondern auch ihre Nachbarn und andere afrikanische Länder. Die WM ist die erste auf dem Kontinent, der bisher international eher mit Hungersnöten, Bürgerkriegen und korrupten Regimes Schlagzeilen macht, als mit Erfolgsgeschichten. Dieses Bild könnte sich nun wandeln. Südafrika trägt damit eine immense Verantwortung. Nichts darf schiefgehen. Es wäre fatal, wenn Fans oder Spielern während des Turniers etwas zustoßen würde. Weltweit sind Sorgen angesichts der Sicherheitslage am Kap verbreitet. Das Land hat eine der höchsten Kriminalitätsraten der Welt. Laut Statistik wird jede halbe Stunde ein Mord verübt. Doch man muss diese erschreckende Zahl einordnen, betont Rainer Zobel, der in Johannesburg einen Erstligaverein trainiert und vielen Südafrikanern aus der Seele sprechen dürfte.

    "Es ist so viel Blödsinn darüber gesprochen und auch geschrieben worden. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen wie man eine WM im Vorfeld so verunglimpft, oder ein Land verunglimpft. Natürlich ist die Kriminalität hier hoch. Aber sie ist nur da hoch, wo man sie sucht. Man muss sich an die Regeln halten, die es hier gibt. Man weiß, wo es die unsicheren Plätze hier gibt. Man weiß, wo es die unsicheren Stadtteile gibt. Man weiß die unsicheren Zeiten, sprich Abendzeiten, Nachtzeiten. Dann muss man sich halt an die Regeln halten, und dann ist das hier ein wunderschönes Land, ein sicheres Land."

    Das betonen auch die Organisatoren der WM seit Jahren fast gebetsmühlenartig. Südafrika hat schon viele internationale Veranstaltungen erfolgreich organisiert, ohne dass es größere Zwischenfälle gab. Als Beispiele werden die Rugby-Weltmeisterschaft oder der Confederations Cup genannt. Die Fußball-WM ist natürlich eine andere Größenordnung.

    Auf die Sicherheit ihrer Kunden achten deshalb auch die vier deutschen Reiseveranstalter, die offiziell die Touren zur WM und vor allem zu den deutschen Spielen anbieten. Wolfgang Vieten, Geschäftsführer und Gründer von Vietentours:

    "Wir können nicht klagen, wir bekommen sehr viele Buchungen. Im Januar, Anfang Februar haben wir viele Buchungen bekommen. Wir haben aber auch ein Konzept, wo es nicht gefährlich ist, mit hinzufliegen. Wir sind in Hotels, die gut bewacht sind, die haben alle Mauer oder einen Zaun herum. In diesem Falle, wo es diese Diskussionen gibt, ist das natürlich besonders wichtig. Und wir haben uns frühzeitig diese Hotels gesichert, die auch anständig gesichert sind."

    Dennoch kommt Kritik an der WM auch aus der Bundesliga. Der neue Vereinspräsident des FC Bayern München, Uli Hoeness, bezeichnet die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika als eine der größten Fehlentscheidungen von FIFA-Präsident Joseph Blatter. Er sei nie ein großer Freund einer WM in Südafrika oder überhaupt in Afrika gewesen, solange Sicherheitsaspekte nicht zu 100 Prozent geklärt seien, wird Hoeness in Münchner Zeitungen zitiert.

    Aber 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Weder in Südafrika, noch in einem anderen Land der Welt. Vor allem sei es aber unzulässig, aus dem Anschlag auf die Nationalmannschaft von Togo beim Afrika-Cup in Angola zu schließen, dass die Sicherheitslage in Südafrika ungenügend sei, findet ARD-Korrespondent Claus Stäcker.

    "Ich sehe, dass diese beiden Turniere wenig miteinander zu tun haben. Das finde ich eigentlich ziemlich empörend, dass die Südafrikaner für einen Vorfall in Cabinda, der Unruheprovinz Angolas, der Exklave, die hoch im Norden liegt, etwa so weit entfernt wie der Kaukasus von Deutschland – Also, das wäre wirklich so, als würde man Zwischenfälle im Kaukasus nutzen, die Olympischen Spiele 2012 in London in Frage zu stellen."

    Um die WM so sicher wie möglich zu gestalten, feilen die Organisatoren am Kap seit Jahren an einem Konzept, das von der FIFA gelobt wird. Über 190.000 Polizisten werden während der WM im Einsatz sein. Spezialkräfte wurden unter anderem von französischen Kollegen in Terrorabwehr, dem Umgang mit Hooligans und der Kontrolle von Menschenmassen geschult. Zehntausende private Sicherheitskräfte werden die Polizei unterstützen und auch die Armee wird beteiligt sein. Südafrika setzt auch auf moderne Technik: Die Zentren der Großstädte, die Stadien und die künftigen Fanparks werden videoüberwacht. Beispiel Port Elizabeth, wo die deutsche Nationalelf in der Vorrunde gegen Serbien antritt. Hier ist Shane Brown für die Sicherheit verantwortlich. Auf die Frage, ob er rund vier Monate vor der WM noch ruhig schlafen könne, antwortet er:

    "Ich würde gern sagen, dass ich gar keine schlaflosen Nächte habe, aber die ein oder andere habe ich schon, wenn ich daran denke, was alles auf uns zukommt. Insgesamt jedoch bin ich sehr zuversichtlich, dass wir jegliche Gefahr durch die Kooperation von privaten Sicherheitsfirmen, Polizei, Armee und auch ausländischen Beamten abwenden können, dass es also zu keinerlei Zwischenfällen kommt. Auch in den Gegenden jenseits des Zentrums und in den öffentlichen Verkehrsmitteln werden wir die Sicherheit verstärken. Wir werden versuchen die Fans in dem zentralen Gebiet um das Stadion und den Fanpark zu halten. Sollten sie jedoch trotzdem andere Stadtteile besuchen wollen, dann sollten sie unbedingt das Transportsystem nutzen, das wir für sie bereitstellen."

    Der Öffentliche Nahverkehr ist ein anderer wunder Punkt dieser Fußball-WM. In Südafrika gibt es kein mit Europa vergleichbares Verkehrsnetz. Diejenigen, die es sich leisten können, fahren mit dem eigenen Auto, die Mehrheit der Südafrikaner nutzt die sogenannten Minibus-Taxis, Busse oder in Großstädten wie Johannesburg auch Züge. Letztere sind für Überfälle und Diebstähle berüchtigt. Für die WM wurden daher an mehreren Spielorten Schnellbussysteme und neue Routen eingerichtet, auch gegen den Widerstand der mächtigen Minibus-Taxi-Kartelle.

    Ob das Prestigeprojekt, der Hochgeschwindigkeitszug, der unter anderem den Johannesburger Flughafen mit der Innenstadt verbinden sollte, rechtzeitig fertig wird, ist weiterhin ungewiss. Für diese Strecke braucht man mit dem Auto in den Hauptverkehrszeiten mehrere Stunden. Lange Wartezeiten gab es auch während des Confederations Cup rund um die Stadien. Das Park-and-ride-System funktionierte nicht: Fans kamen nicht rechtzeitig zum Stadion und teilweise erst mehrere Stunden nach Abpfiff wieder zurück zum Parkplatz. Selbst FIFA-Präsident Sepp Blatter, der mächtige Fürsprecher Südafrikas auf der internationalen Bühne, war nicht amüsiert. Ein neues, größeres Chaos bei der WM wird es nicht geben, verspricht Keith Mitchell, der für den öffentlichen Nahverkehr in Port Elizabeth zuständig ist.

    "Wir werden auch bei der WM auf ein Park-and-ride-System setzen. Da unsere Stadt ja nicht am Confed Cup beteiligt war, konnten wir es hier zwar bislang nicht testen, aber wir haben aus den Fehlern der anderen gelernt und Konsequenzen gezogen. Wir werden den Verkehrsfluss und die Abläufe an den Sammelstellen wesentlich besser steuern und kontrollieren als beim letzten Turnier, damit wir nicht wieder in dieselbe Falle tappen."

    Noch sind das Lippenbekenntnisse. Ob das aus europäischer Sicht unterentwickelte Verkehrssystem in Südafrika dem Ansturm der rund 400.000 erwarteten Fans standhalten wird, wird sich in der Praxis erweisen. Für diejenigen, die an mehrere Spielorte reisen, bleibt angesichts der enormen Entfernungen in Südafrika, das fast dreieinhalb Mal so groß ist wie Deutschland, nur der Mietwagen oder das Flugzeug. Zwischen Johannesburg und Kapstadt liegen beispielsweise 1400 Kilometer, vom Kap bis nach Durban sind es rund 1600. Auch dahingehend müssen sich die Fans auf andere Verhältnisse als in Europa einstellen. Eine Wiederholung des Sommermärchens in Deutschland von 2006 ist nicht zu erwarten. Doch, wenn alles gut geht, trotz alledem eine schöne, friedliche Fußball-Weltmeisterschaft.