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Fußball
"Tradition hat Probleme"

Vor dem Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und RB Leipzig (1:1) haben Fans gegen die ihrer Meinung nach zu starke Kommerz-Abhängigkeit des Aufsteigers protestiert. Philosoph Wolfram Eilenberger sprach im DLF von einer "neuen Dimension der Proteste und von Heuchelei".

Wolfram Eilenberger im Gespräch mit Marina Schweizer | 25.09.2016
    Protestplakat gegen RB Leipzig beim Fußball-Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und Leipzig am 25.09.2016 in Köln.
    Protestplakat gegen RB Leipzig beim Fußball-Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und Leipzig am 25.09.2016 in Köln. (imago Sportfoto Eibner)
    Fans des 1. FC Köln haben vor dem Bundesligaspiel gegen RB Leipzig mit einer Sitzblockade den Gästebus an der Einfahrt zum Stadion gehindert. Die Partie begann mit 15 Minuten Verspätung. Auch im Stadion gab es Proteste der Kölner Anhänger. Auf Spruchbändern war zu lesen, dass der sächsische Club von einem "neureichen Dosenfabrikanten" erschaffen wurde.
    "Das ist eine neue Dimension, denn eigentlich sagen die Fans: der andere Verein sollte nicht existieren", kritisierte Wolfram Eilenberger im Deutschlandfunk und sprach von einer "bedauerlichen Entgrenzung."
    So etwas sollte in der Fankultur keinen Platz haben, sagte der Chefredakteur des Philosophiemagazins und Inhaber einer DFB-Trainerlizenz. "Da gibt es Schadenfreude, Häme, Erniedrigung, aber es geht nie so weit, dass der andere Verein nicht existieren sollte." Eilenberger sprach in diesem Zusammenhang von Heuchelei.
    Der Philosoph und Chefredakteur des "Philosophie Magazins" Wolfram Eilenberger; Aufnahme vom November 2014
    Der Philosoph und Chefredakteur des "Philosophie Magazins" Wolfram Eilenberger; Aufnahme vom November 2014 (picture alliance / dpa)
    Furcht vor Eskalation
    Es gehe zudem in die Gewaltrichtung. "Nach einem Sitzstreik ist die nächste Stufe vielleicht, dass Steine auf den Bus geworfen werden." Die nächste Eskalationsstufe wäre eine gewaltsame.
    Eilenberger betonte, was die Kommerzialisierung und Abhängigkeit von Sponsoren angehe, würden alle Vereine im selben Boot sitzen.
    "Grundsätzlich muss man sich überlegen, auch von Seiten der Liga und des DFB, wie man damit umgehen soll. Die Feindschaft zu kultivieren und forcieren, wie es der 1. FC Köln getan hat, da sollte man sagen: So geht es nicht weiter." Das hätten auch die Fußballregion Leipzig und dieser Verein nicht verdient.
    Eilenberger verwies darauf, dass die Traditionsvereine HSV, Schalke 04, Werder Bremen und bis vor kurzem auch der 1. FC Köln einen schweren Stand hätten. "Die Tradition, das eigentlich Identitätsstiftende, hat aber sportlich gesehen ein Problem."
    Das gesamte Gespräch können Sie nach der Sendung mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.