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Fußball
Urteil mit Sprengkraft

Die Fußballbranche wurde vom Urteil des Arbeitsgerichtes Mainz überrascht. Die Kammer gab Profi Heinz Müller Recht, der gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages bei Mainz 05 geklagt hatte. Der Bundesligist will in Berufung gehen.

Heinz Peter Kreuzer | 29.03.2015
    Der ehemalige Bundesliga-Torwart Heinz Müller lächelt in die Kamera.
    Der ehemalige Bundesliga-Torwart Heinz Müller (Inga Kjer, dpa picture-alliance)
    Heinz Müllers Klage gegen seinen befristeten Vertrag war ein Betriebsunfall. Ursprünglich hatte der Torwart seinen damaligen Verein Mainz 05 auf Verlängerung seines Vertrages um ein weiteres Jahr verklagt. Erst später klagte Müllers Anwalt Horst Kletke gegen die Befristung des Kontraktes. Über das Urteil des Arbeitsgerichtes Mainz staunen jetzt viele Juristen. Bestätigen das Landesarbeitsgericht oder das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung der ersten Instanz, hätte das Urteil für den Profifußball einschneidende Konsequenzen. Der Münchner Spportrechtsexperte Martin Stopper:
    "Dann ist nämlich die Fortführung der Zahlung von Transferentschädigungen mehr als in Frage gestellt. Das war möglich dadurch, dass man Zeitverträge, lange Zeitverträge, denn hier geht es um Zeitverträge, die länger als zwei Jahre dauern, oder über den ersten Vertrag hinaus dauern, war es möglich, Zahlungs- und Transferentschädigungen als Teil des Systems am Leben zu erhalten, trotz der Bosman-Entscheidung."
    Der Deutsche Fußball-Bund und die Deutsche Fußball-Liga wollen erst einmal abwarten, wie die nächsten Instanzen entscheiden. Denn in der Vergangenheit haben die Gerichte meist im Sinne des Fußballs entschieden. Eine Rechtfertigung heißt im Juristendeutsch "der wechselnde Publikumsgeschmack im Unterhaltungsgewerbe" und galt bisher für Schauspieler und Fußballer. Im Klartext: Die Zuschauer wollen neue Stars und keine überalterten Mannschaften. Ulf Baranowsky, Geschäftsführer der Fußballspieler-Gewerkschaft VDV, sieht mittlerweile andere Tendenzen.
    "Wir als VDV haben vor nicht allzu langer Zeit auch Trainer im Nachwuchsbereich vertreten, haben Vergleiche erwirken können, die zu Gunsten der Trainer geschlossen wurden, und das zeigt, dass die Rechtslage ungewiss ist."
    Um Rechtssicherheit zu schaffen, holt die VdV jetzt einen Uralt-Vorschlag aus der Schublade. Ulf Baranowsky:
    "Die einzige Lösung, die es hier gibt, wäre der Abschluss eines Tarifvertrages. Denn dann könnte die Befristung auch rechtssicher über zwei Jahre hinaus durchgeführt worden bei Profifußballern."
    DFB und DFL zeigen bisher nur wenig Interesse an dieser Idee. Und Martin Stopper sieht da auch juristische Probleme:
    "VDV gut als Gewerkschaft, aber auch bei der anderen Seite braucht man auch eine Arbeitgebervertretung. Und ob die DFL oder er DFB dafür in Frage kommt, wird von vielen bezweifelt."
    Außerdem wäre das nur eine Lösung für den Fußball. Und auch hier sind die Lager bei den Arbeitnehmern, sprich Spielern, gespalten. Jüngere Kicker haben Interesse an befristeten Kontrakten, da sie beim Vereinswechsel und Vertragsverlängerungen gut verdienen können. Ältere und damit auch verletzungsanfälligere Spieler würden sich über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis freuen. Martin Stopper will die Entscheidung auch nicht zu hoch hängen:
    "Es handelt sich um das Urteil eines Arbeitsgerichtes und die Rechtsprechung prägen tun in der Regel die Urteile aus der nächsthöheren Instanz, nämlich bei den Landesarbeitsgerichten."
    Und diese Instanz wird nach Auffassung des Sportrechtsexperten anders entscheiden.